"Herzzerreißende Niederlage" USA huldigen Klinsmann-Team nach WM-K.o.
02.07.2014, 11:48 Uhr
Alles gegeben, knapp verloren, Sympathien gewonnen: das US-Team bei der Fußball-WM in Brasilien.
(Foto: dpa)
Die USA verlieren, der Fußball gewinnt - das ist der Tenor nach dem spektakulären WM-Aus der Klinsmänner. Während sich Fans und Medien mit Lob überschlagen, plant Klinsmann schon weiter: Er will endlich den "schlafenden Riesen" wecken.
Viel Trauer, noch mehr Hochachtung: Mit großer Anerkennung haben die US-Medien auf das dramatische WM-Aus der US-amerikanischen Fußball-Nationalmannschaft im Achtelfinale gegen Belgien reagiert. "Tapferkeit statt Sieg. Der Respekt ist hart erarbeitet und verdient", schrieb die "New York Times" und erklärte nach der gleichzeitig verdienten und unglücklichen 1:2-Niederlage des US-Teams nach Verlängerung den Fußball zum Sieger. "WM-Hoffnungen geplatzt, aber Stolz und Optimismus bleiben", kommentierte die "Washington Post". Auch die Tageszeitung "Miami Herald" erwartet noch bessere Zeiten. "Rosige Zukunft trotz Niederlage. US-Fußball ist der große Sieger", analysierte das Blatt.
Selbst Edelfan Barack Obama verfolgte die Partie live im Fernsehen. Der US-Präsident schaute sich die Partie im Weißen Haus gemeinsam mit rund 200 Mitarbeitern an. Dafür hatte er sogar eigens eine Sitzung mit seinen Ministern vorverlegt. "Ich dachte mir, ich hole das Kabinett am Vormittag zusammen, weil wir alle wissen, dass Amerika diesen Nachmittag beschäftigt ist", erklärte Obama. Ein Moderater des TV-Senders CNN meinte gar, das Leben in den USA sei während des Spiels fast zum Erliegen gekommen - eine leichte Übertreibung.
Zittern beim Public Viewing
Immerhin Zehntausende Fans verfolgten die Zitterpartie beim Public Viewing oder in Kneipen. "Ich habe bis zum Ende gehofft, dass wir gewinnen", meinte Jess (28) im völlig überfüllten Washingtoner "Dacha Beer Garden". Während des Spiels stiegen viele Fans aus Begeisterung auf die Bänke. Einige kühlten sich in dem heißen Saal mit einer Bierdusche ab. Allein beim Public Viewing in Washington waren Schätzungen zufolge zwischen 4000 und 5000 Zuschauer, berichtete CNN. In Chicago sollen es sogar 25.000 Anhänger gewesen sein.
Einig waren sich alle Kommentatoren: Das US-Team verlässt die WM erhobenen Hauptes. Trainer Jürgen Klinsmann und Co. hätten es geschafft, die Amerikaner in den Bann des Soccers zu ziehen. Immer wieder wurde die Leistung des Torwarts Tim Howard gelobt, der mit 16 gehaltenen Torschüssen einen WM-Rekord aufstellte - wie zahlreiche US-Medien stolz verkündeten.
"US-Märchen zu Ende. Selbst der Rekord von Tim Howard kann das US-Team nicht retten", schrieb zum Beispiel die "Los Angeles Times". Für die "Huffington Post" war Howards Weltklasse-Vorstellung sogar historisch: "Das Match endete mit einer herzzerreißenden Niederlage für das US-Team. Aber sie haben zumindest eine Leistung geschafft, mit der sie angeben können. Goalkeeper Tim Howard rettete 16-mal, laut der Statistik so oft wie nie zuvor bei einem WM-Spiel."
Klinsmann denkt weiter - und groß
Für Klinsmann ist nach der WM schon vor der WM. "Die Erfahrungen der letzten Wochen werden helfen, das Team für die nächste Weltmeisterschaft zu formen", sagte der US-Nationaltrainer nach dem Achtelfinal-Aus in Brasilien und blickte schon weit in die Zukunft. 2018 in Russland, bei der nächsten Endrunde, will der ehemalige Bundestrainer endlich den "schlafenden Riesen" wecken.
Als der 49-Jährige nach der dramatischen Verlängerung gegen Belgien gefragt wurde, ob er dann denn noch Coach der Amerikaner sei, überlegte er nicht lange. "Ich denke, ja", sagte Klinsmann. Sein Vertrag läuft bis 2018, Grund zur Klage gibt es nicht.
Nur eine Stunde nach dem WM-Aus klang der Wahl-Kalifornier so, als wolle er am liebsten sofort wieder mit der Arbeit beginnen. Vom Gold Cup im nächsten Jahr sprach er, von der Copa America 2016 in den USA, den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro - und natürlich der WM in Russland. Er schwärmte von den "aufregenden jungen Spielern, die nachkommen", und der Fußball-Begeisterung, die das Land erfasst habe. Für Klinsmann hatte das WM-Abenteuer in Brasilien zwar gerade geendet. Das nächste hat aber schon begonnen.
Quelle: ntv.de, cwo/dpa/sid