In den USA belästigen Trainer möglicherweise jahrelang junge Turnerinnen. Anstatt einzugreifen, ignorieren die Offiziellen des Verbands die Vorwürfe nach Medienberichten allerdings und schützen verdächtige Trainer.

Kurz vor dem Beginn der olympischen Turnwettbewerbe in Rio de Janeiro erschüttern Veröffentlichungen über jahrelange sexuelle Belästigungen die Mannschaft der USA. Wie die Zeitung "Indianapolis Star" berichtet, sollen Offizielle des Turnverbandes USAG die Behörden in den vergangenen Jahren trotz zahlreicher Anschuldigungen gegen die Trainer nicht alarmiert haben. Die beschuldigten Coaches durften demnach sogar weiter arbeiten - teilweise mehrere Jahre nach den Behauptungen.

"USAG hat in diesem Punkt total versagt", zitiert das Blatt Lisa Ganser, deren Tochter zu den Opfern gehören soll. "Der Verband besaß genügend Informationen, um dagegen vorzugehen. Das hätte meiner Tochter und allen anderen Mädels nicht passieren dürfen." Im Fall der Ganser-Tochter wies der Verband vier Anschuldigungen gegen den mittlerweile zu 30 Jahren Haft verurteilten William McCabe zurück - nach der ersten Anzeige durfte noch insgesamt sieben Jahre als Trainer arbeiten.

Fall Sharp sorgt für Aufsehen

2013 hatten zudem Offizielle des Verbandes unter Eid ausgesagt, USAG habe die Beschuldigungen "routinemäßig als Gerücht" abgetan, solange die Vorwürfe nicht vom Opfer selbst oder der Familie des Opfers kamen. Verbandspräsident Steve Penny wies die Anschuldigungen zurück. "USAG fühlt sich dazu verpflichtet, es den Behörden mitzuteilen, sobald Vorwürfe aufkommen. So haben wir es ja auch im Fall von Marvin Sharp getan."

2014 hatte USAG der Polizei von den Beschuldigungen berichtet, wonach Sharp mehrere Turnerinnen unsittlich berührt haben soll - allerdings erst vier Jahre nach den ersten Vorwürfen. Der Trainer, der 2015 zu einer Haftstrafe verurteilt worden war, nahm sich im Gefängnis das Leben.

Der Turn-Verband gehört zu den wichtigsten Institutionen im amerikanischen Sport. Mehr als 120.000 Mitglieder gehören USAG an, die besten Olympia-Teilnehmer werden nach den Spielen von Rio auf große Werbetour gehen.