Wirtschaft

Zwei beleidigte Flugzeugbauer Airbus feiert WTO-Erfolg

"Schädliche Subventionen" und ihre "negativen Folgen": Wer mit einem Finger auf jemand anderen zeigt, deutet mit drei Fingern auf sich selbst.

"Schädliche Subventionen" und ihre "negativen Folgen": Wer mit einem Finger auf jemand anderen zeigt, deutet mit drei Fingern auf sich selbst.

(Foto: dpa)

Im bislang teuersten Handelsstreit der Weltgeschichte darf die Öffentlichkeit ein Urteil bestaunen, nach dem sich beide Seiten als klarer Sieger fühlen. Formal gibt die Welthandelsorganisation WTO den Europäern recht, allerdings nicht in allen Punkten. Boeing triumphiert - und rechnet Airbus die Subventionen vor.

Eine Boeing 747-8 Intercontinental auf dem Rollfeld in Frankfurt.

Eine Boeing 747-8 Intercontinental auf dem Rollfeld in Frankfurt.

(Foto: dpa)

Im Milliarden-Subventionsstreit zwischen den weltgrößten Flugzeugbauern Airbus und Boeing muss der US-Konzern eine schwere juristische Niederlage hinnehmen: In einem Berufungsverfahren der Welthandelsorganisation (WTO) bekommt Brüssel recht. Das WTO-Gremium erklärte, durch US-Subventionen für Boeing sei dem Konkurrenten ein "gravierender Nachteil" entstanden. Die WTO hatte der EU bereits vor einem Jahr teilweise recht gegeben.

Allerdings ist es kein Sieg auf ganzer Linie. Airbus konnte sich in dem Streit um staatliche Unterstützung längst nicht in allen Punkten durchsetzen. Dass die Rivalen den seit 2004 andauernden Konflikt nun beilegen, ist unwahrscheinlich. Beide präsentierten sich nach der Urteilsverkündung in Genf als Sieger.

Im Kern hielt die Berufungskammer der Welthandelsorganisation allerdings ein vor knapp einem Jahr gefälltes Urteil aufrecht. Danach haben die US-Amerikaner erhebliche illegale Zuwendungen vom Staat erhalten. Die WTO-Entscheidung bestätige die seit Langem von der EU vertretene Auffassung, "dass Boeing massive US-Regierungshilfe bekommen hat und heute noch bekommt", sagte EU-Handelskommissar Karel de Gucht in Genf. "Die Kosten für die EU-Industrie, die durch diese langfristigen Subventionen verursacht wurden, belaufen sich auf Milliarden von Dollar."

Die EU erwarte jetzt, dass Washington die WTO-Entscheidung akzeptiere, so de Gucht weiter, und "diese schädlichen Subventionen oder ihre negativen Folgen zurücknimmt."

Dem Flugkapitän ist der Streit vollkommen egal: Werkspilot Ed Wilson freut sich über das Cockpit des Dreamliners.

Dem Flugkapitän ist der Streit vollkommen egal: Werkspilot Ed Wilson freut sich über das Cockpit des Dreamliners.

(Foto: AP)

Im ihrem Urteil vom 31. März 2011, auf das sich die jetzige Entscheidung bezieht, hatte die WTO festgestellt, dass Boeing nicht erlaubte staatliche Beihilfen in Höhe von 5,3 Mrd. Dollar (4,0 Mrd. Euro) erhalten habe. Von dieser Summe ging nun auch die Revisionskammer aus und erklärte, sie bestätige die Auffassung der EU, dass diese Regierungszuwendungen für den US-Konzern zwischen 1989 bis 2006 Airbus erheblich geschadet hätten. In den Jahren danach von Boeing erhaltene Subventionen würden sich zudem schätzungsweise auf mindestens 3,1 Mrd. Dollar belaufen.

Zugleich aber wies die Berufungsinstanz die Auffassung von Airbus zurück, dass gewisse Steuererleichterungen für Boeing eine Form von illegaler Subventionierung gewesen seien. Zuvor hatte die WTO in dem weltweit größten juristischen Wirtschaftskampf teilweise auch Boeing recht gegeben und europäische Finanzhilfen für Airbus gerügt.

Wie viel Hilfe ist erlaubt?

Es sei nun aber bestätigt worden, dass Boeing gewährte "Cash-Zuwendungen" illegal gewesen seien, "während das System von Krediten für Airbus durch europäische Regierungen legal ist und fortgesetzt werden darf", meinte Airbus-Sprecher Rainer Ohler in seiner Interpretation des Urteils. Anders als die Boeing-Beihilfen müssten die Kredite für Airbus zur Anschubfinanzierung bei der Entwicklung neuer Flugzeugtypen vereinbarungsgemäß zurückgezahlt werden. Bei Boeing soll das nicht der Fall gewesen sein. "Heute wurde klar, dass Boeing nun wesentliche Veränderungen vornehmen muss, um das WTO-Urteil zu befolgen."

Der US-amerikanische Flugzeugbauer sah sich hingegen in seiner Haltung bestätigt, dass "die Hilfe der US-Regierung für Boeing minimal ist im Vergleich zu den massiven europäischen Subventionen für Airbus".

Der US-Handelsbeauftragte Ron Kirk erklärte: "Die Entscheidung ist ein gewaltiger Sieg für die amerikanischen Hersteller und Arbeiter." Für die europäischen Regierungen sei es nun an der Zeit, "aus dem Weg zu gehen und Airbus und Boeing unter gleichen Bedingungen gegeneinander antreten zu lassen".

Die allgemeinen Subventionen für Boeing seien nur ein Sechstel so groß wie die für Airbus mit 18 Mrd. Dollar gewesen, erklärte der US-Konzern an seinem Hauptsitz in Chicago. Zudem habe die Berufungsinstanz den Vorwurf der EU, dass Airbus durch die Boeing-Subventionen Geschäfte durch die Lappen gegangen seien, großteils abgeschmettert.

Boeing sei gezwungen, "mit einer ganzen Flotte an subventionierten Airbus-Flugzeugen konkurrieren." Der US-Hersteller wirft der Gegenseite vor, bis heute falsch zu spielen. Erst jüngst hätten die europäischen Regierungen Airbus Milliarden an Anschubfinanzierung für den in der Entwicklung befindlichen Langstreckenflieger A350 bewilligt. Die A350 ist das Konkurrenzmodell zum bereits gestarteten Boeing 787 "Dreamliner".

An den Börsen zeigten sich die Anleger insgesamt weitgehend unbeeindruckt von der WTO-Entscheidung: An der New Yorker Börse konnte die Boeing-Aktie zeitweise ein knappes Prozent zulegen, während die Papiere des Airbus-Mutterkonzerns EADS schwach blieben und in Frankfurt ein gutes Prozent im Minus schlossen.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa

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