Wirtschaft

Inside Wall Street Angst verdrängt gute Nachrichten

Politischer Alltag: In Sachen Haushalt und Gesundheit wartet auf Präsident Obama das alljährliche Hickhack.

Politischer Alltag: In Sachen Haushalt und Gesundheit wartet auf Präsident Obama das alljährliche Hickhack.

(Foto: REUTERS)

Eigentlich müsste die Wall Street in Rekordlaune sein. Die Unternehmen melden ordentliche Zahlen und bringen ihre Produkte, etwa das iPhone, gut an den Mann. Doch drei Dinge verderben den Börsianern die Kauflaune.

Die Immobilienpreise stabilisieren sich, Apple setzt das neue iPhone im Rekordtempo ab, die Quartalssaison verlief ganz vernünftig, ein Krieg in Syrien ist zunächst vom Tisch, und das Oracle-Team gleicht im America's Cup der besten Segler aus. Was will man mehr – und doch: An den amerikanischen Börsen geht es seit Tagen bergab.

Es ist kein ganz neues Problem, dass tagesaktuelle Nachrichten den Markt nicht mehr dominieren. Dass sie am Handel aber ganz abprallen, kommt doch selten vor. Doch ganz so sieht es dieser Tage aus. Gute Nachrichten, egal, woher sie kommen, beeindrucken keinen mehr, selbst kleine Kursgewinne sind nicht mehr drin. Denn Unsicherheit bedrückt die Anleger. Es geht um drei Punkte, allesamt sind direkt an Washington geknüpft.

Da wäre zum einen die politische Seite. Im Kongress streitet man über den Haushalt und die Schuldendecke. Beides haben Beobachter schon einmal erlebt – man hat schlechte Erinnerungen an das Kasperltheater, mit dem die Republikaner den politischen Betrieb lahmzulegen versuchen. Den Haushalt will man nur verabschieden, wenn Obamacare fällt. Das wird nicht passieren, auch wenn die Störenfriede von rechts von weitere vierzig Mal gegen den gesundheitspolitischen Meilenstein stimmen. Ja, sie haben bereits vierzig Mal erfolglos für eine Abschaffung der Gesundheitsreform gestimmt, immer mit dem gleichen Misserfolg.

Geradezu absurd ist, dass der Gegenentwurf, den die Republikaner zu Obamas Haushalt vorgelegt haben, sämtliche Einsparungen enthält, die von Obamacare abfallen. Würde man die Gesundheitsreform abwürgen, wäre die eigene Vorlage hinfällig.

Solche Details sind den Republikanern traditionell egal, auch in Bezug auf die Schuldendecke. Die muss in den nächsten Wochen wieder einmal angehoben werden, denn die US-Regierung muss Mittel aufnehmen, um anfallende Ausgaben zu finanzieren. Es geht dabei wohlgemerkt nicht um Geld, das Präsident Obama ausgeben möchte, sondern um Mittel, über deren Verwendung der Kongress bereits beschlossen hat. Die Republikaner wehren sich erneut dagegen, ihren Verpflichtungen nachzukommen – erneut riskieren sie eine Herabstufung der amerikanischen Kreditwürdigkeit, wie sie bereits vor zwei Jahren hohe Kosten verursacht und den Börsen einen Schock versetzt hatte.

Experten gehen davon aus, dass sich die Abgeordneten in beiden Kammern des Capitols irgendwie in letzter Minute einigen – doch den Börsen verschafft das keine Ruhe. Zumal es noch einen dritten Punkt gibt, der Investoren beunruhigt: Die künftige Politik der Notenbank ist völlig unklar. War der Markt zuletzt fest davon ausgegangen, dass die Fed demnächst ihre Staatsanleihen-Käufe zurückfahren würde, gab es am Donnerstag das Umkehrsignal. Das sogenannte "tapering" sei zunächst nicht geplant – die Börse war geschockt. Einen Tag später dann ein neues Signal: Der Chef der regionalen Notenbank in St. Louis hält "tapering" ab Oktober für möglich. Nach dem Wochenende hieß es wiederum aus New York: Die US-Wirtschaft ist zu schwach, als dass die Fed ihre Unterstützung drosseln könnte. Soviel hin und her in einer Zeit, in der das Organ nach einem neuen Chef sucht und das Hickhack in der Hauptstadt ohnehin nicht hektischer sein könnte.

Anlegern ebenso wie Händlern auf dem New Yorker Parkett ist völlig unklar, warum es von der Fed keine klare Linie gibt. Nichts fürchtet der Markt so sehr wie Unsicherheit, und zur Zeit kommt diese von drei Seiten – kein gutes Zeichen für die nächsten Tage.

Quelle: ntv.de

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