Mit neuem Investor Arcandor wirbt um Hilfe
28.05.2009, 21:28 UhrDer Touristik- und Handelskonzern Arcandor wirbt im Ringen um die überlebenswichtige Staatshilfe mit der Unterstützung seiner Eigner und einem neuen Investor.
Der Touristik- und Handelskonzern Arcandor wirbt im Ringen um die überlebenswichtige Staatshilfe mit der Unterstützung seiner Eigner und einem neuen Investor. Sollte Arcandor das beantragte Geld erhalten, seien die Großaktionäre zu einer Kapitalerhöhung über 100 Mio. Euro bereit, sagte Konzernchef Karl-Gerhard Eick in einem Interview mit der "Wirtschaftswoche".
Mit der italienischen Mediobanca sei zudem ein neuer Geldgeber gefunden, der 40 Mio. Euro der Gesamtsumme tragen wolle, so Eick weiter. Vermieter, Zulieferer und andere Partner hätten im Falle einer Bürgschaft Unterstützung in der Größenordnung von 250 Mio. Euro zugesagt. Eick räumte zugleich ein, dass es mit dem Handelskonzern Rewe einen ersten Kontakt bezüglich der Reisetochter Thomas Cook gegeben habe. Gespräche seien aber nicht zu Stande kommen.
Der Bürgschaftsausschuss des Bundes hat an diesem Donnerstag über den Antrag von Arcandor, die 650 Mio. Euro Staatshilfe und einen Kredit der staatlichen Förderbank KfW über 200 Mio. Euro haben wollen, beraten. Die Gespräche seien konstruktiv verlaufen, sagte Arcandor-Sprecher Gerd Koslowski nach dem Ende der Sitzung. Zu Details wollte er keine Angaben machen. Eine Entscheidung war nicht erwartet worden, der Bürgschaftsausschuss ist nur das erste Gremium, das sich mit dem Antrag befasst.
Arcandor, die schon seit längerem mit Problemen kämpfen, sehen ihre derzeit schwierige finanzielle Situation der Finanzkrise geschuldet. Mit einer Neuausrichtung, die zusätzlich bis zu 900 Mio. Euro kosten soll, will Eick den Konzern wieder auf solide Beine stellen. Die drei Luxuswarenhäuser stehen ebenso zur Disposition wie die Quelle-Filialen und andere Geschäfte. Karstadt soll sich auf Menschen mittleren Einkommens konzentrieren und die 55- bis 65-Jährigen zusätzlich ins Visier nehmen.
Eine endgültige Entscheidung über Staatshilfen muss der Lenkungsausschuss treffen. Ein Sitzungstermin ist noch nicht bekannt. Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hatte aber am Vortag eine zügige Prüfung des Antrags zugesagt. Die Zeit drängt, denn bereits bis zum 12. Juni muss Arcandor zwei Kredite in Höhe von 650 Mio. Euro refinanzieren.
Konkurrenten gegen eine Bürgschaft
Konkurrenten wie Metro sprechen sich gegen eine Bürgschaft für Arcandor aus, weil der Essener Konzern ihrer Ansicht nach nicht durch die Finanzkrise in die Schieflage geraten ist. Metro hat zugleich einen Poker um die Karstadt-Warenhäuser gestartet. Eick bekräftigte seine Kritik an dem Rivalen, auf eine Pleite von Arcandor zu setzen. Metro-Chef Eckhard Cordes wolle die Bürgschaft verhindern und "zum Nulltarif die Teile übernehmen, die interessant sind. Wenn Sie so wollen, will er seinen Kaufhof mit Karstadt sanieren". Ein Metro-Sprecher verwies darauf, dass sich der Gewinn vor Steuern und Zinsen (Ebit) von Kaufhof von 2006 bis 2008 um rund 40 Prozent verbessert habe, während sich der Ebit-Verlust von Karstadt um das 20fache erhöht habe. "Offenbar wurden in der Wahrnehmung von Arcandor Minus- und Plus-Zahlen verwechselt."
Metro erneuerte dennoch sein Gesprächsangebot zur Rettung der angeschlagenen Karstadt-Warenhäuser. Ziel sei es, möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten. Ein erstes Sondierungsgespräch für eine "Deutsche Warenhaus AG" gab es vergangene Woche. Ein für den gestrigen Mittwoch anberaumtes Treffen hatte Eick mit Rücksicht auf die Beratungen beim Bund jedoch abgesagt.
Die Spekulation auf eine Insolvenz von Arcandor ist laut Eick wohl auch der Grund, warum bislang mit Rewe kein Gespräch über die Cook-Mehrheitsbeteiligung zustande gekommen sei. Rewe hatte Interesse an der Ertragsperle signalisiert, die im Zuge von Verhandlungen zur Umschuldung von Arcandor im Herbst kurzfristig auf der Verkaufsliste gestanden hatte. Vor einigen Wochen habe es nur ein kurzes Telefonat mit Rewe gegeben, "da wurde auf einen späteren Zeitpunkt verwiesen", so Eick. Ein Verkauf von Cook wäre "theoretisch tatsächlich die einzige privatwirtschaftlich gangbare Lösung" gewesen. Derzeit sei aber kein angemessener Preis zu erzielen. "In normalen Zeiten wären 1,3 bis 1,4 Milliarden Euro Verkaufserlös drin gewesen... Wenn ich jetzt verkaufe, kriege ich nicht mal die Kredite getilgt."
Quelle: ntv.de, rts