Wirtschaft

Der Endspurt läuft Ackermann bestellt den Hof

Bereitet gut gelaunt den Stabwechsel vor: Josef Ackermann.

Bereitet gut gelaunt den Stabwechsel vor: Josef Ackermann.

(Foto: dapd)

Wenn sich eine Ära dem Ende zuneigt, ist es Zeit, sich über den Eintrag in den Chroniken Gedanken zu machen. Das Ende der Deutschen-Bank-Karriere von Josef Ackermann ist absehbar, doch der Konzernchef wirkt gut vorbereitet - sowohl was seine eigene als auch die Zukunft der Bank angeht.

Es ist ein aufgeräumter Josef Ackermann, der sich auf der Bilanzpressekonferenz seinen Zuhörern präsentiert. Zum nun neunten Mal dürfe er sie begrüßen, leitet der Deutsche-Bank-Chef die Vorlage der Zahlen ein und legt gleich los: 2010 sei ein Jahr der Investitionen, des Wandels, des Säens gewesen, 2011 werde geerntet.

Und damit fällt die Ernte noch in seiner Amtszeit, die er spätestens im Mai 2013 beenden will. Es soll ein Ende mit Tusch werden: Für 2011 hat Ackermann das ehrgeizige Ziel eines operativen Vorsteuergewinns von zehn Mrd. Euro ausgegeben. Von dort aus soll die Bank weiterwachsen.

Die Zahlen

Das Institut soll weiter wachsen.

Das Institut soll weiter wachsen.

(Foto: dapd)

Es wäre eine griffige Marke, die sich der Schweizer Banker selbst als Denkmal setzen würde: Er wäre der Vorstandschef, der das Institut in den Bereich der zweistelligen Milliardengewinne geführt hat. Um diese Hürde zu nehmen, musste die Bank 2010 ein paar Schritte zurückgehen, um genügend Anlauf zu haben: Die Kosten für die Integration von Postbank und Sal Oppenheim und die Investitionen in den Umbau der Investmentbanking-Sparte ließen den Überschuss von 5,0 Mrd. Euro im Vorjahr auf 2,3 Mrd. Euro einbrechen. Gleichzeitig legte der Gewinn vor Steuern und Sonderposten wie Abschreibungen auf Postbankanteile von 5,2 auf 6,5 Mrd. Euro zu. Inklusive der Abschreibungen und anderer Sonderposten für den Konzernumbau sank der Vorsteuergewinn auf 4,0 Mrd. Euro.

Diese Investitionen seien bewusst in das Jahr 2010 gelegt worden, bestätigte Ackermann: "Jetzt ist die Deutsche Bank bereit für starkes Wachstum". Mit der Übernahme von Sal Oppenheim und der Postbank verbessere sich die Ertragskraft im stabilen Privatkundengeschäft, gleichzeitig werde die Investmentbanking-Sparte durch eine starke Säule gestärkt. Das kommt bei den Analysten gut an, die schon lange das Ungleichgewicht zwischen Privatkundengeschäft und Investmentbanking bemängelt hatten.

Das Image

Josef Ackermann hat hart an seinem Bild in der Öffentlichkeit gearbeitet.

Josef Ackermann hat hart an seinem Bild in der Öffentlichkeit gearbeitet.

(Foto: dpa)

Doch nicht nur mit dem Umbau der Konzernsparten, die sich quasi in der abgeschlossenen Renovierung der Frankfurter Zwillingstürme manifestiert, kommt Ackermann voran, sondern auch mit dem Wandel seiner eigenen Öffentlichkeitswirkung. Die Verbindung seines Namens mit den Adjektiven arrogant, ignorant und geldgierig ist zwar immer noch schlagzeilenträchtig, dennoch hat Josef Ackermann in den vergangenen Jahren mit Erfolg an seinem Image gearbeitet. In zahlreichen Interviews gab der Schweizer Einblicke in seine Arbeitsweise und sein Privatleben und versuchte, Missverständnisse auszuräumen. Als er kurz nach der Veröffentlichung eines historisch großen Verlustes der Deutschen Bank bei dem Neujahrsempfang 2009 einen Kollaps erlitt, änderte sich das öffentliche Bild vom kühl kalkulierenden Manager zu dem eines Konzernchefs, der den hauseigenen Slogan "Leistung aus Leidenschaft" verinnerlicht hatte.

In der Finanzkrise äußerte er sich zudem nicht nur als einer der ersten zur "Subprime"-Krise, sondern positionierte sich als Sachverständiger und Berater der Politik. "Josef Ackermann hat sich seit 2006 vom meistgehassten Manager Deutschlands zum Vordenker und Hoffnungsträger entwickelt", schrieb der "Tagesspiegel" im Frühjahr 2008. Ob Wirtschaftsgipfel in Davos oder G20-Gipfel in Seoul: Ackermann ist zur Stelle, um Staats- und Regierungschefs bei der Suche nach Wegen aus der Finanzkrise zu helfen.

Die Zukunft

Der Anteil der Aktionäre in Deutschland ist dem Manager eindeutig zu klein.

Der Anteil der Aktionäre in Deutschland ist dem Manager eindeutig zu klein.

(Foto: dpa)

Wenn der 62-Jährige im Jahr 2013 seinen Vorstandssitz räumt, will er nicht nur ein gut aufgestelltes Haus hinterlassen, sondern einen Global Player. Dafür sprechen nicht nur die angepeilten Milliardengewinne, sondern vor allem das Engagement des Instituts in den boomenden Schwellenländern. Besonders in Asien will die Deutsche Bank weiter wachsen. "Nach 3,1 Mrd. Euro im Jahr 2010 erwarten wir für dieses Jahr Erträge von mindestens vier Mrd. Euro", hieß es auf der Pressekonferenz. "Wir haben alles dazu, was wir brauchen: Die Lizenzen, die Talente, die Beziehungen."

Was fehlt, ist ausgerechnet der fehlende Glaube der Deutschen in ihre Bank, der sich in einer Kennziffer manifestiert: Der Marktkapitalisierung. Ein Manko, das Ackermann auf Nachfrage unumwunden einräumt. Die Bank stehe jetzt bei etwa 40 Mrd. Euro, der Aktienkurs sei heute immerhin zeitweise um zwei Prozent gestiegen, vielleicht helfe dies ein bisschen, erklärt der Manager. "Wir wollen hier unter den ersten zehn Banken sein, wir sind unter den ersten 30 und fragen uns jeden Tag, warum dies so ist."

Es mangele hierzulande an einer Aktionärskultur, erklärt Ackermann und weist auf die jüngsten Zahlen des Deutschen Aktieninstituts hin. Demzufolge ist die Zahl der Aktionäre in Deutschland im zweiten Halbjahr 2010 auf rund 8,2 Millionen gesunken, der niedrigste Stand seit mehr als zehn Jahren. Zudem hinkt Deutschland dem Institut zufolge mit einem Aktionärsanteil von 12,6 Prozent an der Gesamtbevölkerung im internationalen Vergleich stark hinterher. So verbuchen die Niederlande einen Anteil von 30 Prozent, Japan 27,7 und die USA 25,4 Prozent. Deutschland fehlten die Pensionsfonds, stattdessen gebe es nur die großen Anlagegesellschaften, die immerhin über reichlich Deutsche-Bank-Aktien verfügten, erklärte Ackermann. "Schön wäre es natürlich, wenn wir wesentlich mehr Privatanleger hätten. In der Schweiz ist jede vermögende Familie gleichzeitig Großaktionärin bei den großen Schweizer Unternehmen wie beispielsweise Nestle. Ich hätte gerne viele vermögende deutsche Familien, die bei uns investieren."

Die Nachfolge

Die Aussicht auf weibliche Gesellschaft auf dem Podium amüsiert den Konzernchef.

Die Aussicht auf weibliche Gesellschaft auf dem Podium amüsiert den Konzernchef.

(Foto: dpa)

Dass Josef Ackermann die deutsche Aktionärskultur noch ändern kann, bevor sein Vertrag ausläuft, ist wenig wahrscheinlich. Und möglicherweise wird sich die deutsche Öffentlichkeit auch mit dem kolportierten Kronprinzen Anshu Jain schwer tun. Denn der indisch-stämmige Manager leitet die besonders misstrauisch beäugte Investmentsparte der Deutschen Bank, lebt in London und frustriert die Medien damit, dass er partout nicht preisgibt, ob er nun mittlerweile deutsch spricht oder nicht. Die richtige Identifikationsfigur an der Konzernspitze?

Ackermann will seine Nachfolge nicht diskutieren und beantwortet auch keine Fragen nach dem Anforderungsprofil. "Damit Sie alle mitsuchen können? Das ist ein Gemeinschaftswerk von Aufsichtsratschef Clemens Börsig und mir und wir machen das sehr seriös."

Eine Frau als Nachfolgerin kann sich Ackermann aber wohl nicht vorstellen. Nach den viel diskutierten Frauenquoten befragt, äußerte der Manager Erleichterung, dass Bundeskanzlerin Merkel keine gesetzlichen Regelungen befürwortet. "Die Deutsche Bank ist ohnehin stark interessiert daran, Frauen zu fördern", betonte Ackermann, konterkarierte sein Statement aber gleich mit der augenzwinkernden Bemerkung, dass es "irgendwann sicher auch auf diesem Podium farbiger und in diesem Sinne schöner werde". Dem hatten seine lachenden Sitznachbarn auf dem Podium nichts hinzuzufügen.

Es sind in vielerlei Hinsicht, positiv wie negativ, große Fußstapfen, die der Schweizer in Deutschland hinterlassen wird. Doch er selbst wird am Ende vermutlich stolz zurückblicken und vielleicht einen Weg als neuer Banken-Weiser einschlagen.

Quelle: ntv.de

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