"Der Junge ist Gold wert" Manuel Neuer, Reflexmonster mit Superfaust
04.07.2014, 23:07 Uhr
Die entscheidende Situation: Neuer hält Benzemas Schuss - in Superheldenmanier.
(Foto: dpa)
Mats Hummels erzielt das entscheidende Tor im WM-Viertelfinale gegen Frankreich. Doch ohne Manuel Neuer hätte es der DFB-Elf womöglich nichts genützt. Mit einem unfassbaren Reflex sichert der Welttorhüter in der Nachspielzeit das Weiterkommen der Deutschen.
Im Maracanã läuft die 94. Minute. Deutschland verteidigt Mats Hummels' Führungstreffer aus der Anfangsviertelstunde. Fast die gesamte zweite Halbzeit ist es ein Spiel auf ein Tor. Das deutsche Tor. Frankreich drückt, mehrmals wackelt die Defensive der DFB-Elf bedenklich. Sekunden vor dem Ende der Nachspielzeit steht plötzlich Karim Benzema ein paar Meter frei halbrechts vor Manuel Neuer. Der Stürmer zieht mit voller Kraft ab. Er trifft nicht.
In Echtzeit sieht es so aus, als hätte der Querbalken den Ausgleich in letzter Sekunde verhindert. Doch die Zeitlupe zeigt: Neuers Hand rettete den Einzug ins WM-Halbfinale. Der Ball rast auf den Kasten zu, dann schnellt ein Arm Neuers blitzartig nach oben - und wehrt das Geschoss per Superfaust spektakulär ab. Die Franzosen können offensichtlich kaum fassen, was da gerade passiert ist. Dann pfeift der argentinische Schiedsrichter Nésta Pitana ab. "Diese Leistung, das ist halbfinalwürdig", sagt Neuer danach. Er meinte die ganze Mannschaft. Teil dieser Mannschaft ist er selbst: ein Torhüter, mutiert zum Reflexmonster.
Demut trotz Spektakel
Auf die Parade angesprochen, zeigte sich Neuer demütig: "Das sind Automatismen. Die Mannschaft deckt die Mitte gut ab, ich muss nur die kurze Ecke zumachen." Er schlussfolgert: "Wenn der Ball reingeht, ist es ein Torwartfehler." Diese Zurückhaltung ehrt ihn, denn gerade hatte er gezeigt, warum er Welttorhüter 2013 ist. Dabei war die Szene in der 94. Minute nicht seine einzige gute Parade im Spiel. Vielmehr hatte Neuer immer wieder Situationen vor seinem Tor, die nur deshalb nicht gefährlich wurden, weil er offenbar vorausgeahnt hatte, was passieren könnte. Und es dann verhinderte. "Eiswürfel Neuer", sagte Ex-Nationalspieler Mehmet Scholl zu der Leistung der deutschen Nummer Eins.
Frankreichs Trainer Didier Deschamps analysierte, ein Grund für das Ausscheiden seiner Mannschaft sei Manuel Neuer gewesen. Der schielt natürlich schon auf Dienstag: "Mal sehen was das im Halbfinale für ein Spektakel gibt", sagte der deutsche Keeper grinsend. Er wird womöglich zentraler Teil dieses Spektakels sein. Und eventuell noch mehr, denn spätestens jetzt ist für die DFB-Elf alles möglich. Bei der WM 2002 hatte Deutschland mit Oliver Kahn den besten Torhüter und besten Spieler des Turniers. Die Mannschaft war vergleichsweise schwächer und verlor das Finale gegen Brasilien. Zwölf Jahre später ist die Position mit der 1 mindestens ebenso stark besetzt - doch dazu kommt eine ganze Reihe Weltklasse-Feldspieler.
"Der Junge ist Gold wert", sagte Mehmet Scholl über Neuers Aktion Sekunden vor dem Schlusspfiff. Ob das wörtlich zu nehmen ist, wird sich spätestens am 13. Juli in Rio entscheiden. Am Tag des WM-Finals.
Quelle: ntv.de