Tauziehen um Milliardenauftrag Air Force unterläuft grober Patzer
21.11.2010, 09:47 UhrDas fade Dauertauziehen um den Milliardenauftrag des US-Verteidigungsministeriums für den Bau von Tankflugzeugen für die US-Luftwaffe erhält plötzlich neue Würze. Der Air Force unterläuft beim Vergabeverfahren ein peinlicher "Beamtenfehler". Ein Mitarbeiter vertauscht die vertraulichen Papiere von Boeing und Airbus.
In dem bereits fast zehnjährigen Dauerstreit um einen US-Tankerauftrag zwischen Boeing und Airbus kommt es überraschend zu einem äußerst bizarren Vorkommnis: Die Air Force habe durch einen "Beamtenfehler" beide Konkurrenten versehentlich mit Details über die Offerte des jeweils anderen versorgt, berichteten US-Medien unter Berrufung auf einen Air Force-Sprecher.Die peinliche Panne bei der US-Luftwaffe könnte die Vergabe des Jahrhundert-Auftrages für neue Tankflugzeuge an die Unternehmen nochmals verzögern.
Experten befürchten, dass der fast ein Jahrzehnt währende Streit über den Auftrag zwischen dem US-Flugzeugbauer Boeing und seiner europäischen Erzrivalin, der Airbus-Mutter EADS, nun erneut aufflammt. Eine endgültige Bieterfrist endete eigentlich bereits im Juli. Die nächste Frist wurde vor Weihnachten gesetzt. Auch diese Frist wird nun - wie es heißt - verstreichen.
Der "unglückliche Fehler" sei vor zwei Wochen passiert, sagte der Sprecher der US-Luftwaffe, Les Kodlick, der "Seattle Times". Ein zuständiger Beamter sei mit Computerdateien durcheinandergeraten und habe den Kontrahenten wichtige Daten über die Preisvorstellungen des Mitbewerbers geschickt. Damit könnten beide ihre Preise für die 179 ausgeschriebenen Tankflugzeuge mit einem geschätzten Wert von 35 Mrd. US-Dollar (25 Mrd. Euro) an das Gebot des anderen anpassen.
Pentagon verschiebt Entscheidung
Kodlick betonte, dass die Panne zwar keinen Einfluss auf den Zeitpunkt der Auftragsvergabe habe. Allerdings werde der geplante Termin am 20. Dezember aus anderen Gründen nicht zu halten sein, sagte er, ohne nähere Angaben zu machen. Als neuen Termin nannte er "Anfang kommenden Jahres". In einigen Punkten brauche die Entscheidung über die Wahl zwischen den Anbietern Boeing und Airbus "mehr Zeit als vorhergesehen",
Analysten halten ernsthafte Konsequenzen für möglich, weil beide Unternehmen ihre Angebote mit dem neuen Wissen noch einmal kräftig überarbeiten könnten, schreibt die Zeitung weiter.
Unklar sei, ob Airbus und Boeing die versehentlich verschickten Daten tatsächlich ausgewertet hätten, sagte Kodlick weiter. "Beide Anbieter haben den Fehler sofort bemerkt und die Air Force kontaktiert." Dennoch sei der Vorfall "unentschuldbar", befand die demokratische US-Senatorin Maria Cantwell, die wie andere Kongressabgeordnete sofort über den Fehler informiert worden sei. "Die sensiblen Daten sind auch für US-Verkäufe von Militärequipment ins Ausland sehr wichtig."
Dauertauziehen seit 2003
Um das Geschäft mit der US-Luftwaffe gibt es schon lange Streit. Eine erste Ausschreibung hatte 2003 Boeing gewonnen, in einem zweiten Verfahren setzten sich EADS mit dem Partner Northrop Grumman durch. Beide Vergabeverfahren wurden allerdings annulliert, der Auftrag jeweils neu ausgeschrieben. Boeing und Airbus reichten im Juli neue Angebote ein, eine Entscheidung sollte erst im November, dann im Dezember fallen.
Die Air Force muss 534 Tanker und Frachter ersetzen. Das verspricht langfristig ein Geschäft von 100 Mrd. US-Dollar. Zunächst geht es um 68 Maschinen und undatierte Folgeaufträge für 111 Flugzeuge.
Quelle: ntv.de