Wirtschaft

Ich tau mir mal was auf 40 Jahre Oetker-Tiefkühlpizza

40 Jahre und noch kein bisschen altmodisch: TK-Pizza verkauft sich gut.

40 Jahre und noch kein bisschen altmodisch: TK-Pizza verkauft sich gut.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Sie sind hart, wenn man sie reinschiebt und knusprig, wenn man sie rausholt: Tiefkühlpizzen sind praktisch und ab und zu sogar richtig lecker. Vor 40 Jahren brachte Dr. Oetker die erste gefrorene Pizza auf den Markt - und veränderte damit die Essgewohnheiten der Deutschen.

Vor einigen Jahren fanden Forscher heraus, dass Tiefkühlpizza wegen des Tomatenmarks den Körper vor Sonnenbrand schützen kann. Für einen spürbaren Effekt müssten sonnenhungrige Pizzafans allerdings eine Menge essen, die den Bauchumfang auf ein für ein Sonnenbad unansehnliches Maß vergrößern würde. So untauglich die Pizza als Ersatz für Sonnenmilch ist, so millionenfach bewährt hat sie sich als Sattmacher nach einem stressigen Bürotag oder als schnelle Mahlzeit für die Familie. Vor 40 Jahren startete der Familienkonzern Dr. Oetker in Deutschland den flächendeckenden Verkauf der Tiefkühlpizza und veränderte damit das Koch- und Essverhalten der Deutschen.

Auch ein paar andere Tiefkühl-Tüftler hatten im Jahr 1970 versucht, eine gefrorene Pizza-Variante marktfähig zu machen, doch der Bielefelder Lebensmittelkonzern gab am 1. Oktober 1970 den Startschuss für das erste flächendeckende Angebot. Beim Marktstart der mit italienischem Mozzarella- und Provolone-Käse, Mortadella, Tomaten und Paprika belegten "Pizza alla Romana" herrschte bei Dr. Oetker gespannte Erwartung. "Wir waren uns damals überhaupt nicht sicher, ob die Tiefkühlpizzen auf dem deutschen Markt einschlagen würden", sagte Chefentwickler Elard Stein von Kamienski der Zeitung "Neue Westfälische".

Von 500 zu 1.900.000 täglich

Tatsächlich hatte Dr. Oetker erhebliche Startschwierigkeiten: Der von einem italienischen Partnerunternehmen gelieferte rohe Hefeteig war beim Einfrieren und Auftauen oft beschädigt, das zunächst verwendete Aluminiumgeschirr war vergleichsweise teuer und schwer. Weniger als 500 Pizzen stellte das Unternehmen in den Anfängen am Tag her - heute sind es beim Marktführer 1,9 Millionen täglich.

Der gleichnamige Urenkel des Firmengründers August Oetker präsentiert stolz das profitable Produkt.

Der gleichnamige Urenkel des Firmengründers August Oetker präsentiert stolz das profitable Produkt.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Insgesamt erwirtschaftet der Tiefkühl-Pizza-Markt, bei dem auch die Firma Wagner früh mitmischte, einen Umsatz von jährlich gut einer Milliarde Euro. Dr. Oetker, Wagner und Freiberger sind die drei Firmen, die sich den Umsatz untereinander im Wesentlichen teilen. Während Oetker und Wagner unter ihren Namen verkaufen, stellt Freiberger die No-Name-Pizzen für die meisten Handelsketten her.

Die Ursprungs-Idee für Tiefkühl-Pizza entstand in den 1960-er Jahren im Fastfood-Mekka USA. Quasi als Re-Import entwickelten die Italiener die erste europäische Variante. Doch die wichtigste Innovation lieferten die Kühlgeräte-Hersteller: Denn nur weil in den 60-er Jahren Tiefkühl-Truhen bezahlbar wurden und im großen Stil Einzug in die Haushalte hielten, entwickelten die Lebensmittelhersteller immer neue Produkte.

Aufschwung dank Singles

1960 verbrauchte jeder deutsche Haushalt im Schnitt 830 Gramm Tiefkühlkost. 1970 waren es schon zehn Kilo - heute erwartet die Branche bald das Erreichen der 40-Kilo-Marke. Darin enthalten sind die neun Tiefkühl-Pizzen, die vom Säugling bis zum Greis rechnerisch jeder Deutsche im Schnitt im Jahr isst. In der mit den Jahren gestiegenen Auswahl an mehreren Dutzend Belagsorten und Teigarten ist bis heute die Salami-Pizza die mit Abstand beliebteste geblieben.

Mehrere hundert Millionen Tiefkühlpizzen werden pro Jahr in Deutschland produziert.

Mehrere hundert Millionen Tiefkühlpizzen werden pro Jahr in Deutschland produziert.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Die Erfolgsgeschichte der häufig wegen ihres hohen Fett- und Salzgehalts, künstlicher Aromen und zu viel Kalorien kritisierten Tiefkühl-Pizza schrieben allerdings nicht allein die Lebensmittel-Techniker der Konzerne, sondern auch die gesellschaftlichen Veränderungen. So prognostizieren Marktforscher den runden Scheiben nach wie vor satte Wachstumszahlen. Der Optimismus der Branche wird dabei alleine damit begründet, dass sich die Zahl der Single-Haushalte weiter erhöht und immer weniger Deutsche selbst kochen können.

Da es inzwischen nur noch ein Prozent der Haushalte gibt, die auf das einst vom Kochkritiker Wolfram Siebeck geschmähte kulinarische „Massengrab Tiefkühltruhe“ verzichten, dürfte der Traum des Star-Kochs Jamie Oliver wohl unerfüllbar sein. Zum 20. Jahrestag der deutschen Einheit war der Brite von der „Bild“-Zeitung gefragt worden, was er sich für Deutschland in 20 Jahren wünsche. Seine Antwort: Familien, die gemeinsam ein gesundes, selbst gekochtes Essen essen.

Quelle: ntv.de, AFP

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