Umstrittener ThyssenKrupp-Umbau Arbeitnehmer drohen mit Nein
10.05.2011, 19:10 Uhr
Der Konzern steckt in schwierigen Verhandlungen.
(Foto: picture alliance / dpa)
ThyssenKrupp stößt mit seinen Umbauplänen auf Widerstand. Die Arbeitnehmervertreter des Aufsichtsrat wollen ohne Zusagen zur Arbeitsplatzsicherung gegen den Verkauf der Edelstahlsparte stimmen. Derzeit sprechen Betriebsrat und IG Metall mit der Konzernspitze.
Die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat von ThyssenKrupp haben Vorstandschef Heinrich Hiesinger mit einer Ablehnung seiner milliardenschweren Umbaupläne gedroht. "Der Konzern will die Edelstahlsparte verkaufen. Ohne vorherige Zusagen werden die Arbeitnehmer nicht zustimmen", sagte ein Aufsichtsratsmitglied der Nachrichtenagentur Reuters. Die Arbeitnehmer würden die Pläne auf der Sitzung des Kontrollgremiums am Freitag nur billigen, wenn die Arbeitsplätze gesichert seien. ThyssenKrupp lehnte eine Stellungnahme dazu ab. Der Mischkonzern setzt traditionell auf ein Einvernehmen mit den mächtigen Arbeitnehmervertretern.
Am Dienstag setzten sich Vertreter des Betriebsrats und der IG Metall mit der Konzernführung zusammen. "Die Verhandlungen sind schwierig", verlautete aus Kreisen der Arbeitnehmervertreter. Beide Seiten seien sich in der ersten Runde noch nicht näher gekommen. "Wir wollen für die Zustimmung zu den Plänen am Freitag rasche Zusagen der Konzernführung haben." Bislang habe das Management keine belastbaren Zusagen zu den Forderungen gemacht.
Hiesinger hat angekündigt, Unternehmensbereiche mit einem Umsatz von insgesamt rund zehn Mrd. Euro zu verkaufen - etwa ein Viertel der gesamten Erlöse des Konzerns. Betroffen sind neben der Edelstahlsparte Geschäfte in der Zulieferung für die Automobilindustrie. Damit will der ehemalige Siemens-Manager die Verschuldung von knapp sechs Mrd. Euro senken und sich Spielraum für Investitionen in Wachstumsbereiche verschaffen. Von den Plänen sind etwa 35.000 der fast 180.000 Beschäftigten betroffen.
Arbeitnehmervertreter offener
Die Arbeitnehmervertreter haben sich offen gegenüber den Überlegungen für einen Umbau gezeigt, drängen aber auf Zugeständnisse. "Sichere Standorte, sichere Arbeitsplätze, sicheres Einkommen", lautete die Forderung des Betriebsrats in der Sparte Stainless Global. "Die Eigenständigkeit der Stainless bietet Chancen, die wir nutzen wollen. Sie enthält Risiken, die wir begrenzen wollen", heißt es in einem Reuters vorliegenden Schreiben an die Beschäftigten. ThyssenKrupp hat offen gelassen, ob es die Edelstahlsparte verkauft oder an die Börse bringt. Der Betriebsrat fordert die "Schaffung eines neuen eigenständigen Unternehmens, das weltweit erfolgreich im Markt bestehen kann".
Zwar könnte der Aufsichtsrat mit der Stimme des Vorsitzenden Gerhard Cromme die Pläne Hiesingers auch gegen die Stimmen der Arbeitnehmervertreter durchsetzen. Dies wäre aber kein guter Start für Hiesinger, der Ende Januar die Nachfolge des langjährigen Konzernschefs Ekkehard Schulz angetreten hatte. In der Vergangenheit hatten Arbeitnehmervertreter und Arbeitgeber bei Umstrukturierungen stets eine gemeinsame Lösung angestrebt.
Unmut bis in höchste Kreise
Der geplante Umbau bei ThyssenKrupp hat bereits für Unmut in den höchsten politischen Kreisen gesorgt. Auf seiner Lateinamerika-Reise sagte Bundespräsident Christian Wulff in letzter Minute seine Besichtigung des neuen ThyssenKrupp-Stahlwerks in der Nähe von Rio de Janeiro ab und begründete dies mit den "kurzfristig angekündigten Umstrukturierungen des Konzerns mit noch nicht absehbaren Auswirkungen".
Besonders die Tatsache, dass er von dem Konzern nicht vorab über die einschneidenden Maßnahmen informiert worden war, verärgerte den Bundespräsidenten. Das Werk an der Sepetiba-Atlantikbucht ist mit deutlich über fünf Milliarden Euro die teuerste Investition in der Geschichte des Konzerns.
Quelle: ntv.de, sla/rts