Wirtschaft

A350 XWB im Tiefflug Airbus überfliegt Deutschland

Fliegende Job-Garantie im europäischen Flugzeugbau: Die A350 über Bremen.

Fliegende Job-Garantie im europäischen Flugzeugbau: Die A350 über Bremen.

(Foto: dpa)

Premiere am Himmel über der Hansestadt: Airbus entsendet eine seiner Testmaschinen vom Typ A350 zum Rundflug über Norddeutschland. Im diesigen Novemberlicht warten Hunderte Schaulustige auf die Sonderflugschau mit dem nagelneuen Hoffnungsträger.

Die Testpiloten "grüßen" Hamburg: Die A350 XWB über dem Airbus-Werksflughafen in Finkenwerder.

Die Testpiloten "grüßen" Hamburg: Die A350 XWB über dem Airbus-Werksflughafen in Finkenwerder.

(Foto: dpa)

Erstmals hat Airbus einen Prototypen des neuen Langstreckenflugzeugs A350 XWB im Rahmen eines grenzüberschreitenden Erprobungsflugs auch durch den Luftraum über Norddeutschland, Großbritannien und Frankreich geschickt.

Gut fünf Monate nach dem erfolgreichen Jungernflug brach eine Vorserienmaschinen zu einer mehrstündigen Rundreise auf, die sie über mehrere europäische Länder führen sollte. Der zweistrahlige Großraumjet stattete dabei unter anderem auch den deutschen Airbus-Standorten einen Besuch ab.

Die Maschine mit der internen Kennung "MSN1" flog vom Werksflughafen bei Toulouse aus über Westfrankreich in Richtung britische Insel und legte nach einer Schleife über den dortigen Airbus-Werken einen Abstecher zu den deutschen Niederlassungen des multinationalen Konzerns in Bremen, Stade und Hamburg-Finkenwerder ein.

EADS
Airbus 45,20

Airbus kündigte den Besuch "als Zeichen der Dankbarkeit und Anerkennung für die Leistung der Mitarbeiter an den verschiedenen Standorten in Europa" an. Um auch Flugzeugfans vor Ort eine Chance zu geben, das neue Prestigemodell persönlich in Augenschein zu nehmen, veröffentlichte der Hersteller die voraussichtlichen Überflugzeiten vorab im Internet.

Verneigung mit der Flügelspitze

Um die Erwartungen am Boden zu erfüllen, musste die Crew aus den beiden Testpiloten Thierry Bourges und Jean-Christophe Lair mit ihrer Ingenieurs-Crew einen exakt bemessenen Flugplan einhalten: Gegen 14.15 Uhr sollte die Testmaschine am Donnerstag über Bremen zu ihrem ersten "Überflug" im deutschen Luftraum ansetzen. Bereits 35 Minuten später stand ein fliegerisches Begrüßungsmanöver über Hamburg an, und weitere 25 Minuten später sollte die Maschine am Standort Stade zum Vorbeiflug einschweben.

Extra angereiste Beobachter wurden nicht enttäuscht: Mit eingefahrenem Fahrwerk, gedrosselten Triebwerken und leuchtenden Landescheinwerfern zog MSN1 in niedriger Höhe vor teils wolkenverhangenem Himmel im langsamen Vorbeiflug über die Köpfe der zahlreichen Schaulustigen hinweg.

Zeitlich fiel die Flugvorführungen mit einem bundesweiten Aktionstag bei der Airbus-Mutter EADS zusammen, zu dem die IG Metall an den rund 30 deutschen Niederlassungen des Luft- und Raumfahrtkonzerns aufgerufen hatte. Nach Gewerkschaftsangaben kamen insgesamt rund 20.000 Beschäftigte dem Aufruf nach, um gegen den angekündigten Stellenabbau zu protestieren. Der Flugzeugbau ist von den Kürzungsplänen dagegen nicht betroffen.

Für Airbus ließ sich die öffentlichkeitswirksame Show-Vorführung recht einfach in die derzeit laufende Flugerprobungsphase integrieren. Auf dem Weg zur vollen Serienproduktion verbringen die A350 ohnehin noch reichlich Zeit in der Luft.

Bis zur Verkehrszulassung durch die Aufsichtsbehörden auf beiden Seiten des Atlantiks muss die A350 ein umfangreiches Testflugprogramm ableisten. Vorgeschrieben sind insgesamt mehrere tausend Flugstunden, bei der neben dem allgemeinen Flugverhalten und dem alltagsnahen Betrieb auch die Belastbarkeit in extremen Fluglagen getestet werden.

Voll im Zeitplan

Bislang haben die beiden Prototypen MSN1 und MSN3 aus der A350-Testflotte bereits mehr als 120 Testflügen mit insgesamt rund 600 Flugstunden problemlos überstanden. Mit dem Einstieg in die Langstreckentests kommt die derzeit wichtigste Neuentwicklung des europäischen Flugzeugbauers dem nächsten Etappenziel einen großen Schritt näher: Die A350 XWB soll nach bisheriger Planung spätestens Ende 2014 einsatzbereit sein. Damit kommt der neue Hoffnungsträger deutlich früher auf den Markt als das voraussichtlich gefährlichste Konkorrenzprodukt: Die Erstauslieferung der 777x von Boeing ist nach derzeitigem Stand für das Jahr 2020 geplant.

Die Auftragsbücher sind gut gefüllt: Noch vor Beginn der eigentlichen Serienfertigung liegen Airbus bislang 764 feste Bestellungen von 39 verschiedenen Fluglinien vor. Gebaut wird der neue Jet - wie bei Airbus üblich - dezentral: Neu bei der A350-Produktion ist, dass Airbus die einzelnen Bauteile bereits an den Zuliefer-Standorten fertig ausrüsten lässt - und nicht erst in der Toulouser Endmontage. Das soll den Produktionsprozess beschleunigen und wertvolle Zeit bis zur Auslieferung sparen.

25 Maschinen für die Lufthansa

"Fahrwerk und Flugzeugsysteme werden anders als bei laufenden Airbus-Serienprogrammen parallel zur Montage von Rumpf, Flügeln und Leitwerk und mit den ersten Arbeiten zur Kabinenausrüstung installiert", heißt es dazu bei Airbus. "Die Funktionsprüfungen können so beim A350 XWB-Programm früher beginnen als bei den anderen Programmen."

Erst kürzlich konnte Airbus bei der Luftfahrtmesse in Dubai mit der A350 neue Erfolge am Markt feiern. Die drei größten Abnehmer sind Emirates und Singapore Airlines mit jeweils 70 Maschinen sowie Qatar mit insgesamt 80 vorbestellten A350. Die Deutsche Lufthansa hat für ihre Flotte bislang 25 der neuen Airbus-Jets geordert.

Die Begeisterung der Airbus-Mitarbeiter für das Flugzeug mit den großen Triebwerken und der charakteristischen Bugpartie kommt nicht von ungefähr: Die Hintergründe zum Herstellungsprozess erklären, warum viele sich die Werksflugschau nicht entgehen lassen wollten. Denn wenn bis zur Auslieferung alles nach Plan klappt und es nicht - wie bei vergleichbaren Fällen - zu Verzögerungen kommt, dann bestehen gute Chancen, dass die A350-Produktion an den verschiedenen Airbus-Standorten in Europa direkt oder indirekt den Fortbestand von mehreren zehntausend Arbeitsplätzen sicherstellen könnte.

Quelle: ntv.de

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