Wirtschaft

Entscheidung am Montag? Arcandor bangt um Hilfe

Die Zukunft des angeschlagenen Karstadt-Mutterkonzerns Arcandor wird sich voraussichtlich am Montag entscheiden. Nach Informationen aus Regierungskreisen kommt dann der Lenkungsausschuss des Bundes zusammen, um über die beantragte Staatshilfe zu befinden.

Ganz Deutschland wird Zeuge, wie ein Konzern ums Überleben kämpft.

Ganz Deutschland wird Zeuge, wie ein Konzern ums Überleben kämpft.

(Foto: AP)

Nur mit dieser Bürgschaft könnte sich Arcandor mit seinen über 50.000 Mitarbeitern in Deutschland nach Aussage von Vorstandschef Karl-Gerhard Eick vor der Insolvenz retten. Eine Empfehlung wird vom Lenkungsrat erwartet, der sich einer mit der Situation vertrauten Person zufolge am Freitag trifft.

Eick buhlt derzeit in Berlin um eine Bürgschaft über 650 Mio. Euro und einen Kredit der Förderbank KfW über 200 Mio. Euro. Nur mit dieser Unterstützung wollen die Banken - allen voran Commerzbank, RBS und BayernLB - das Gesamtfinanzierungskonzept mittragen. 960 Mio. Euro müssen refinanziert werden, der Großteil bis zum 12. Juni. Weitere 900 Mio. Euro will Eick in den Konzernumbau stecken. Ein Arcandor-Sprecher sagte, auf Arbeitsebene werde auch mit Brüssel gesprochen, um eine Entscheidung über die Bürgschaft abzusichern.

In der Politik ist umstritten, ob Arcandor die Voraussetzungen für Staatshilfe erfüllt. Bundeskanzlerin Angela Merkel dämpfte Hoffnungen auf eine Rettung nach dem Vorbild von Opel. "Ich sehe keinen zweiten solchen Fall." Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg warnte erneut vor "vorauseilenden Heilsversprechen". Entscheidungen über Staatshilfen müssten sich generell streng am vorgeschriebenen Verfahren und an den Kriterien orientieren. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück sprach sich dafür aus, "das Für und Wider solide und ermessensfehlerfrei" abzuwägen. SPD-Chef Franz Müntefering hatte für Hilfe plädiert.

Eick sperrt sich gegen Cook-Verkauf

In seinen Finanzierungsbedarf hat Arcandor bereits Verkäufe eingerechnet. Der Konzern will sich von acht Karstadt-Filialen, einer Sports-Filiale sowie den drei Premium-Häusern in Berlin, Hamburg und München trennen. Für KaDeWe, Alster-Haus und Oberpollinger gebe es eine "Handvoll" Interessenten "sowohl aus dem Inland wie auch aus dem Ausland", sagte der Sprecher. "Unter Druck werden wir allerdings nicht verkaufen".

Zur Disposition stehen auch die Quelle-Shops und -Technikcenter. An Thomas Cook will Eick nicht rütteln. Derzeit sei der größte Gewinnbringer nur unter Wert zu verkaufen. Ohnehin seien die Cook-Anteile an die Banken verpfändet, die aber nicht auf einen Verkauf drängten. Politiker hatten gefordert, vor Staatshilfen auf das Vermögen der Eigentümer zurückzugreifen.

Ideen, aus der Not heraus geboren

Die Großaktionäre entwickeln neue Ideen, um die Staatshilfe zu sichern. Finanzkreisen zufolge könnten die Privatbank Sal. Oppenheim und ein Pool um die Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz dem Staat ihre Aktienpakete als Sicherheit zur Verfügung stellen. Auch die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtete vorab über einen solchen Vorstoß. Arcandor und die Aktionäre um Schickedanz wollten sich dazu nicht äußern.

Nicht Teil des in Berlin vorgelegten Arcandor-Konzepts ist die mit dem Rivalen Metro anfänglich diskutierte Warenhaus AG aus Kaufhof und Karstadt. Eick betonte, zur Staatsbürgschaft gebe es keine privatwirtschaftliche Alternative.

Die Fusions-Idee lehne er nicht grundsätzlich ab. Jedoch sei Metro-Chef Eckhard Cordes nicht bereit, Arcandor Geld zu geben, Schulden zu übernehmen und wolle auch nicht die Zentralverwaltung. Dennoch gibt es einen neuen Gesprächstermin zwischen Eick und Cordes, wie der Arcandor-Sprecher sagte.

Alle Register

Die Gewerkschaft Verdi hat für Mittwoch rund 3000 Beschäftigte zu einer Kundgebung vor der Zentrale der Arcandor-Versandhandelstochter Primondo in Nürnberg aufgerufen. Konzernbetriebsratschef Hellmut Patzelt bat Bundeskanzlerin Angela Merkel, Finanzminister Peer Steinbrück und SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier in einem Brief um einen persönlichen Gesprächstermin.

Quelle: ntv.de, rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen