Zapp Maier - die WM-TV-Kolumne Wenn Politiker Fußball gucken
27.06.2014, 13:57 Uhr
(Foto: picture alliance / dpa)
Wie schauen eigentlich die wirklich Mächtigen dieser Welt, also Präsidenten und Minister, die WM-Spiele ihrer Teams, wenn sie nicht gerade auf der Ehrentribüne sitzen? Soviel vorneweg: Beneiden muss man sie nicht, die Rouhanis, Obamas und Steinmeiers.
Ein Gedicht in Creme und Raufaser: "Ich bin stolz auf unsere Jungs" twitterte Irans Präsident Hassan Rouhani
Die Taschentücher standen schon beim ersten Spiel der Iraner bereit, als sie sich bei ihrem ersten WM-Auftritt in einem unterirdischen Kick mit 0:0 von Nigeria trennten. Ob der iranische Präsident Hassan Rouhani an diesem Mittwoch allerdings endgültig weinen musste, als seine Mannschaft mit 1:3 gegen Bosnien-Herzegowina verlor, ist nicht bekannt. Und dass neben dem tristen Kick auch die Wohnzimmer-Einrichtung des weltlichen Führers der Iraner Grund genug sein könnte für die eine oder andere mittelschwere Depression, das wäre ohnehin nicht mehr als eine anmaßende Unterstellung.
Rechtlich sitzt Rouhani auf seiner cremefarbenen Couch allerdings auf der sicheren Seite, denn zuhause Fußball zu gucken ist natürlich auch im Ayatollah-Staat erlaubt. Public Viewing dagegen gilt als "sittenwidrig" und ist verboten. Und ab sofort auch nicht mehr nötig - der Iran ist raus aus dem Turnier.
An Bord der "Air Force One" und auf dem Weg nach Minnesota schauten Barack Obama und seine Beraterin Valerie Jarrett das letzte Gruppenspiel der Amerikaner gegen Deutschland
Auch die Inneneinrichtung der "Air Force One" kommt in Kinofilmen irgendwie glamouröser und zeitgemäßer daher als in der tristen Realität. In einem dieser schweren, braunen Ledersessel könnte man sich jedenfalls auch den Wirtschaftswunder-Zigarren paffenden Ludwig Erhard ganz gut vorstellen. Daher war es vielleicht gar nicht schlecht, dass Klinsis US-Boys ihrem Präsidenten Barack Obama gestern Abend ein wenig Zerstreuung in den amerikanischen Himmel senden konnten. Auch wenn Müllers Schlenzer zum 1:0 für Deutschland dem obersten Ami weniger geschmeckt haben dürfte als die Chips aus einem der vier Riesen-Körbe auf dem Tisch. Grundoptimistisch wie er ist, vertraut Barack Obama allerdings bis jetzt darauf, dass die USA die Partie in den letzten beiden Spiel-Vierteln noch drehen werden.
Außenminister Steinmeier verfolgte das 2:2 gegen Ghana beim Public Viewing mit der ghanaischen Botschafterin
Während die Chefin sich in brasilianischen Stadion-Katakomben mit halbnackten deutschen Fußballern fotografieren lässt, verknüpft Außenminister Frank-Walter Steinmeier die Hemdsärmeligkeit eines profanen Kicks standesgemäß mit der hohen Kunst der Diplomatie. Etwa beim zweiten Vorrundenspiel der Deutschen in Berlin, gemeinsam mit der ghanaischen Botschafterin Akua Sena Dansua. Hübsches Bild, zweifellos, deutlich interessanter ist allerdings die kurze Gruß-Botschaft, die Steinmeier vor dem USA-Spiel gestern per Video an die deutsche Mannschaft schickte. Mindestens zwei große Fragen wirft das Filmchen nämlich auf: 1. Schneidet Steinmeier seine Videos selbst? 2. Warum klingt es in den letzten Sekunden, als würde irgendwo, knapp hinter der Kamera, gerade eine Interkontinental-Rakete gezündet? (Ist der Ukraine-Konflikt endgültig eskaliert oder hat der deutsche Chefdiplomat einfach einen extrem harten Wumms im Fuß?)
Quelle: ntv.de