In UK brennen Funkmasten Ist 5G ein Coronavirus-Beschleuniger?
06.04.2020, 17:03 Uhr
Verschwörungstheoretiker glauben, dass der 5G-Ausbau die Verbreitung des Coronavirus beschleunigt.
(Foto: imago images/Jochen Tack)
5G war schon vor der Corona-Krise ein Liebling der Verschwörungstheoretiker. Einige glauben, Covid-19 sei in Wahrheit das "5G-Syndrom". Andere haben angeblich klare Belege dafür, dass der neue Mobilfunkstandard die Verbreitung der Viren begünstigt, "ein Brandbeschleuniger der Pandemie" ist.
Es gibt in der Corona-Krise viele krude Verschwörungstheorien. Dazu gehört der Glaube, die Ausbreitung des Coronavirus stehe in irgendeinem Zusammenhang mit 5G. So gibt es schon seit Januar Behauptungen, die Sars-Cov-2-Pandemie sei in Wahrheit ein Vertuschungsversuch des "5G-Syndroms". Und in jüngster Zeit geistert die Behauptung durchs Internet, 5G beschleunige die Ausbreitung des Virus. In Großbritannien hat dies laut "The Guardian" schon dazu geführt, dass Antennenmasten in Brand gesteckt wurden.
Gigantisches Vertuschungsmanöver?
In einem via Facebook verbreiteten Artikel heißt es, in Wuhan sei nicht das Coronavirus ausgebrochen, sondern durch die dort hohe Konzentration von 5G-Masten sei in Wahrheit das "5G-Syndrom explodiert" und "die 5G-Meerschweinchen fielen buchstäblich wie Fliegen". Dass Covid-19 vor allem in Ländern mit hohem 5G-Ausbau wütet, sei kein Zufall, man müsse nur die Karten mit Funk-Hotspots und mit solchen der Ausbreitung des Coronavirus vergleichen.
Als Beweis muss unter anderem das Kreuzfahrtschiff "Diamond Princess" herhalten, auf dem das Virus grassierte. Die Verschwörungstheoretiker glauben, die infizierten Chinesen hätten einen Impfstoff erhalten, der sich bei 60-GHz-Frequenzen in ein Virus verwandle. Die "Diamond Princess" sei extra dafür mit 60-GHz-5G ausgestattet worden. Allerdings funkt 5G in China bisher höchstens bei 5 GHz und an Bord des Schiffes gibt es laut "dpa-Faktencheck" bestenfalls LTE.
Man muss aber gar nicht so sehr ins Detail gehen: Wenn man kurz nachdenkt, fällt einem auf, dass die Pandemie auch in Regionen der Welt wütet, in denen es nicht mal 5G-Versuchsstationen gibt. Das erste Land mit flächendeckendem 5G ist außerdem Südkorea, nicht China. In Wuhan beträgt die 5G-Abdeckung rund 10 Prozent und viele andere chinesischen Städte haben 5G-Netze, wo das Virus später und weniger heftig auftrat.
Ballungsräume sind von der Pandemie stärker betroffen, weil dort viele Menschen dicht zusammenleben. In Städten findet man auch am ehesten eine 5G-Infrastruktur. Schaut man genau hin, sind Corona-Hotspots und Antennen-Standorte aber nicht deckungsgleich.
"Brandbeschleuniger 5G"
Etwas glaubwürdiger und daher gefährlicher ist die Behauptung, 5G begünstige die Verbreitung des Coronavirus. Ein "Vordenker" ist hier der deutsche Physiker Professor Doktor Klaus Buchner, der für die ÖDP im EU-Parlament sitzt. Mit seinem Background wirkt er sehr seriös und er belegt seine Behauptungen scheinbar auch mit wissenschaftlichen Studien.
Buchner räumt ein, dass man mit Sicherheit ausschließen kann, dass das Coronavirus in Wuhan durch Funk entstanden ist. Aber er betont: "Es liegt nahe, dass die Verbreitung von Viren durch Funkstrahlung gefördert wird. Mobilfunkstrahlung, insbesondere 5G ist ein Brandbeschleuniger der Pandemie." Zum einen schwäche längere Funkstrahlung das Immunsystem, zum anderen öffne Funk die Kalzium-Kanäle von Zellen und erzeuge oxidativen Stress.
Damit liegt für den Physik-Professor nahe, dass 5G die Replikation von Viren begünstigt. Schließlich öffneten sie ebenfalls Kalzium-Kanäle, um ihre Replikation zu ermöglichen. Daraus ergäbe sich auch gleich eine Therapiemöglichkeit durch Medikamente, die diese Kalzium-Kanäle blockieren, schreibt Buchner. Klinische Studien belegten, dass diese Methode auch zu Heilerfolgen bei Lungenentzündungen geführt hätten.
Ein wissenschaftliches Puzzle?
Buchner muss zugeben, dass die beschleunigte Vermehrung von Viren durch Funkstrahlung noch durch kein Experiment nachgewiesen wurde. Man müsse aber einfach nur "die wissenschaftlichen Ergebnisse wie ein Puzzle zusammensetzen, um zu diesem Schluss zu kommen". Buchner fordert deshalb die Regierungen auf, "gerade jetzt in der Corona-Krise endlich die schädliche Wirkung der Funkstrahlung auf das Immunsystem zu berücksichtigen".
Er stützt sich bei seinem "Puzzle" vor allem auf Studien, die schon seit Jahren von Mobilfunk-Gegnern ins Feld geführt werden. Schon seit es Handys gibt, gibt es auch Berichte über eine mögliche Gesundheitsgefährdung durch Mobilfunkstrahlung. Belastbare Studien, die beispielsweise ein erhöhtes Krebsrisiko belegen könnten, gibt es laut dem Bundesamt für Strahlung (BfS) bis heute aber nicht.
Eine Frage der Dosierung

Markus Stockhausen fordert einen sofortigen Stopp des 5G-Ausbaus.
(Foto: picture alliance / Horst Ossinge)
Ins gleiche Horn wie Buchner stößt diagnose:funk, die Speerspitze der Mobilfunkgegner. Mit dem Musiker Markus Stockhausen als Galionsfigur fordert sie von der Bundesregierung, in der Corona-Krise den 5G-Ausbau sofort zu stoppen. Man wolle sich nicht an Verschwörungstheorien beteiligen, schreibt diagnose:funk. "Doch weist die Forschung seit Jahren nach, dass das Immunsystem durch nichtionisierende Mikrowellenstrahlung, wie sie im Mobilfunk genutzt wird, geschwächt wird."
Das mag im Prinzip stimmen, aber wie so oft ist es eine Frage der Dosierung. Hat man ein Smartphone stundenlang am Ohr oder geht es um die allgemeine Strahlenbelastung für jeden, der sich in der Reichweite eines Mobilfunkmastes befindet? Als Beispiel kann eine von 5G-Gegnern oft zitierte Studie des National Toxicology Program (NTP) dienen.
Ratten und Mäuse wurden laut dem "Ärzteblatt" von der Zeugung an über zwei Jahre täglich neun Stunden Mobilfunkstrahlung ausgesetzt. Dabei war die Belastung einer Stellungnahme des BfS zufolge rund 20 Mal höher als der zulässige Grenzwert und wirkte auf den gesamten Körper ein. Außerdem fand die Behörde "methodische Schwächen und Inkonsistenzen in den Studienergebnissen".
Der Mobilfunk-Standard an sich spielt bei der Belastung keine Rolle, sondern die Höhe der genutzten Frequenzen. Die Bewertung der Risiken durch Mobilfunkstrahlung ist daher grundsätzlich unverändert, bis keine wesentlich höheren Frequenzen als 3,6 Gigahertz (GHz) zum Einsatz kommen. Für 5G bei 26 GHz und höher gäbe es zwar noch Forschungsbedarf. Solange bestehende Grenzwerte eingehalten würden, seien aber keine gesundheitlichen Auswirkungen zu erwarten, schreibt das BfS.
Quelle: ntv.de