Großer Respekt vor DFB-Team Ronaldo ohne Rachegelüste
08.06.2012, 13:00 Uhr
"Wir wissen, dass die Deutschen ein großartiges Team sind." Christiano Ronaldo.
(Foto: REUTERS)
Portugals Superstar Cristiano Ronaldo hat keine gute Erinnerungen an die deutschen Nationalspieler. Vor vier Jahren scheiterte er im EM-Viertelfinale, vor sechs Wochen schied er mit Real Madrid gegen Bayern München aus. Von Rache will er dennoch nicht reden.
Cristiano Ronaldo redete zwar über das EM-Aus vor vier Jahren. Doch Portugals Superstar dürfte auch Manuel Neuer und die schmerzhaften Sekunden im Estadio Bernabeu vor Augen gehabt haben. "Ich mag es nicht, das Wort Rache im Fußball zu benutzen", sagte der Kapitän der portugiesischen Nationalmannschaft vor dem EM-Auftakt in Lwiw am Samstag (20.45 Uhr) gegen die deutsche Elf: "Es ist einfach ein Fußballspiel, es ist kein Krieg." Das 2:3 im Viertelfinale von Basel bei der EM 2008 schmerzt noch, denn schon damals hatten Ronaldo und Co. Großes vor.
Doch viel präsenter als das verlorene Duell mit Jens Lehmann, Christoph Metzelder, Thomas Hitzlsperger oder Michael Ballack, die alle längst aus dem DFB-Team verschwunden sind, ist dem Torjäger von Real Madrid die Schmach vom 25. April: sein verschossener Elfmeter gegen Neuer, das Aus im Halbfinale der Champions League gegen Bayern München und acht deutsche Nationalspieler.
All das soll am Samstag endgültig Vergangenheit sein. "Wir wollen gut in die EM starten", sagte Ronaldo, "wir wollen mit dem richtigen Fuß aufstehen." Und dann sang der 27-Jährige, der immer so arrogant erscheint, das Hohelied auf den deutschen Fußball: "Wir wissen, dass die Deutschen ein großartiges Team sind. Sie hatten großartige Ergebnisse in den letzten Wettbewerben. Sie sind Gegner, die wir sehr repektieren."
Können es nicht ändern
Doch Ronaldo wäre nicht Ronaldo, wenn er nicht von den eigenen Qualitäten überzeugt wäre. "Auch wir haben unser Potenzial, wir haben unsere Stärken", betonte er. Dass nach Deutschland in der "Todesgruppe" B noch Dänemark und der Vize-Weltmeister Niederlande den Weg ins Viertelfinale verstellen könnten, sieht er pragmatisch. "Wir wissen, dass wir in der schwierigsten Gruppe sind. Aber da gibt es nichts zu bedauern, weil wir es sowieso nicht ändern können. Wir wissen es seit Monaten."
Vom Weiterkommen ist er dennoch überzeugt. "Es werden extrem schwierige Spiele, aber wir werden einen guten Job machen und in die nächste Runde einziehen", prognostizierte Ronaldo. Dafür allerdings muss der zweitbeste Torjäger Europas auch in der Nationalmannschaft wieder zu der Effektivität finden, die ihn in der abgelaufenen Saison bei den Königlichen auszeichnete.
60 Treffer in 55 Pflichtspielen erzielte der teuerste Spieler der Fußball-Geschichte für Real Madrid, das vor drei Jahren 94 Millionen Euro für ihn bezahlt hatte. Hätte nicht sein Rivale Lionel Messi, der kleine Supertechniker des FC Barcelona, noch elf Tore mehr verbucht - alle würden nur über "CR7" reden. Wenn er nach drei Jahren den Argentinier endlich wieder als Weltfußballer ablösen will, wie er selbst angekündigt hat, muss er aber auch bei einem großen Turnier treffen.
Trefferquote unakzeptabel
Zwei Tore bei der EM 2004 im eigenen Land sind sein Bestwert nach vier EM- und WM-Endrunden - inakzeptabel angesichts seiner Ansprüche. Auch zuletzt lief es in der Selecção nicht wie gewünscht. Nur drei Treffer erzielte er in dieser Saison, bei der Generalprobe gegen die Türkei (1:3) lieferte er brotlose Kunst ab, verschoss wieder einen Elfmeter, jagte seine gefürchteten Freistöße in den Himmel.
Sein Vorgänger Luis Figo warnte deshalb bereits, alles auf Ronaldo zu fokussieren. "Cristiano ist derzeit mit der Beste. Ihn komplett aufzuhalten, ist kaum möglich. Ein Turnier wie die Europameisterschaft gewinnt eine Mannschaft nicht wegen eines Spielers. Sie muss all ihre Qualitäten ausspielen", sagte der ehemalige Kapitän und Superstar der Portugiesen der Tageszeitung Die Welt.
Dennoch ist der Alleinunterhalter Ronaldo, mit dem sein Team steht und fällt, für die deutschen Nationalspieler der Gegner Nummer eins. "Ich habe höchsten Respekt vor Ronaldo, er wird schwer zu stoppen sein", sagte Mesut Özil, der seinen Klubkollegen in den höchsten Tönen lobte: "Er ist für mich eine außergewöhnliche Person, in jeder Hinsicht." Er sei "einfach ein netter Kerl", dem er jeden Sieg gönne, nur nicht am Samstag. Ronaldo denkt schon an das Wiedersehen mit Özil und Sami Khedira nach der EM in Madrid: "Dann werden wir ja sehen, wer am lautesten lacht..."
Quelle: ntv.de, Thomas Lipinski sid