Freie Bahn für ACS-Offerte Angst bei Hochtief geht um
30.11.2010, 13:36 UhrDer Bauriese Hochtief steht mit dem Rücken zur Wand. Nachdem die Börsenaufsicht grünes Licht für das Angebot der spanischen ACS für eine feindliche Übernahme gegeben hat, kann dem Konzern nur noch ein weißer Ritter helfen. Weil der aber nicht in Sicht ist, laufen sich die Arbeitnehmervertreter schon einmal für den Kampf um möglichst viele Arbeitsplätze warm.

Köpfezählen bei Hochtief: Gewerkschafter befürchten einen Abbau von Arbeitspläzen bei einer Übernahme des Bauriesen.
(Foto: dpa)
Der spanische Baukonzern ACS greift endgültig nach dem Essener Rivalen Hochtief. Zuvor hatte die Börsenaufsicht BaFin das feindliche Angebot der Spanier freigegeben. Am Mittwoch will ACS die Offerte an die Hochtief-Aktionäre öffentlich machen. An den bereits bekannten Bedingungen soll sich dabei nichts verändern. Um der Übernahme doch noch zu entkommen, gehen der Hochtief-Führung langsam aber sicher die Alternativen aus.
Die Gewerkschaft IG Bau gibt den Kampf bereits verloren und appellierte an ACS, sich an gegebene Zusagen zu halten. "Hochtief darf nicht zerschlagen werden und die Arbeitsplätze müssen erhalten bleiben", betonte der IG-Bau-Bundesvorsitzende Klaus Wiesehügel. "Mit der Entscheidung der BaFin sind die Würfel gefallen", sagte Wiesehügel. "Wir müssen jetzt nach vorne denken. Es nützt niemandem, sich enttäuscht zurückzuziehen und nichts zu tun." Nach der BaFin-Erlaubnis wird Hochtief das ACS-Angebot prüfen und will dann eine Empfehlung an die Aktionäre abgeben.
Angebot unter Börsenpreis
Der von Real-Madrid-Präsident Florentino Perez geführte Bau- und Infrastrukturkonzern ACS hält bereits knapp unter 30 Prozent an Hochtief und will aufstocken. ACS hatte ein Angebot zum Tausch von je fünf Hochtief- in acht ACS-Aktien angekündigt, das die BaFin der Nacht zum Dienstag nach langen Verhandlungen abgesegnet hat. Es ist nach den Schlusskursen vom Montag rund 3,8 Milliarden Euro schwer. Die Offerte ist für die Hochtief-Aktionäre indes unattraktiv, weil sie unter den Kursen der Hochtief-Aktie rangiert. Sie könnte jedoch ACS helfen, die Schwelle von 30 Prozent der Anteile knapp zu überspringen. Damit könnten die Spanier nach und nach aufstocken, ohne ein Pflichtangebot abgeben zu müssen, das die Spanier voraussichtlich teurer kommen würde.
Hochtief-Chef Herbert Lütkestratkötter sucht seit Wochen nach Möglichkeiten, ACS abzuwehren. Er fürchtet, dass ACS Hochtief zerschlagen könnte und damit Werte für die Anteilseigner zerstört. Unter anderem legte er ein Wertsteigerungsprogramm vor, um den Kurs der Hochtief-Aktien in die Höhe zu treiben. Der Versuch blieb vergeblich. Zudem wollte er ACS auch zu einem Übernahmeangebot für die australische Hochtief-Tochter Leighton zwingen, um den Kauf für den unter Milliarden-Schulden leidenden spanischen Angreifer zu verteuern. Die australische Übernahmekommission schmetterte einen entsprechenden Antrag von Hochtief aber ab. Zudem wird Finanzkreisen zufolge eine Wandelanleihe oder eine Kapitalerhöhung geprüft, um ACS den Zugriff zu erschweren. Auch nach einem "weißen Ritter", also einem Ankerinvestor, der dem spanischen Anteilseigner eine Übernahme verleiden würde, sucht Hochtief seit Wochen ohne Erfolg. Lütkestratkötter riet den Hochtief-Aktionären nun zur Ruhe. Sie sollten vor einer Entscheidung die Hochtief-Stellungnahme abwarten. "Sie haben Zeit", betonte er.
Zugeständnisse eingefordert
Am späten Montagabend hatte die BaFin ihr Plazet zu den Angebotsunterlagen von ACS gegeben, weil diese nach Einschätzung der Aufseher in Übereinkunft mit den gesetzlichen Anforderungen stehen. Aktien von Hochtief und ACS reagierten mit einem Kursplus auf die Entscheidung.
ACS hatte das freiwillige Übernahmeangebot im September angekündigt, seit dem 12. November hatten die deutschen Aufseher die Unterlagen unter die Lupe genommen. Im Laufe ihrer Prüfung verlangte die BaFin von ACS erhebliche Nachbesserungen. So bestand die Behörde auf einer Kapitalerhöhung bei ACS, damit der Konzern genug Aktien für den Fall vorrätig hat, dass zahlreiche Hochtief-Aktionäre auf das Tauschangebot eingehen. Dies gilt aber als eher theoretische Möglichkeit, da die Offerte für die Hochtief-Aktionäre unattraktiv ist. Mitte November hat sich ACS jedoch eine Kapitalerhöhung um bis zu 50 Prozent genehmigen lassen.
Darüber hinaus forderte die BaFin, dass gegenüber ACS zum Ablauf der weiteren Annahmefrist keine gerichtliche Verfügung bestehen darf, welche die Durchführung der Kapitalerhöhung verhindert. Für ACS ist das ein Problem, weil ACS-Kleinaktionäre in Spanien gegen die Kapitalerhöhung geklagt haben. Im Umfeld des spanischen Konzerns werden ihnen aber geringe Chancen auf Erfolg eingeräumt.
Quelle: ntv.de, nne/rts