"Sport kann viel bewegen" Museumsdirektor verspricht Olympiaparty
19.07.2012, 15:57 Uhr
Es wird viel aufgeblasen, bis zum geht nicht mehr": Martin Roth.
(Foto: dpa)
Keine Panik! Martin Roth, Direktor des berühmten Victoria & Albert-Museums in London, glaubt, dass der Funke der Begeisterung für die Olympischen Spiele noch überspringt. Vor der Fußball-WM 2006 hätten auch viele gesagt: "Deutschland kann nicht feiern."
London bekommt immer mehr den Olympia-Look, nur so richtig schick finden es die Einwohner der englischen Kapitale knapp eine Woche vor der Eröffnungsfeier der XXX. Sommerspiele noch nicht. "Es gibt eine generelle Distanz zu allem. Emotionen zeigt man nicht wirklich", sagte Martin Roth, Direktor des Victoria & Albert-Museums und persönliches Mitglied im Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). "Die Party wird anders werden." Nicht vergessen solle man aber, was vor der Fußball-WM 2006 gesagt wurde: "Deutschland kann nicht feiern."
Berichte über Sicherheitspannen, Wetterkapriolen und Verkehrschaos warfen Schatten auf das bevorstehende Sportspektakel. "Das haben wir doch schon immer gehabt: Es wird viel aufgeblasen, bis zum geht nicht mehr", meinte der 57 Jahre alte gebürtige Stuttgarter, der seit September 2011 die größte Sammlung von Kunstgewerbe und Design der Welt leitet. Dabei habe die Stadt schon längst von Olympia profitiert - zum Beispiel der Osten, wo der Olympia-Park und ein ganz anderes Lebensgefühl entstanden seien. Damals war es eine Gegend, in der man sich nicht ohne Ängste bewegen konnte. Heute ist die ganze Gegend aufgewertet", stellt der Ex-Manager der EXPO 2000 in Hannover fest.
"Standards für die Zukunft"
Sport bewegt nach Roths Meinung viel und könnte noch mehr bewegen, wenn er sich mit der Kultur zusammentun würde. "Was Sport und Kultur erreichen könnten, wenn wir mehr zusammen machen würden, wäre unschlagbar", erklärte er. "Denken Sie über Erziehung, Kreativität, Integration oder Migration nach." Kultur wie Sport bringen Menschen zusammen, fördern die Auseinandersetzung in einer "freien Zone in unserer Gesellschaft" mit sich selbst und anderen Positionen. Bei den London-Spielen gibt es zwar ein großes Kulturprogramm, von dem man aber nicht zu viel erwarten dürfe. "Also, wer glaubt, dass die Leute, die für den Sport hier herkommen noch ein wahnsinniges Kulturprogramm absolvieren, der täuscht sich", meinte Roth. Dennoch setze Londons Kulturprogramm "Standards für die Zukunft".
Allerdings plädiert er dafür, dass die Kultur "mehr Bestandteil der Spiele" werden sollte. "Man muss nicht gerade Goldmedaillen für Malerei vergeben, denn ich weiß nicht, ob Gerhard Richter sich darüber freuen würde", sagte Roth, "aber wenn man nur alle vier Jahre Millionen für ein Kulturprogramm heraus bläst, ist das nur ein Placebo. Kultur braucht eine längere Entwicklungszeit."
Mit Sport als Plattform für friedliche Begegnung könne man viel erreichen. Das Thema "First Nation", die Debatte um die indianischen Ureinwohner Kanadas, wäre ohne die Olympischen Winterspiele 2010 in Vancouver nicht so auf den Tisch gekommen. Und welchen Effekt für die Demokratisierung in China hatten die Sommerspiele 2008 in Peking? "Das Dumme ist, man hat nie Statistiken für das, was nicht passiert", argumentiert der promovierte Kulturwissenschaftler. "Wir wissen nicht, was in China nicht passiert wäre."
Quelle: ntv.de, Andreas Schirmer, dpa