Redelings Nachspielzeit

Englands verrückte Lachnummer Als sich der Nationaltrainer fatal blamierte

"Big Sam" trainierte zuletzt West Bromwich Albion, mit denen er aus der Premier League abstieg.

"Big Sam" trainierte zuletzt West Bromwich Albion, mit denen er aus der Premier League abstieg.

(Foto: imago/Panoramic International)

Vor fünf Jahren fiel der gerade erst frisch verpflichtete englische Nationaltrainer Sam Allardyce auf eine Journalisten-Falle rein. Launig und unbekümmert plauderte er damals über Kollegen und illegale Finanztricks. Das wurde ihm zum Verhängnis. Nach nur 67 Tagen musste er bereits wieder seine Koffer packen!

Sam Allardyce hat einmal gesagt: "In meinen ersten sechs Monaten als Trainer bei Notts County war mein Name mit Kreide an die Tür geschrieben." Sechs Monate? So lange hat Allardyces Amtszeit als englischer Nationaltrainer, damals im Herbst 2016, nicht einmal im Ansatz gedauert. Man kann nur hoffen, dass der englische Verband wie Notts County auch noch keine Namensschilder gedruckt hatte, denn mit seinen nur 67 Tagen hat der heute 66-jährige aus Dudley bei Birmingham immer noch den Rekord der kürzesten Amtszeit aller englischen Nationaltrainer inne.

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Seinem Aus, damals vor fünf Jahren, ging eine fatale Blamage voraus. Allardyce war auf Journalisten reingefallen, die sich als Geschäftsleute ausgegeben hatten und so allerlei brisante Informationen aus dem englischen Fußballtrainer "herauspressten". Im Glauben, er würde mit Vertretern einer ostasiatischen Firma reden, plauderte Allardyce völlig freimütig darüber, wie man mit ein paar einfachen Tricks die englischen Transferregeln geschickt umgehen könne und zog anschließend lästernd über seinen Vorgänger Roy Hodgson her. Dabei bemerkte er nicht, dass die vermeintlichen Geschäftsleute ihn einerseits bewusst aus der Reserve lockten und ihn andererseits auch noch heimlich filmten. Genüsslich präsentierte der "Daily Telegraph" die peinliche Affäre seinen Lesern.

Als dann auch noch bekannt wurde, dass Allardyce im Rahmen dieser Gespräche einen äußerst lukrativen Beratervertrag abschließen wollte, hatte der Verband keine andere Möglichkeit mehr, als den gerade erst frisch gekürten Nationaltrainer nach nur einem einzigen Spiel bereits wieder zu entlassen. Sam Allardyce reagierte geschockt, erkannte sein Fehlverhalten allerdings sofort an: "Es war eine große Ehre für mich, damals im Juli ernannt worden zu sein, und ich bin tief enttäuscht über dieses Ende."

Auch Winnie Schäfer plauderte

Der verrückte Fall aus England erinnerte sehr an eine Geschichte aus der Fußball-Bundesliga, die 1991 für viel Furore gesorgt hatte. Damals hatte ein Magazin aus Österreich den deutschen Fußball vorgeführt. Mit einem Scheinangebot nahmen Journalisten des "Wiener", getarnt als Vertreter einer Sportagentur, Kontakt zu verschiedenen Trainern auf. Der damalige, populäre KSC-Coach Winfried Schäfer zeigte sich sehr interessiert und gab zu verstehen, dass es für ihn überhaupt keine Probleme mit Karlsruhe gebe, da sein Verein eh vertragsbrüchig sei: "Ich habe einen Vertrag, in dem sind sechs Punkte fixiert. Mindestens vier davon sind nicht erfüllt."

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Richtig pikant war allerdings an der Story diese Textstelle: Schäfer soll sich in den Gesprächen über die in der Bundesliga gängigen Vergnügungsangebote für die Männer in Schwarz geäußert haben. "Wenn etwa Schiedsrichter D. auf dem Lauterer Betzenberg pfeift, dann sitzen eben am Abend an der Hotelbar zwei Mädels neben ihm. Gut geführte Vereine wissen genau, wer auf welchen Typ steht, ob blond oder brünett. Und ob auf dem Bett ein oder zwei Kissen liegen müssen."

Auch Gladbachs damaliger Coach Gerd vom Bruch soll von den Journalisten hinters Licht geführt worden sein. Er wurde mit den Worten über den Weltmeister Lothar Matthäus zitiert: "Lothar ist kein Profi. Der trinkt zu viel und isst zu viel. Er hat keine Ausdauer, ist über den Zenit." Lothar Matthäus reagierte verständlicherweise sauer, aber auch gelassen: "Ich hätte nie so viel erreichen können, wenn ich nur gesoffen und gefressen hätte."

In England beinahe Tradition

Und noch an eine andere Geschichte erinnerte der legendäre Fauxpas von Sam Allardyce. Im Jahr 2006 war bereits der damalige englische Nationaltrainer Sven-Göran Eriksson auf einen Undercover-Reporter reingefallen. Dieser hatte sich als Scheich ausgegeben und bei einem Treffen in Dubai Eriksson zum Erzählen gebracht. Im anschließenden Artikel der "News of the World" plauderte der Schwede so manches Geheimnis aus - über wahrhaft prominente Namen wie David Beckham, Michael Owen, Wayne Rooney oder auch Rio Ferdinand. Die Spieler waren alles andere als begeistert von den Geschichten, die ihr Nationaltrainer über sie erzählt hatte. Und so musste Sven-Göran Eriksson noch vor dem Start der WM 2006 in Deutschland seinen Rücktritt zum Ende des Turniers bekanntgeben.

Doch der Schwede trat genauso wie Sam Allardyce schon bald nach dem peinlichen Fehltritt einen neuen Job an. Bei Allardyce unterstellte man einfach, dass er am Abend der Plaudereien wohl ein wenig zu viel über den Durst getrunken hatte. Und so ist der Mann aus Dudley bis zum heutigen Tag gut im Geschäft. Nur als englischer Nationaltrainer wird Sam Allardyce wohl nie wieder arbeiten.

Quelle: ntv.de

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