Durchwachsene Bilanz Olympia hat Halbzeit

Die Stimmung ist überwiegend gut, viele Fans sind begeistert.

Die Stimmung ist überwiegend gut, viele Fans sind begeistert.

(Foto: picture alliance / dpa)

Wettersorgen, Transport-Chaos, technische Probleme: Viele Kritiker meinen, dass Vancouver hätte besser vorbereitet sein müssen. Doch die Athleten schwärmen von ihren Quartieren, der kanadischen Gastfreundschaft und der Partylaune. Ob Vancouver seinen Ruf der Pannen-Spiele wieder los wird, ist indes fraglich.

Jubel auf der einen Seite, Jammer auf der anderen: Kanada und "seine" Winterspiele bieten zur Halbzeit ein Kontrastprogramm. Ganz Vancouver ist nach den ersten Heim-Goldmedaillen zu einer einzigen Partyszene verschmolzen, aber für die Macher des Organisationskomitees VANOC gibt es täglich neue Hiobsbotschaften. Immer wieder lodern kleinere oder größere Brände auf, die es zu löschen gilt. So war das mit dem Olympischen Feuer nicht gemeint.

Langsam, aber stetig sind die Veranstalter in die Defensive geraten, müssen sich verteidigen - auch wenn inzwischen das Wetter mitspielt. "Alles läuft gut", sagt VANOC-Chef John Furlong beinahe trotzig. "Die Stimmung ist euphorisch. Wir hatten Kleinigkeiten hier und da, um die wir uns kümmern mussten. Aber sieht man das Gesamtbild, haben die Athleten ein fantastisches Erlebnis."

Triumph vermischt mit Tragödie

Die Wahrheit liegt wohl in der Mitte. Nach einer Woche "Vancouver 2010" fällt die VANOC-Bilanz durchwachsen aus. Tragödie habe sich mit Triumph gemischt, Pannen hätten sich mit Jubel gepaart, formulierte es sinngemäß die "Vancouver Sun".

Gedenken an Nodar Kumaritaschwili.

Gedenken an Nodar Kumaritaschwili.

(Foto: picture alliance / dpa)

Es begann mit dem schrecklichen tödlichen Rodel-Unfall zum Auftakt der Spiele. Eine Woche später haben elf Stürze im Training für die Zweierbob-Rennen die Diskussion um die Sicherheit der Hochgeschwindigkeitsbahn in Whistler neu belebt. Der Maulkorb des Bob-Weltverbandes für Athleten und Trainer tat ein Übriges: Sie dürfen sich nicht über die Sicherheit der Bahn äußern.

Streikende Eismaschinen und Transport-Chaos

Angesichts der Tragödie in der Eisrinne wiegen die anderen Probleme weniger schwer. Aber sie haben den Ausrichtern olympischen Dauer-Ärger beschert und damit die tolle Olympia-Atmosphäre in der Stadt und manchmal sogar die athletischen Leistungen in den Hintergrund gedrängt. Nach der Panne bei der sonst sehr stimmungsvollen Eröffnungsfeier mit dem olympischen Feuer folgten andere technische Probleme, darunter die streikenden Eismaschinen im Richmond Olympic Oval.

In den Bergen um Whistler plagten Wettersorgen und ein beispielloses Transport-Chaos die Veranstalter. Während Nebel und Regen zu vielen Verschiebungen beim Auftakt der Alpin-Wettbewerbe führten, kündigten frustrierte, ortsunkundige Busfahrer gleich im Dutzend. Zuschauer wurden genervt im Regen stehengelassen, sie kamen nicht an die Wettkampforte. Auch wenn kein Organisationskomitee dieser Welt am Wetter drehen kann, so sagen die Kritiker, hätte VANOC besser vorbereitet sein müssen.

Organisatoren werden dünnhäutiger

28.000 Besucher mussten bei den Snowboard-Wettbewerben draußen bleiben.

28.000 Besucher mussten bei den Snowboard-Wettbewerben draußen bleiben.

(Foto: picture alliance / dpa)

So wimmelte es denn auch von negativen Schlagzeilen, als bei den Snowboard-Wettbewerben 28.000 Eintrittskarten für ungültig erklärt wurden. Der vom Dauerregen aufgeweichte Untergrund im Stehplatz-Bereich war zu unsicher geworden. Und beinahe zum Dauerthema wurde in der ersten Woche die Verbannung des olympische Feuers hinter einen hässlichen Maschendrahtzaun. Erst, nachdem VANOC für eine bessere Sicht auf das Symbol sorgte, beruhigten sich die Gemüter.

Aber das alles hat Spuren hinterlassen, die Organisatoren zeigen sich zunehmend dünnhäutig. Fast keine Pressekonferenz hat es gegeben, die nicht von Fragen nach irgendwelchen Pannen, Problemen oder Missgeschicken dominiert wurde - seien es die Klagen über zu wenig Französisch bei der Eröffnungsfeier oder die Gewaltszenen bei einer Anti-Olympia-Demonstration am ersten Wettkampftag.

Keine nennenswerten Protest-Ausschreitungen

Dabei gehört es zu den Tatsachen, dass es bis auf diese eine Ausnahme keine nennenswerten Protest-Ausschreitungen gab. Athleten schwärmen von ihren Quartieren und von der überwältigenden Gastfreundschaft der Kanadier. Das Heer von Freiwilligen lässt sich an Hilfsbereitschaft und Charme nicht überbieten. Und die Stimmung auf den Straßen ist schon beinahe sensationell. Die Kanadier sind in totaler Party-Laune und kaufen Olympia-Souvernirs "wie verrückt". Der Absatz hat die Erwartungen bereits um das Vierfache übertroffen.

Schon am zweiten Wettkampftag gewann Alexandre Bilodeau auf der Buckelpiste die ersehnte, historische erste Heim-Goldmedaille, und die gute Laune erreichte einen Siedepunkt. Dennoch: Bei so viel Pech und Pleiten kommt der Spitzname "Glitch Games" (Pannen-Spiele) nicht von ungefähr. Fair oder unfair - es wird nicht leicht werden, ihn noch los zu werden, bevor das Feuer am 28. Februar erlischt.

Quelle: ntv.de, Cord Heine und Gabriele Chwallek, dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen