Das schwere Hoeneß-Erbe Die große Zeit des FC Bayern München ist endlich
20.02.2023, 18:03 Uhr
Oliver Kahn und Uli Hoeneß: zwei Generationen Bayern-Funktionärstum.
(Foto: imago images/Sammy Minkoff)
Der FC Bayern München präsentiert sich in diesen Tagen nicht nur auf dem Platz verwundbar. Da ist es fast schon kein Wunder gewesen, dass ausgerechnet Uli Hoeneß in der letzten Woche mal wieder die Abteilung "Attacke" bediente. Denn langsam wird klar: Der FC Bayern ist personell auf der Führungsebene noch nicht so weit.
In diesen Tagen spürt man seit vielen Jahren wieder einmal die Verwundbarkeit des großen FC Bayern München. Denn nicht nur sportlich hapert es beim Rekordmeister, auch abseits des grünen Rasens präsentieren sich die Bayern äußerst fragil. Das dürfte auch der langjährige Manager und Präsident des Klubs, Uli Hoeneß, gespürt haben, als er in der letzten Woche die Abteilung "Attacke" bediente, die es seit seinem Ausscheiden als "Blitzableiter" des FC Bayern so nicht mehr gibt. Denn die verbalen Rundumschläge des Uli Hoeneß waren auch stets ein probates Mittel, um den Druck von der Mannschaft zu nehmen und Nebenschauplätze zu eröffnen, die das mediale Interesse von den eigentlichen Problemen und Schwächen des Vereins ablenkten.
Hoeneß, der seit 2019 ohne Amt bei den Bayern ist, wird gemerkt haben, dass es genau diese klaren Worte in der letzten Zeit waren, die dem Klub von der Säbener Straße fehlten. Denn nicht von ungefähr sagte er selbst bei der Talkrunde der "Neuen Presse" in Hannover in der letzten Woche: "Beim FC Bayern gab es vor zwei Jahren einen personellen Neuanfang mit Oliver Kahn und Herbert Hainer. Deswegen hat Watzke jetzt einen kleinen Vorsprung."
"Wie immer im Leben ist Dortmund wieder Zweiter"
Hoeneß bezog diese Sätze zwar in erster Linie auf den Einfluss der Münchner auf den deutschen Fußball, doch sein Zwischensatz - "Aber wie immer im Leben ist Dortmund anschließend wieder Zweiter" - zeigt, dass es ihm auch um die direkten sportlichen Auswirkungen ging. Dem FC Bayern dieser Tage fehlen die Persönlichkeiten, die den schlingernden Klub nach innen und außen stabilisieren. Diese Entwicklung war abzusehen - doch wie man dieses Vakuum füllt, ist immer noch nicht klar.
Uli Hoeneß hat selbst schon einmal eine solche Zeit erlebt. Anfang der 90er Jahre war der FC Bayern nach einer phänomenalen Dekade unter dem seit 1979 agierenden Manager Hoeneß in eine schwierige Lage gekommen. Das Binnenverhältnis von Präsident Scherer und Manager Hoeneß stimmte nicht und schaffte Probleme, die den Klub ordentlich durchschüttelten. Die Lösung: Die Bayern setzten Uli Hoeneß die beiden Vizepräsidenten Franz Beckenbauer und Karl-Heinz Rummenigge an die Seite. Die Medien zweifelten damals zwar, ob diese "Nostalgiewelle" den krisengeschüttelten Klub wieder auf Vordermann bringen würde, doch langfristig sollte sich dieser "Quatsch" (O-Ton des damaligen BVB-Managers Michael Meier) bewähren. Die Troika der drei Altstars des FC Bayern trugen alle auf ihre Art und Weise zur Rückkehr in die Erfolgsspur und zum anschließenden imposanten weiteren Aufstieg in ungeahnte Höhen bei.
Radikale Umbrüche können Erfolg bringen
Die letzten Wochen lassen aus unterschiedlichsten Gründen erahnen, dass der Rekordmeister aufpassen muss, dass er in dieser aktuellen personellen Aufstellung nicht komplett aus der Bahn geworfen wird. Momentan sind die einzelnen Baustellen auf den ersten Blick möglicherweise noch beherrschbar, sollte es aber am 8. März zu Hause in der Arena zum Ausscheiden in der Champions League gegen Paris Saint-Germain kommen, wird der FC Bayern ganz schnell zum Pulverfass. Und genau in diesem Moment wird sich zeigen, ob die Führungskräfte tatsächlich das Zeug haben, den Klub auch in schwierigen Zeiten zu lenken.
Angesichts der Entwicklungen der letzten Wochen und Monate darf man allerdings Zweifel haben, ob Herbert Hainer, Oliver Kahn und Hasan Salihamidžić bereits die nötigen Fähigkeiten haben, den Verein auf gewohnte Art und Weise stabil und oben zu halten. Denn wie das Beispiel mit den damals neuen Vizepräsidenten Beckenbauer und Rummenigge aus dem Jahr 1991 zeigt: Manchmal sind auch radikale Umbrüche und Lösungen nötig, um einen Klub langfristig in der Erfolgsspur zu halten. Schließlich sollten sich die Bayern auf eine Sache auf gar keinen Fall verlassen: Auch ihre große Zeit kann endlich sein!
Quelle: ntv.de