Redelings Nachspielzeit

"Wir sind beide Frustesser" Als Calmund und Hoeneß sich wieder richtig liebhatten

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Wieder zusammen: Reiner Calmund und Uli Hoeneß.

Die Wirren um den Kokain-Skandal von Christoph Daum hatten auch das Verhältnis von Reiner Calmund und Uli Hoeneß schwer beschädigt. Doch die beiden Bundesliga-Alphatiere fanden wieder zusammen - beim Essen. Zu Weihnachten vor zwanzig Jahren ließen es sich die beiden bei Fleisch und Plätzchen gutgehen.

Gerade hatte Bayern-Manager Uli Hoeneß noch eine Runde "Tellerfleisch und Brezn für alle" bestellt, da platzte dem Reporter einer großen deutschen Sportillustrierten endgültig der Kragen. "Jetzt streitet euch doch mal ein bisschen!", forderte er die beiden schwergewichtigen Alphatiere der Bundesliga auf. Doch Hoeneß und Calmund waren nach den zurückliegenden unruhigen Jahren froh, endlich wieder zueinander gefunden zu haben. Denn nur zwei Jahre zuvor war das Tischtuch eigentlich für immer zerschnitten gewesen. Hoeneß: "Ich benutze den Namen Calmund nicht mehr, er ist für mich nicht mehr existent. Ich werde mit ihm kein Wort mehr wechseln. Sein Vernichtungswille hat mich überrascht."

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Der tiefe Fall des Christoph Daum, der im Herbst 2000 eine ganze Fußballnation mit in den Abgrund riss, hatte auch das Verhältnis von Calmund und Hoeneß schwer beschädigt. Es wirkte fast wie ein Weihnachtswunder, als sich die beiden "dicken Freunde" schon wenige Wochen nach dem Riesenskandal auf Vermittlung des ehemaligen Bundestrainers Berti Vogts bereits wieder an einen Tisch setzten. Vor dem Auswärtsspiel von Bayer Leverkusen Anfang Dezember 2000 hatte man sich im Haus von Uli Hoeneß zusammengefunden - und geredet. Denn gerade der Bayern-Manager konnte mit der angespannten Situation - bei aller entschiedenen Härte, die er nach außen demonstrierte - nur schwer umgehen, wie er kurz nach dem gemeinsamen Treffen mit Calmund gestand: "Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben nicht gewusst, wie ich mit einer Situation umgehen soll …!"

Nach zwei Stunden waren beide froh, dass sie über ihren eigenen Schatten gesprungen waren. Calmund meinte sichtlich zufrieden: "Wir haben uns über zwei Stunden zusammengesetzt. Ich glaube, jetzt sind alle Dinge ausdiskutiert, alle Probleme ausgeräumt." Und auch Uli Hoeneß war erleichtert, als man anschließend noch gemeinsam zum Essen zu Feinkost-Käfer fuhr, wo Franz Beckenbauer voller Freude über die Versöhnung sogleich eine Flasche Champagner öffnen ließ. Bayern-Vizepräsident Karl-Heinz Rummenigge meinte hinterher: "Beim Essen hat eine lockere und ganz tolle Stimmung geherrscht." Noch einmal Calmund: "Hoeneß und ich, wir können jetzt wieder von vorn anfangen. Die Wunden werden vernarben. Nach einiger Zeit werden wir uns sicher wieder zusammensetzen und ein Bier trinken." Und genau das schlug Rummenigge abschließend auch vor: "Wir sollten das jetzt öfter machen".

"Der Calmund sagt zu allem irgendwas"

Genau zwei Jahre später hatten sich Calmund und Hoeneß zwischenzeitlich wieder deutlich mehr angenähert. Und so saßen sie kurz vor Weihnachten vor zwanzig Jahren bei einem Weißbier und einem üppig gedeckten Tisch zusammen in München und präsentierten sich in bester Harmonie. Was als "Aussprache" von den Journalisten angedacht war, wurde zu einem rauschenden "Fest der Liebe". Als Hoeneß schließlich auch noch frontale Attacken gegen die Konkurrenz fuhr und Leverkusen für die "richtigen Leute" lobte, hielten die Reporter erstaunt fest: "Calmund geht das runter wie Öl, aber er schweigt, weil gerade Plätzchen serviert werden."

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Die Eiszeit zwischen den beiden Schwergewichten der Bundesliga war nun - für alle hör- und sichtbar ganz offensichtlich - beendet. Uli Hoeneß hatte endlich seinen alten Calli wieder, den er so sehr wegen seiner besonderen Art ins Herz geschlossen hatte: "Der Calmund sagt zu allem irgendwas. Stoßen in Tschechien zwei Spieler mit dem Kopf zusammen, weiß er, dass das in Leverkusen 1934 auch schon passiert ist."

Nun, als sie Weihnachten vor zwanzig Jahren, endlich wieder zusammen an einem Tisch saßen, offenbarten sie sich auch erstmals gegenseitig den Grund für ihren großen Hunger. Calmund: "Ich bin ein Frustesser!" So hatte es der Bayer-Manager in aller Öffentlichkeit noch nie gesagt. Und da wollte Hoeneß, der extra zu diesem besonderen Treffen 40 Bratwürste aus seiner eigenen Fabrik mitgebracht hatte, natürlich auch nicht zurückstecken und gestand sogleich: "Ich auch!"

Und damit war an diesem harmonischen Nachmittag im Dezember vor zwanzig Jahren fast alles gesagt. Denn auch über den Grund ihres zwischenzeitlichen Zerwürfnisses, der für einige Frust-Kilo gesorgt haben dürfte, hatten die beiden gesprochen. Doch damals waren sowohl Uli Hoeneß als auch Reiner Calmund zu einer "Versöhnung mit Christoph Daum innerlich noch nicht bereit". Mittlerweile hat auch das sich geändert. Denn der Manager des FC Bayern München sagte bereits vor zwanzig Jahren: "Ich bin ja auch nicht einer, der ewig nachträgt." Gut so! Und das (hoffentlich) nicht nur zu Weihnachten.

Quelle: ntv.de

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