Hoffnungsschimmer am Horizont? Alle äußern Zuversicht
30.07.2011, 23:29 Uhr
Boehner (l) und McConnell versuchen, Optimusmus zu verströmen.
(Foto: AP)
Tagelang sah es im US-Finanzdrama düster aus. Republikaner und Demokraten blockierten sich gegenseitig. Jetzt gibt es offenbar Hoffnung auf einen Durchbruch in praktisch letzter Minute. Die Katastrophe der Zahlungsunfähigkeit könnte doch noch abgewendet werden. Angesichts der verfahrenen Lage sehen sich die USA auch zunehmend internationaler Kritik ausgesetzt.
Erstmals seit Tagen gibt es wieder einen Hoffnungsschimmer auf eine Einigung im US-Finanzstreit. Republikanerführer im Kongress sprachen nach einem Treffen mit Präsident Barack Obama von einem baldigen Durchbruch im Streit um die Erhöhung des US-Schuldenlimits.
"Ich bin mir sicher, dass wir in allernächster Zeit eine Lösung finden", meinte der Fraktionschef der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, in Washington. Auch der Republikanerführer im Abgeordnetenhaus, John Boehner, äußerte sich optimistisch. Es werde keine Zahlungsunfähigkeit der USA geben.
Jetzt müssten ernsthafte Verhandlungen beginnen, hieß es. Allerdings blieben Einzelheiten, wie ein Deal aussehen könnte, noch unklar. Zuvor hatten sich Republikaner und Demokraten über Tage im Parlament gegenseitig blockiert. Die beiden demokratischen Kongressführer, Harry Reid und Nancy Pelosi, trafen sich am Samstag im Weißen Haus mit Obama.
Die Zeit wird knapp: Sollte es bis Dienstag keine Einigkeit über eine Anhebung der Schuldenschwelle von 14,3 Billionen Dollar (zehn Billionen Euro) geben, droht erstmals in der Geschichte die Zahlungsunfähigkeit der USA.
Kritik an der USA wächst
Vor allem in China wächst der Unmut angesichts dieser verfahrenen Situation. In zunehmend schärferen Worten wird den USA Egoismus vorgeworfen. Der Umgang mit der Schuldenkrise sei "unverantwortlich" und "unmoralisch", kritisierte so die Zeitung "Renmin Ribao" in einem Leitartikel. Die US-Abgeordneten seien bereit, "für ein paar Wählerstimmen" die Interessen Dritter zu opfern. Angesichts der Wahlen im kommenden Jahr seien die Folgen des Streits für die ganze Welt und sogar die für die USA selbst völlig aus dem Blick geraten.
"Farce auf politischer Bühne"
Der Kommentator sieht die Ursache des Übels im politischen System der USA. "Das Wahlsystem hat die Handlungsfreiheit des Präsidialamts eingeschränkt", konstatierte er. "Die Farce, die sich in den USA auf der politischen Bühne abspielt, zeigt der ganzen Welt, wo die politischen Probleme der Vereinigten Staaten liegen." Das Blatt repräsentiert nicht die offizielle Position der Kommunistischen Partei Chinas, spiegelt aber häufig Debatten in hochrangigen Regierungskreisen wider. China ist der größte Gläubiger der USA.
Auch aus Deutschland sind kritische Stimmen zu hören. Die deutsche Exportwirtschaft warnt die amerikanische Politik wegen des Schuldenstreits vor einem dramatischen Vertrauensverlust in der Welt. Als wirtschaftliche Supermacht hätten die USA eine besondere Verantwortung: "Dagegen verstoßen sie massiv. Man kann nicht aus wahltaktischen Spielchen heraus die ganze Weltwirtschaft, das ganze Finanzsystem so an den Abgrund heranführen", kritisierte der Präsident des Bundesverbands Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Anton Börner. "Da habe ich null Verständnis, da bin ich sprachlos. So kann man nicht mit der Weltgemeinschaft umspringen."
Viele Wege aus dem Schlamassel
Obama hatte am Samstag erneut zum Kompromiss aufgerufen. "Die Parteien liegen nicht so weit auseinander", sagte er in seiner traditionellen Wochenendbotschaft. "Es gibt viele Wege aus diesem Schlamassel... Aber die Zeit ist sehr knapp." Er hoffe, dass ihm am Dienstag ein Gesetzentwurf vorliege, dem er zustimmen könne.
Zuvor hatten sich Demokraten und Republikaner gegenseitig die Schuld an der seit Tagen anhaltenden Blockade zugeschoben. Die Republikaner verabschiedeten am Freitagabend im Abgeordnetenhaus einen Gesetzentwurf, der nur Stunden später vom Senat abgelehnt wurde. Dagegen lehnte das Haus einen Antrag des demokratisch beherrschten Senats ab.
Zwar näherten sich beide Seiten in der Frage der notwendigen Einsparungen immer mehr an. Ein Streitpunkt war aber die Frage, um welche Höhe das Schuldenlimit verhöht werden sollte. Obama will vermeiden, dass das Limit im Wahljahr 2012 erneut heraufgesetzt werden muss. Er fürchtet, eine erneute Schuldendebatte könnte ihm vor den Wahlen schwer schaden.
Unterdessen bereitet sich das Finanzministerium auf den Fall des Scheiterns vor. Oberste Linie: Schulden und Zinsen sollen auf alle Fälle bezahlt werden. Nach einem Bericht der "Washington Post" können auch die zum Monatsbeginn anfallenden Sozialhilfe-Leistungen noch gezahlt werden. Doch bereits in wenigen Tagen "verliert die Regierung ihre Fähigkeit, allen Zahlungen nachzukommen".
Die Lage ist ernst. Mehrere Ratingagenturen drohen im Falle einer Zahlungsunfähigkeit mit schweren Konsequenzen. Experten fürchten unabsehbaren Folgen für die gesamte Weltwirtschaft.
Quelle: ntv.de, ddi/dpa/AFP/rts