InnAIO T10 ausprobiertDieser KI-Babelfisch übersetzt mit Nutzerstimme, aber …
Von Klaus Wedekind.webp)
Der InnAI T10 ist ein KI-Dolmetscher, der unter anderem mit der Stimme seiner Nutzerinnen und Nutzer sprechen oder direkt in Whatsapp und anderen Messengern übersetzen kann. Das schlanke Gerät, das magnetisch an Smartphones andockt fasziniert einerseits, hat aber auch mehrere Haken.
Seit Douglas Adams Ende der 1970er Jahre in seinen Hörspielen/Romanen den Babelfisch als Universalübersetzer verwendete, träumt die Menschheit von einem kleinen Gerät, das die Rolle dieses faszinierenden Wesens übernehmen kann. Idealerweise sollte man es sich aber nicht ins Ohr stecken müssen, damit es im Kopf als Gegenleistung für Gehirnwellen-Nahrung als telepathischer Dolmetscher arbeitet.
Durch den rasanten Aufstieg von künstlicher Intelligenz ist ein KI-Babelfisch in greifbare Nähe gerückt. Doch bisher entspricht keine der technischen Lösungen tatsächlich den Anforderungen, praktisch ohne weiteres Zutun von Nutzerinnen und Nutzern jederzeit jede Sprache in Echtzeit perfekt übersetzen zu können. Das ist auch beim InnAIO T10 der Fall, obwohl das knapp 200 Euro teure Gerät der Beschreibung nach nicht weit davon entfernt zu sein scheint - wenn man das Smartphone als Erweiterung des Gehirns akzeptiert.
Schick, schlank und magnetisch
Der InnAIO T10 selbst ist eine rund 5,6 mm dünne Scheibe mit einem Durchmesser von 57 mm. Mit seinem Gehäuse im matten Aluminium-Look mit schwarzem Halbkreis wirkt es hochwertig und passt perfekt zu Apple-Geräten mit ähnlichem Design. Das ist kein Zufall, denn der InnAIO T10 haftet magnetisch an iPhones mit MagSafe-Bereich auf der Rückseite. Das Gleiche funktioniert bei Googles Pixel-10-Serie, und für alle anderen Smartphones gehört zum Lieferumfang ein selbstklebender Magnetring.
Das einzige und zentrale Bedienelement des InnAIO T10 ist ein Druckknopf. Unter ihm befinden sich hinter zwei kleinen Löchern ein Mikrofon und ein Reset-Schalter, in der Seite sitzt ein USB-C-Eingang zum Aufladen. Um das Gerät zu nutzen, muss man die zugehörige App installieren.
Ohne Cloud geht gar nichts
Und da sind bereits zwei Haken an der Geschichte: Das Gerät ist tatsächlich nur der verlängerte Arm der Anwendung, die wiederum nichts ohne Internetverbindung zu den Cloud-Servern des Herstellers zustande bringt. Sobald im Test der Flugmodus aktiviert war, klappte nicht einmal mehr eine einfache Text-zu-Text-Übersetzung, die jedes Android-Smartphone oder iPhone bereits mit Bordmitteln offline beherrscht. Doch obwohl dies andernorts beschrieben wird, gibt es in der App nirgends die Möglichkeit, Sprachpakete herunterzuladen.
Hat das Smartphone eine Internetverbindung, ist allerdings beachtlich, was die App in Verbindung mit dem InnAIO T10 kann. Die bereits erwähnte Text-zu-Text-Übersetzung ist eine Pflichtübung, die das Duo laut Hersteller mithilfe einer Kombination aus OpenAIs ChatGPT-5 und einem eigenen großen Sprachmodell (Large Language Model/LLM) etwa ebenso gut wie der Google-Übersetzer absolviert.
Mit Internetverbindung recht flott
Die Geschwindigkeit entspricht dabei mit einer guten Internetverbindung tatsächlich in etwa der vom Hersteller angegebenen minimalen Verzögerung von knapp einer halben Sekunde. Bei mit der Kamera eingefangenem Text ist das allerdings nicht der Fall, hier versagte das InnAIO-Duo im Test teilweise komplett. Egal, dafür benötigt man es ebenfalls nicht.
Richtig flott wiederum funktioniert die sogenannte Echtzeit-Übersetzung von Sprache zu Text, wobei man einer anderen Person gegenübersitzt und beide die Resultate in ihrer Sprache an einem zweigeteilten Bildschirm lesen können. Auch das ist allerdings nichts, was Smartphones nicht selbst ebenso gut hinbekommen. Das trifft größtenteils auch auf Sprach- und Videoanrufe zu, wenn nahezu in Echtzeit übersetzte Untertitel eingeblendet werden.
Praktische Taste
Was die InnAIO-Lösung allerdings einzigartig macht, ist, dass man für die Sprachaufnahme grundsätzlich nicht auf das Mikrofon-Symbol in der App tippen, sondern nur den Knopf des T10 drücken muss. Man kann das Smartphone also wie bei einem Interview wie ein Handmikrofon halten.
Das funktioniert in jeder Anwendung der App, auch bei der Sprache-zu-Sprache-Übersetzung. Und wenn man den Finger von der Taste nimmt, hört man ohne weiteres Zutun eine wirklich akkurate Übersetzung. Die Verzögerung beträgt hier aber etwa zwei bis drei Sekunden. Zusätzlich zeigt die App zwar wesentlich schneller die Übersetzung als Text an, aber obwohl der Modus Face-to-Face (Von Angesicht zu Angesicht) heißt, gibt es hier keinen geteilten Bildschirm.
"Killerfeatures", aber Extrakosten
Eine Option macht die Sprache-zu-Sprache-Übersetzung allerdings einzigartig: Man kann die eigene Stimme klonen lassen, indem man der App in rund 30 Sekunden einen angezeigten Text vorliest. Danach hört man sich selbst sogar fast perfekt Sprachen sprechen, die man nicht mal ansatzweise beherrscht.
Ohne Zusatzkosten kann man nur einen Sprach-Klon nutzen. Und auch Echtzeitübersetzungen sind der InnAIO-Website nach auf 120 Minuten monatlich begrenzt, laut App sind es sogar nur 100 Minuten. Darüber hinaus muss man ein Abo abschließen, das mindestens rund 12 Euro monatlich oder etwa 86 Euro jährlich kostet - ein weiterer Haken.
Das echte "Killerfeature" des InnAIO-Duos ist wahrscheinlich die Cross-App-Funktion. Mit ihr ist es möglich, per Tastendruck eine Sprache-zu-Text-Übersetzung anzufertigen, die direkt in Whatsapp und andere Messenger oder Social-Media-Apps eingetragen wird. Ebenso kann man Sprachnachrichten verschicken. Das ist wesentlich komfortabler als eine herkömmliche Übersetzer-App aufzurufen. Dabei muss zwar ein kleines Fenster aktiviert sein, das man aber zur Seite wischen kann.
Schließlich gibt es noch die Möglichkeit, Meetings als Transkript aufzuzeichnen. Dabei hat InnAIO aber noch viel Luft nach oben. Denn wenn die Teilnehmer nicht sehr diszipliniert und in deutlich unterscheidbaren Stimmen sprechen, ist das Ergebnis nicht besser als die Aufnahme mit irgendeiner Rekorder-App. Wichtige Punkte, Aufgaben und Schlüsselwörter werden kaum gefunden, und speziell bei Fachdiskussionen ist die Übersetzung mangelhaft. Auch die KI-Zusammenfassungen sind keine wirkliche Hilfe.
Große Datenschutz-Bedenken
Der größte Haken am InnAIO T10 beziehungsweise der App ist aber der zweifelhafte Datenschutz. Das offiziell in Singapur ansässige Unternehmen gibt zwar an, sich streng an die Europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zu halten, belegt dies aber nicht. Unter anderem gibt es keine Angaben, wo die Server stehen. Es heißt lediglich, Daten würden auf dem Gerät oder verschlüsselt in der Cloud abgelegt.
Ein besonders mulmiges Gefühl hat man, wenn man seine Stimmprobe zum Klonen hochlädt. Denn das funktioniert offenbar nur, wenn man akzeptiert, dass sie zum Modell-Training eingesetzt werden darf. Eine geklonte Stimme könnte unter anderem für raffinierte Phishing-Angriffe auf Verwandte und Bekannte genutz werden.
Man findet in der App zwar eine Datenschutzerklärung, aber nur auf Englisch. Darin steht, dass die chinesische Firma Shenzhen Yinnuo Intelligent Technology für die App verantwortlich ist, aber es wird kein Verantwortlicher im Sinne des DSGVO oder ein ebenso erforderlicher Datenschutzbeauftragter genannt. Das Gleiche gilt für einen EU-Vetreter, der obligatorisch für Unternehmen mit Sitz außerhalb der EU ist, wenn sie dort Dienstleistungen anbieten.
Es werden für das Sammeln und die Verarbeitung von Daten keine Rechtsgrundlagen genannt und es gibt keine Angaben zur Speicherdauer et cetera. Die geforderte Einwilligung bei der Sprachaufnahme für den Sprach-Klon ist zumindest fragwürdig, da bei biometrischen Daten besonders strenge Anforderungen gelten.
Höchst problematisch ist auch die Einbindung der Apps (SDK) von chinesischen Drittanbietern wie Alipay und Wechat. Es gibt nur den Hinweis, dass diese Cookies einsetzen. Ebenso fehlen ausreichende Begründungen, warum Daten wie Geräteinformationen, Standort, WLAN-Informationen oder App-Listen gesammelt werden.
Fazit
Der InnAIO T10 ist auf den ersten Blick ein faszinierendes Gerät, das speziell mit dem Stimmen-Klon und der Cross-App-Funktion glänzt. Aber vom Cloud-Zwang über die kostenpflichtigen Extras bis zum offenbar nicht DSGVO-konformen Datenschutz hat die Sache einfach zu viele Haken, um empfehlenswert zu sein.
