
Voll fokussiert.
(Foto: imago images/NurPhoto)
Die Bayern wackeln, aber sie fallen nicht. Imponierend, wie sich trotz wochenlanger Negativ-Schlagzeilen aufrecht halten konnten. Doch nun kommt es am Samstag beim BVB zum Showdown. Denn rechtzeitig zum Topspiel ist endlich die Hoffnung bei der Borussia zurückgekehrt. Sie trägt den Namen: Erling Haaland!
"Bei unserem letzten Sieg in München wurden die meisten meiner Spieler noch gestillt." Damals im Frühjahr 2011 war die (kurzzeitige) Wachablösung im deutschen Fußball endgültig Realität geworden. BVB-Trainer Jürgen Klopp hatte eine junge Mannschaft nach seinen Vorstellungen geformt, die reif für den Titel war. Über zehn Jahre später könnte die Ausgangslage zu damals kaum unterschiedlicher sein.
Denn spätestens nach dem 3:1-Erfolg des BVB in München vor zehneinhalb Jahren träumte ganz Dortmund nicht nur nachts selig von der Deutschen Meisterschaft. Der Glaube an die eigene Mannschaft und ihren herausragenden Trainer war riesig. Und am Ende nicht umsonst: Im Sommer sollten die Borussen schließlich den Titel souverän ins Ruhrgebiet holen.
Und heute? Obwohl der BVB nur einen Punkt hinter den Bayern steht, trauen selbst die allermeisten Dortmunder Fans ihrem Team den Gewinn der Deutschen Meisterschaft nicht recht zu. Dabei waren die Rahmenbedingungen seit Jahren nie so gut wie im Augenblick - wenigstens, wenn man die anderen Mannschaften betrachtet. Die Bayern taumeln - und beweisen dabei doch immer wieder eine imponierende Eigenschaft und Stärke.
Manchmal erinnern sie in ihrer Standfestigkeit an den legendären Bud Spencer. Der kräftig gebaute Schauspieler konnte an der Seite seines kongenialen Partners Terence Hill so viele Schläge mit der Bratpfanne direkt auf seinen Kopf abbekommen - egal, wie benommen er anschließend auch war, er schüttelte sich nur kurz durch und war dann wieder voll da.
Mit Haaland kehren zwei wichtige Dinge zurück
Ganz sachlich-nüchtern betrachtet haben die Bayern in den letzten Wochen so viel einstecken und verkraften müssen wie kein anderer Klub in Deutschland. Man kann davon ausgehen, dass so mancher Verein in diesem Sumpf an schlechten Nachrichten versackt wäre. Doch die Mannschaft blieb stets aufrecht stehen und zeigte allenfalls nur kurz, dass auch bei ihr einfach nur Menschen am Werk sind. Dann schüttelte sie sich wie Bud Spencer durch und griff wieder an. Dass der FC Bayern in dieser schwierigen Phase nicht von oben nach unten durchgereicht wurde, lag allerdings auch an den anderen Teams. Allen voran am BVB.
Erst seit dem vergangenen Wochenende spürt man in Dortmund wieder so etwas wie zaghafte Zuversicht vor dem Topspiel. Verständlich. Denn zu enttäuschend waren zuvor eine Vielzahl von Ergebnissen in der Bundesliga und Champions League. Doch mit der Rückkehr von Erling Haaland in den Kader für die Partie letzten Samstag in Wolfsburg kehrten ganz offensichtlich zwei entscheidende Dinge zurück: Hoffnung und Siegeswille.
Rechtzeitig zum ersten Advent konnte der Norweger eine seiner Schlüsselrollen - neben dem Toreschießen - wieder erfüllen: die des Heilands. Man hatte schon beim Sieg in Wolfsburg den Eindruck, dass seine bloße Anwesenheit im Kader dem Rest der Mannschaft positive Kräfte verlieh. Wenn man den impulsiven Haaland in der Zeit seiner Verletzung bei den Spielen des BVB auf der Tribüne erlebt hat, kann man nachvollziehen, dass der Stürmer schon in so jungen Jahren eine dominante Schlüsselfigur im Kader ist.
Vielleicht wird es ja doch so wie 2012
Die Schlussfolgerung aus dieser Tatsache ist allerdings so eindeutig wie ernüchternd für Borussia Dortmund: Ohne Haaland braucht der BVB erst gar nicht über den Titel nachzudenken.
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Doch genau deshalb stellt sich eine wichtige Frage: Kann der Norweger ganz alleine den Unterschied ausmachen, den es braucht, um den FC Bayern am Wochenende mit einer empfindlichen Niederlage nach Hause in den Süden zu schicken und damit möglicherweise doch einmal nachhaltiger aus dem Tritt zu bringen und letztendlich zu "zerstören"? Das Fragezeichen hinter diesem Satz ist groß. Vermutlich zu groß.
Rückblick. Als die Borussia schließlich auch ein Jahr später, 2012, die Meisterschaft mit einer jungen, homogenen Truppe nach Dortmund holte, war diesem Titelgewinn wieder ein entscheidender Sieg gegen die Bayern vorausgegangen. Damals schlug man die Münchener am 30. Spieltag zu Hause mit 1:0. Den Fußballfans ist diese Partie auch heute noch in Erinnerung, weil Arjen Robben in einer dramatischen Schlussphase einen Elfmeter kläglich verschoss.
Nach dem kommenden Samstag wird Fußball-Deutschland ziemlich sicher wissen, ob es in dieser Saison endlich mal wieder einen echten Rivalen für den FC Bayern München geben wird. So oder so verspricht das Duell zwischen Heiland Haaland und Bud Spencer Bayern aber in jedem Fall einen spannenden Fußball-Abend.
Quelle: ntv.de