Zu viel Langeweile?Der gefährliche Meister-Spagat des FC Bayern
Von Ben Redelings
In der Liga kann die Bayern auf dem Weg zum erneuten Titelgewinn nach dem wiederholten Straucheln der "Verfolger" aus Leipzig und Dortmund wohl nichts mehr aufhalten. Doch so langweilig das für die Bayern auch ist - es birgt eine echte Gefahr in sich, die noch zu einem Problem werden könnte.
"Herr Lattek, wollen Sie uns mit den dauernden Siegen das Geschäft kaputt machen?" Das waren die legendären Worte des früheren Präsidenten des FC Bayern München, Wilhelm Neudecker, zu seinem Trainer Udo Lattek. Damals fürchteten die Bayern, dass ihre vielen Siege den Konkurrenzkampf in der Liga zerstören könnten. Und heute? Da reicht dem Rekordmeister ein trübes und am Ende sogar glückliches Unentschieden gegen den Tabellenletzten aus Mainz, um sich mit neun (!) Punkten Vorsprung auf den Zweiten nach dem 14. Spieltag immer noch ganz oben in der Fußball-Bundesliga zu platzieren.
Gerade einmal 15 Prozent Ballbesitz hatte der FSV Mainz 05 an diesem Sonntagnachmittag in der Münchener Arena. Doch mit einer klugen Verteidigungsstrategie und mutigen Ausflügen nach vorne holten sie als erstes Bundesliga-Schlusslicht seit fast 20 Jahren auswärts einen Punkt beim amtierenden Spitzenreiter. Die nackten Zahlen sprachen auch an diesem Tag für die Bayern, doch ein langer Querpass kurz hinter der Mittellinie von Joshua Kimmich ins gegenüberliegende Seitenaus eine Viertelstunde vor Schluss der Partie offenbarte mehr, als es dem Rekordmeister recht sein könnte.
Abenteuerlicher Vorsprung verspricht nichts Gutes
Nach der Niederlage der Leipziger in Berlin bei Union und dem Unentschieden des BVB im Breisgau beim SC Freiburg war die Luft schon vor der Begegnung der Bayern gegen den FSV Mainz 05 scheinbar raus. Und wer will es den Münchenern verdenken? Der fast schon abenteuerliche Vorsprung nach nicht einmal der Hälfte aller Spiele in der Liga verspricht nichts Gutes. Vor allem für all diejenigen nicht, die sich auch an der Tabellenspitze etwas Spannung und Nervenkitzel erhofft hatten. Der Rekordmeister, da muss man kein Prophet sein, ist jetzt schon durch. Der Titel wird auch in dieser Saison an die Säbener Straße gehen.
Das ist dramatisch und katastrophal für die Liga, aber auch gefährlich für die Bayern selbst. Dass es offensichtlich absehbar auf nationaler Ebene keine echte Konkurrenz (mehr) geben wird, daran hat man sich mittlerweile gewöhnt. Sicherlich auch der Rekordmeister selbst. Doch dass das auch Probleme mit sich bringt, die nicht unbedingt auf den ersten Blick offensichtlich sind, hat man in den vergangenen Wochen phasenweise schon beobachten können. Denn verständlicherweise lässt hier und da, wie man auch an dem etwas unmotivierten Querpass von Kimmich ablesen kann, die Spannung nach, wenn man das Siegen-Müssen schon nach wenigen Spieltagen in der Liga nicht mehr zwingend nötig hat.
"Schlafphasen" als internationaler Killer
Aktuell, so hat es den Anschein, langweilen sich die Bayern zum Meistertitel und versuchen sich auf die internationalen Aufgaben zu konzentrieren. Man kann allerdings nur hoffen, dass dem Team von Trainer Vincent Kompany dieser nicht einfache Spagat jederzeit auch gelingen möge. In den letzten Wochen konnte man zunehmend den Eindruck gewinnen, dass es aktuell eine Phase gibt, die durchaus herausfordernd für die Bayern ist. Die Rückstände daheim gegen den SC Freiburg, den FC St. Pauli und am Sonntag gegen den FSV Mainz 05 sollten Warnung genug sein. Denn solche "Schlafphasen" kann und darf man sich international nicht erlauben.
Man wird nun in den kommenden Wochen, aber vor allem auch nach der kurzen Winterpause sehen, wohin die Reise für den FC Bayern gehen wird. Und nicht alleine der (eigentlich nicht mehr vorhandenen) Spannung wegen kann man nur hoffen, dass in der Liga noch die eine oder andere echte Herausforderung auf die Bayern wartet. Es würde dem Rekordmeister selbst guttun, wenn die Leipziger und Dortmund nicht noch mehr abreißen lassen würden. Denn ansonsten, das muss man leider so erwarten, wird es auch für die Bayern in den entscheidenden Spielen, oder wie Max Eberl es sagen würde, in der "Crunchtime" der Saison schwierig werden, sich rechtzeitig und schnell hochzufahren. Die Partie in London beim FC Arsenal vor wenigen Wochen sollte in diesem Sinne hoffentlich ein Warnschuss zur rechten Zeit gewesen sein.
