Anleihen aus Litauen und Ungarn Anleger wenden sich ab
28.11.2011, 13:34 Uhr
Misstrauen erfasst den Kapitalmarkt: Die Staatsfinanzierung braucht neue Ideen.
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Die Lage am Kapitalmarkt wird für europäische Staaten immer schwieriger: Nach der Aufregung um mangelndes Interesse an Staatsanleihen aus Deutschland stoßen weitere Länder auf Schwierigkeiten. Ungarn bleibt auf einem Teil seiner Schuldscheine sitzen. Litauen bricht eine laufende Auktion mangels Nachfrage ab. Italien muss kräftig draufzahlen.
Litauen ist am Montag mit einer Anleihe-Auktion gescheitert. Die Nachfrage bei der Auktion sei zu gering gewesen, teilte das Finanzministerium des osteuropäischen Landes mit. Das Land habe aber genügend finanzielle Rücklagen, um seine Verpflichtungen zu erfüllen.

Schlangen vor einer Filiale der Latvijas Krajbanka im lettischen Riga: Der Mutterkonzern aus dem Nachbarland im Süden ist am Ende.
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Litauen ist Teil der Europäischen Union, aber nicht Mitglied der Eurozone. In der vergangenen Woche hatte das Land die Auktion einer zehnjährigen Staatsanleihe abgesagt. Grund sei die Nervosität der Investoren angesichts der schlechten Stimmung an den europäischen Märkten gewesen, hatte das Finanzministerium erklärt. Die Nervosität sei nach der Verstaatlichung der Snoras-Bank in der vorigen Woche noch gestiegen.
Zentralbankpräsident Vitas Vasiliauskas hatte angekündigt, dass die viertgrößte Bank des Landes abgewickelt wird. Die Snoras-Bank war nach schweren Betrugsvorwürfen bereits verstaatlicht worden. Die Zentralbank hat das Geldinstitut für pleite erklärt und dem Haus die Lizenz entzogen. Ein Gericht soll nun das Insolvenzverfahren einleiten, erklärte Vasiliauskas. Im benachbarten Lettland steht die Latvijas Krajbanka vor der Schließung, an der die Snoras-Bank die Mehrheit hielt.

Begrenzter "Bank-Run" in Vilnius: Aufseher vermuten kriminelle Machenschaften bei Snoras. Mit der Schuldenkrise hat das wenig zu tun.
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Finanzministerin Ingrida Simonyte versicherte, die Bankschließung habe keinerlei Auswirkungen auf den Haushalt. "Wir haben keine Pläne, die Neuverschuldung zu erhöhen oder den Internationalen Währungsfonds um Hilfe zu bitten." Die Guthaben der Bank reichten aus, um den Kunden ihr Geld auszuzahlen. Das Muster dürfte Anleger beunruhigt haben: Die in der Krise plötzlich notwendig gewordene Unterstützung für taumelnde Banken hatte zuvor die finanzielle Lage in Ländern wie Spanien oder Irland verschärft. Eigner der Snoras-Bank waren bis zur Verstaatlichung der russische Geschäftsmann Wladimir Antonow und sein litauischer Partner Raimondas Baranauskas. Beide werden wegen Betrugs und Urkundenfälschung mit EU-weitem Haftbefehl gesucht.
Ladenhüter in Budapest
Die allgemeine Zurückhaltung der Investoren am europäischen Kapitalmarkt trifft auch : Das wirtschaftlich angeschlagene EU-Land an der Donau brachte bei seiner Schatzwechsel-Auktion zu Wochenbeginn ein geringeres Volumen am Markt unter als geplant. Ungarn ist nicht Mitglied der Währungsgemeinschaft.
Statt der geplanten 50 Mrd. Forint an sogenannten "Liquidity T-Bills" wurden nur Titel im Wert von 35 Mrd. Forint verkauft. Nachdem die Ratingagentur Moody's in der vergangenen Woche die Bonitätsnote des Landes um eine Stufe auf "Ba1" gesenkt hatte, musste Ungarn zudem höhere Zinsen zahlen. Auktionen von "Liqudity T-Bills" mit Laufzeiten von etwa sechs Wochen finden nicht regelmäßig statt, sondern können bei Bedarf kurzfristig angesetzt werden.
Teuer für Rom, riskant für den Markt
Auf Schwierigkeiten traf erneut auch das hochverschuldete Euro-Land Italien. Bei einer Auktion italienischer Staatsanleihen musste Rom den Investoren erneut mehr als 7 Prozent Zinsen bieten, um dringend benötigtes Kapital aufzutreiben. Trotzdem blieb die Nachfrage unter den Erwartungen.

Ganz schön teuer: Rom bindet sich über 12 Jahre an einen Kreditzins von mehr als 7 Prozent.
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Bei einer Emission sogenannter inflationsindexierter Anleihen mit einer Laufzeit bis 2023 lag die Rendite bei 7,3 Prozent, wie das Finanzministerium in Rom mitteilte. Die Schwelle von 7 Prozent gilt als kritisch, weil die Euro-Länder Griechenland, Irland und Portugal beim Erreichen dieser Renditeniveaus gerettet werden mussten.
Bei inflationsindexierten Anleihen hängen die jährlichen Zinszahlungen von der Teuerung ab. Insgesamt brachte die vergleichsweise kleine Auktion dem italienischen Staat 567 Mio. Euro ein. Geplant war eine Kreditaufnahme bis zu 750 Mio. Euro. Es war die erste Emission vergleichbarer Anleihen seit März 2010. Die aktuelle Nachfrage war mit einer Überzeichnung von 2,16 recht robust.
Kein Geld vom IWF
Zuvor hatte der (IWF) einen Pressebericht über angebliche Milliarden-Hilfe für das Italien zurückgewiesen. Der IWF "befindet sich nicht in Diskussionen mit der italienischen Regierung über ein Finanzierungsprogramm", teilte ein Sprecher des Währungsfonds mit.
Die Turiner Tageszeitung "La Stampa" hatte am Sonntag mit Bezug auf informierte Kreise in Washington berichtet, der IWF könne Italien mit einem Volumen von bis zu 600 Mrd. Euro unterstützen. Mit der Milliarden-Hilfe soll die neue Regierung von Mario Monti bei der Durchsetzung der notwendigen Reformen entlastet werden.
Italien, das nach Griechenland den höchsten Schuldenstand der Eurozone aufweist, steht seit Monaten im Visier der Finanzmärkte und leidet unter einer internationalen Glaubwürdigkeitskrise. Der italienische Regierungschef und Wirtschaftsfachmann Monti will Medienberichten zufolge am 5. Dezember mit Beratungen über erste Maßnahmen gegen den Krisenstrudel beginnen.
Quelle: ntv.de, DJ/rts