Zukunft der DFB-Elf hat begonnen Hummels macht sich unverzichtbar

Mats Hummels sorgte im Abwehrzentrum für Stabilität.

Mats Hummels sorgte im Abwehrzentrum für Stabilität.

(Foto: REUTERS)

Mario Gomez erzielt zwar den Siegtreffer gegen Portugal, doch der größte Gewinner ist ein anderer: Mats Hummels. Er stabilisiert die Abwehr und liefert sein bislang bestes Länderspiel ab - und das im Trikot mit der legendären Nummer 5 von Fußball-"Kaiser" Franz Beckenbauer.

Gespielt hatte er gegen Portugal keinen, kommentieren musste Mats Hummels seine berühmten Franz-Beckenbauer-Gedächtnispässe trotzdem. Er nahm es mit Humor. Am Tag nach dem zittrigen 1:0-Sieg des DFB-Teams über Portugal präsentierte sich der Dortmunder Innenverteidiger schon wieder so abgeklärt wie gegen Ronaldo und Co. auf dem Rasen, nachdem er unmittelbar nach dem Spiel noch wortlos durch die Lemberger Mixed Zone spaziert war. Kommentar zum Spiel und seiner überragenden Leistung? Nein, danke.

Nun sagte Hummels mit einem Lächeln: "Das Lange-Bälle-Thema ist natürlich eins meiner liebsten." Er hatte allen Grund, gelöst und locker zu sein. Beim 3:5 in der EM-Vorbereitung gegen die Schweiz war er gemeinsam mit seinen Abwehrkollegen noch untergegangen. Beim 2:0 im letzten Test gegen Israel schmorte er 90 Minuten auf der Bank. Beim wackligen 1:0 zum EM-Auftakt machte sich Hummels aber unverzichtbar in der deutschen Abwehr. Er hätte auch gewonnen, wenn Mario Gomez in der 72. Minute nicht das Siegtor geköpft hatte.

Souveräne Leistung

Zwei Jahre nach seinem Debüt ist der Innenverteidiger endlich angekommen im System von Joachim Löw. Angekommen aus Dortmund, wo er im Gegensatz zum Nationalteam seit Jahren unabkömmlich ist. Und von wo ihn stets die ewige Frage zum DFB-Team begleitet hatte: Wie sehr hemmen ihn die unterschiedlichen Anforderungen in Verein (lange Pässe erwünscht) und Nationalmannschaft (lange Pässe streng verboten). "Gar nicht", antwortete Hummels in Danzig. Sein Lieblingsthema ist für ihn schon lange keins mehr: "Das war am Anfang meiner Zeit in der Nationalmannschaft so, die liegt aber auch schon knapp zwei Jahre zurück. Deswegen ist das eigentlich für mich schon längst gegessen, weil ich jetzt weiß, wie ich spielen muss und spielen soll."

Vom Bundestrainer anstelle von Per Mertesacker kurzfristig in die Startelf beordert, begann Hummels zunächst verhalten. "Erst mal die Sicherheit finden in den ersten paar Minuten war für mich oberste Priorität. Nicht direkt den ersten Pass über 50 Meter risikoreich in die Spitze spielen", erklärte Hummels die zögerliche Anfangsphase. Denn: "Es war es schon so, dass ich nervöser war also sonst. Aber im Laufe eines Spiels legt sich das eigentlich immer ganz schnell."

Gegen Portugal legte es sich nach seinem einzigen gröberen Schnitzer. Nach seinem zu kurz geratenem Rückpass, der Manuel Neuers Schienbein in der 14. Minute ein schmerzhaftes Rendezvous mit den Stollen von Helder Postiga bescherte, avancierte Hummels in einer zerfahrenen Partie zum prägenden deutschen Feldspieler und rechtfertigte seine Nominierung auf beeindruckende Weise.

Der Dortmunder überzeugte gegen die portugiesische Offensive um Superstar Cristiano Ronaldo mit starkem Zweikampfverhalten. Wackler? Ab der 14. Minute Fehlanzeige. Wenn es rund um den deutschen Strafraum brenzlig wurde, war Hummels da, grätschte, köpfte, stellte Räume zu, gab seinen Mitspielern Anweisungen. Offensiv versuchte er ab und an, das lahmende Angriffsspiel mit energischen Vorstößen anzukurbeln, ohne die Abwehr zu entblößen.

Enormes Selbstvertrauen

Dass trotzdem Teamkollege Mesut Özil zum "Man of the Match" gewählt wurde, dürfte auch am fehlenden Renommee Hummels gelegen haben. International hat er noch keine Meriten erworben, nicht mit dem BVB und erst recht nicht im Nationalteam. Anders als in der Bundesliga, wo Hummels seinen Ruf als bester Abwehrspieler des Landes zementiert hat, fehlte es ihm in Champions League und Nationalteam bislang an der gewohnten Souveränität und Abgeklärtheit. An einer herausragenden Partie, die ihn ins internationale Rampenlicht rückt und im Kopf die Bremse löst. An einer Partie wie gegen Portugal.

Diesmal lobte der Bundestrainer: "Mats Hummels hat es sehr gut gemacht." Dass er sich für den Dortmunder und gegen seinen sichtlich enttäuschten Abwehrchef Mertesacker entschieden hatte, begründete Löw nachvollziehbar "mit einem gewissen Rückenwind", mit dem Hummels aus der Dortmunder Double-Saison zum DFB-Team gekommen sei. Das ist gleichzeitig eine interessante Argumentation, denn Hummels enormes Selbstvertrauen galt auch als gewisses Hindernis auf dem Weg ins deutsche Abwehrzentrum. Weil der BVB-Hummels und der DFB-Hummels, so schien es, zwei verschiedene Spieler waren, und Selbstvertrauen und Leistung nicht übereinstimmten. Gegen Portugal passte es.

Hatte Hummels dem Bundestrainer in seinen bisherigen 14 Einsätzen wenig Argumente geliefert, warum er dauerhaft spielen sollte, lieferte er gegen Portugal keines, warum er am Mittwoch gegen die Niederlande (20.45 Uhr/ im n-tv.de Liveticker) wieder auf der Bank Platz nehmen sollte. Die Frage, ob er sich angesichts seines souveränen Auftritts gegen die Portugiesen bereits als Abwehrchef gefühlt habe, ließ Hummels routiniert an sich abprallen. Er betonte lieber, wie gut die Viererkette und das defensive Mittelfeld zum EM-Auftakt harmoniert hatten.

Es ist ja ohnehin so, dass das Innenverteidiger-Pärchen Hummels und Holger Badstuber vielen Experten als deutsches Abwehrzentrum der Zukunft gilt, obwohl Mertesacker mit seinen 27 Jahren längst nicht zum alten Eisen gehört. Nach dem EM-Auftakt sieht so aus, als ob die Zukunft in Lemberg bereits begonnen hat - und sich die Frage nach den Franz-Beckenbauer-Gedächtnispässen erledigt. Für Mats Hummels und das DFB-Team ist das eine gute Nachricht.

Quelle: ntv.de

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