JP Morgan verzockt Milliarden Ärger in mächtigster US-Bank
14.05.2012, 20:35 Uhr
"Ina Drew war eine klasse Partnerin in all den Jahren", sagt JP Morgan-Chef Dimon.
(Foto: REUTERS)
Sie verdient 2011 mehr als 15 Mio. Dollar und damit mehr als so mancher Bankboss. Doch Ina Drew fällt ein Milliardendebakel ihrer zu verantwortenden Sparte auf die Füße und die einflussreiche JP-Morgan-Angestellte muss ihren Stuhl räumen. Drews Abgang trifft auch Bankchef Jamie Dimon hart: "Sie war eine klasse Partnerin in all den Jahren." Das Weiße Haus fühlt sich indes bestätigt.
JP Morgan Chase zieht aus einem milliardenschweren Spekulationsverlust Konsequenzen: Nach mehr als 30 Jahren im Unternehmen habe Ina Drew entschieden, die Bank zu verlassen, erklärte Amerikas mächtigstes Geldhaus. Ihr Abgang war erwartet worden - und es dürften weitere folgen.
Drew leitete seit 2005 das sogenannte Chief Investment Office. Händler dieser Sparte hatten binnen sechs Wochen rund 2 Mrd. Dollar verzockt (1,5 Mrd. Euro) und damit die Reputation des Kreditinstituts schwer beschädigt. Drew wurde vorgeworfen, die drohende Gefahr nicht erkannt zu haben.
Erfolg für Weißes Haus
Das Weiße Haus wertete die Entwicklung als Beweis dafür, wie richtig es gewesen sei, dass Präsident Barack Obama die Wall-Street-Reform durchgesetzt habe - und wie wichtig es sei, die Bankenregulierungen auch voll umzusetzen. Seit der Verabschiedung hätten Lobbyisten Abermillionen Dollar für den Versuch ausgegeben, die Reform zu verwässern, sagte Obamas Sprecher Jay Carney.
Er verwies darauf, dass Obama mit dem Gesetz darauf abgezielt habe, Durchschnittsbürger vor den Folgen leichtsinnigen Bankenverhaltens zu schützen. Im Fall JP Morgan seien es die Teilhaber und die Bank selbst, die Verluste hinnehmen müssten. "Deshalb ist es so wichtig, dass wir uns den den Bestrebungen von Republikanern und Wall-Street-Lobbyisten widersetzen, sie (die Regulierungen) rückgängig zu machen", sagte Carney.
"Eine klasse Partnerin"
Für Bankchef Jamie Dimon wiegt der Abgang schwer: Die 55-Jährige war eine der mächtigsten Frauen an der Wall Street und galt als seine Vertraute. Im vergangenen Jahr kassierte sie ein Gehalt von 15,5 Mio. Dollar - mehr als so mancher Bankboss. Auch nach ihrem Ausscheiden dürften ihr Millionen zustehen.
"Ina Drew war eine klasse Partnerin in all den Jahren", sagte Dimon, der nach Informationen von US-Medien bis zuletzt gezögert hatte, die Karrierebankerin gehen zu lassen. Ihre Leistungen sollten nicht von den jüngsten Spekulationsverlusten überschattet werden, sagte Dimon. Drew hatte mitgeholfen, die Bank fast ohne Blessuren durch die Finanzkrise zu steuern.
Peinliches Eingeständnis
Nachfolger von Drew wird der bisher fürs Anleihegeschäft zuständige Matt Zames. Der ehemalige Finanzchef Mike Cavanagh wird überdies ein Team leiten, dass eine Strategie gegen die Spekulationsverluste erarbeiten soll. Denn die problematischen Finanzwetten laufen weiter. Konzernchef Dimon hatte bereits eingeräumt, dass die Bank noch mehr Geld verlieren könnte.
Wie das «Wall Street Journal» und die "New York Times" unter Berufung auf eingeweihte Personen berichteten, wird auch damit gerechnet, dass der Leiter des Londoner Wertpapier-Handels und ein Händler gehen. Die Londoner Niederlassung von JP Morgan hatte mit ihren Spekulationen das Desaster heraufbeschworen.
Der "Wal von London"
Nach Angaben des "Wall Street Journal" dürfte überdies Bruno Iksil die Bank verlassen. Der ebenfalls in London stationierte JP Morgan-Händler erlangte in der Finanzwelt Berühmtheit, weil er ein derart großes Rad mit sogenannten Derivaten drehte, dass der gesamte Kreditmarkt verzerrt wurde. In der Branche bekam er den Spitznamen "Wal von London" verpasst.
JP Morgan-Chef Dimon hatte den Milliardenverlust eingeräumt. Am Freitag war der Aktienkurs um 9 Prozent eingebrochen, nun gab er um weitere 3 Prozent nach. Das ist für Dimon besonders peinlich, weil am Dienstag die Hauptversammlung ansteht und er seinen Aktionären Rede und Antwort stehen muss. Dimon versicherte, "dass unsere Firma stark und finanziell gut ausgestattet ist."
Für eine Bank von der Größe JP Morgans ist der Verlust des Geldes nicht das eigentliche Problem. Das Problem ist der Imageschaden. Dimon ist unter den Wall-Street-Größen der wortgewaltigste Gegner einer strengeren Bankenregulierung. "Das ist eine ziemlich unglückliche Zeit für einen solchen Fehler", räumte Dimon in einem am Sonntag ausgestrahlten Interview mit dem US-Sender NBC ein. Politiker in Washington forderten übers Wochenende mit Nachdruck strengere Auflagen für die Branche.
Quelle: ntv.de, dpa/DJ