Fußball-WM 2018

Spielfeldstürmer? Wo? Die Fifa führt den "Flitzkrieg"

"Ich hätte lieber Messi küssen sollen", kommentierte Flitzer Zdorowetski  Höwedes' Zurückweisung.

"Ich hätte lieber Messi küssen sollen", kommentierte Flitzer Zdorowetski  Höwedes' Zurückweisung.

(Foto: picture alliance / dpa)

Ein unerwarteter Gast auf dem Rasen kann den Fluss eines Fußballspiels empfindlich stören. Die Fifa geht konsequent gegen sogenannte "Flitzer" vor und zeigt ihre Auftritte nicht - so wie zuletzt im WM-Finale. Doch diese Art der Zensur sorgt auch für Kritik.

Es ist die 83. Minute im WM-Finalspiel. Deutschland und Argentinien lauern in der heißen Schlussphase beim Stand von 0:0 auf ihre Konterchancen, während bei den Zuschauern rund um die Welt der Puls auf Hochtouren arbeitet. Doch plötzlich blendet die Kamera aus, das Spiel wird unterbrochen. Was war da los? Ein Flitzer! Den Zuschauern wird das erst bewusst, als die Kamera wieder einblendet und einen Pulk bulliger Securities zeigt, die einen Mann vom Platz tragen.

Dabei hätte es auch vom Flitzer einiges zu sehen gegeben. Zum Beispiel, wie der junge Mann namens Vitali Zdorowetski versucht, Deutschlands stark spielendem Verteidiger Benedikt Höwedes ein Küsschen aufzudrücken. Die Spieler schienen ebenso überrascht wie die Veranstalter, dass es dem Mann mit dem Schriftzug "Natural Born Prankster" (Geborener Faxenmacher) auf der nackten Brust gelang, die aus mehreren tausend Ordnungskräften bestehenden Sicherheitsbarrieren im Maracanã-Stadion zu durchbrechen.

Zdorowetski hatte sie sogar vorgewarnt: "Wir sehen uns morgen im Fernsehen bei Deutschland gegen Argentinien", schrieb der 22-jährige in den USA lebende Russe noch Stunden vor dem Finale bei Twitter. Der manchen schon vorher bekannte Komiker ließ seinen Worten Taten folgen – genauso wie die Fifa, die entsprechend ihrer Ankündigung, Flitzern kein Forum zu bieten, die großen Momente von Zdorowetskis Auftritt ebenso wie die seiner Mitstreiter konsequent nicht zeigte.

Flitzer sogar schon bei WM-Vorbereitung

Kein Pardon: Der "Natural Born Prankster" wird vom Platz transportiert.

Kein Pardon: Der "Natural Born Prankster" wird vom Platz transportiert.

(Foto: REUTERS)

Denn der "Prankster" war nicht der erste Flitzer der WM. Schon beim Vorrunden-Spiel Deutschland gegen Ghana hatte es ein Mann mit einem Hüpfer von der Tribüne über einen der Stewards kurz nach Deutschlands Treffer durch Mario Götze aufs Spielfeld geschafft. Auch er hatte eine Botschaft auf der Brust, die zunächst offenbar irrtümlicherweise für eine Nazi-Parole gehalten wurde. Zwei "4"-Ziffern auf seinem Körper wurden von einigen Beobachtern als "SS"-Runen gesehen. Doch der Pole dementierte jeden Bezug zu nationalsozialistischem Gedankengut und sagte stattdessen, dass er einfach nur Aufmerksamkeit habe erregen wollen, um Geld für sein Rückflugticket nach Polen zu sammeln.

Ebenso schaffte es während der Partie Deutschland-USA ein Zuschauer mit einer Fahne des deutschen Double-Gewinners Bayern München während der laufenden Begegnung auf das Spielfeld. Und auch schon bei der Generalprobe für die WM in Cuiaba überwand ein Flitzer beim Liga-Spiel zwischen Atletico Mineiro und Santos im Mai die Sicherheitsvorkehrungen und rannte auf das Spielfeld der Arena Pantanal.

"Wir hätten das in der Bundesliga gezeigt"

Für den geheimniskrämerischen Umgang des Fußball-Weltverbandes mit dem Phänomen der halbnackten Rasenrenner setzte es schon Kritik. Andreas Rettig, Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga, nennt das Ausblenden der Bilder "eine Form der Zensur". Denn dem Zuschauer werde dadurch effektiv ein Teil des Geschehenen vorenthalten. "Wenn ein  Spiel unterbrochen wird und eine Szene Einfluss auf das Spiel hat, muss das im TV zu sehen sein. Wir hätten die Szene in der Bundesliga definitiv gezeigt", beklagt der DFL-Funktionär.

Zumindest über das Schicksal von Vitali Zdorowetski herrschte nach seinem ruppigen Abtransport Klarheit. Er meldete sich schon kurz nach Spielschluss mit einem "Gefängnis-Selfie" auf Twitter und Facebook zurück.

Quelle: ntv.de, bwe/sid/dpa

Social Networks
Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen