Wirtschaft

Troika reichen Einsparungen nicht Athen will mit Steuer-CD kassieren

Griechenlands Finanzminister Stournaras erfährt aus der Zeitung von der Schweizer Steuer-CD.

Griechenlands Finanzminister Stournaras erfährt aus der Zeitung von der Schweizer Steuer-CD.

(Foto: AP)

Die griechische Regierung vollzieht in ihrer Finanznot eine Kehrtwende bei der Jagd auf Steuerflüchtlinge: Mit Hilfe einer Steuerdaten-CD aus der Schweiz sollen Steuerhinterzieher überführt werden, um so Geld in die leeren Kassen zu bringen. Unter Protesten der Bevölkerung nimmt derweil die Troika ihre Kontrollen wieder auf und kommt dabei offenbar rasch zu einem kritischen Urteil.

Die Regierung in Athen will Steuerkriminellen das Handwerk legen und dazu eine offenbar gestohlene Steuerdaten-CD aus der Schweiz auswerten. Griechenland räume der Identifizierung von Steuerhinterziehern mit Hilfe der CD "Priorität" ein, sagte Finanzminister Giannis Stournaras der "Financial Times". Er habe erst aus den Zeitungen von der CD erfahren, führte der Minister aus. Sollte der Datenträger nicht mehr aufzutreiben sein, werde Griechenland seine "europäischen Partner" um eine Kopie bitten.

Noch vor zwei Wochen hatte der stellvertretende Finanzminister Giorgos Mavraganis dem Parlament mitgeteilt, dass Griechenland die Daten nicht benutzen werde, weil es sich sonst um "Industriespionage" handele. Die Liste von Kontodaten war offenbar von einem Mitarbeiter der Bank HSBC in der Schweiz entwendet worden. Bereits 2010 sagte der damalige griechische Finanzminister Giorgos Papaconstantinou der "FT", er habe von der damaligen französischen Finanzministerin Christine Lagarde die CD erhalten. Diese habe er überprüft und an griechische Steuerermittler weitergeleitet.

Stournaras sagte in der vergangenen Woche, dass derzeit gegen mehr als 30 Politiker und Behördenleiter wegen Steuerbetrugs ermittelt werde. Deren Namen waren von der Presse veröffentlicht worden, woraufhin der griechische Parlamentspräsident Evangelos Meimarakis vorübergehend seinen Posten niederlegen musste.

Troika meldet Bedenken an

Noch nicht überzeugt: Vertreter von EU, EZB und IWF.

Noch nicht überzeugt: Vertreter von EU, EZB und IWF.

(Foto: REUTERS)

Die Troika kehrte derweil nach Athen zurück, um die Sparvorhaben der griechischen Regierung unter die Lupe zu nehmen. Laut einem Insider mit sehr guten Verbindungen zur Troika haben die Inspektoren von EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds Kürzungsvorschläge in Höhe von 2 Mrd. Euro abgelehnt, weil sie ihnen zu vage erschienen. Finanzminister Giannis Stournaras sprach nach einem anderthalbstündigen Treffen mit den Troika-Vertretern davon, die Troika fordere einige "Klarstellungen".

Im Umfeld der Troika klingt die Skepsis gegenüber den Sparvorhaben Griechenlands deutlicher: "Dieses Mal müssen die Vorschläge solide und geprüft sein. In der Vergangenheit haben die Alternativen niemals die Ergebnisse gebracht, die sie bringen sollten", sagte die mit den Vorgängen vertraute Person. Die internationalen Kreditgeber hätten die Nase voll von leeren Vorschlägen.

Die abgelehnten Kürzungsvorschläge betreffen laut dem Insider die potenziellen Einsparungen im öffentlichen Dienst und Kürzungen bei den Bauern. Bereits im Vorfeld des Treffens hieß es aus dem Finanzministerium, einer der wichtigsten Streitpunkte sei, dass die Troika auf eine sofortige Entlassung von 15.000 Staatsbediensteten poche. Athen dagegen plant eine Art Frührente für diese Menschen.

Ein positiver Bericht der Troika-Experten ist Voraussetzung für die Auszahlung einer nächsten Hilfstranche an das pleitebedrohte Euro-Land von 31,5 Mrd. Euro. Wann der Abschlussbericht vorliegen wird, ist weiter unklar.

Keine Kehrtwende

Dass es mit Griechenland auch im kommenden Jahr nicht aufwärts gehen wird, hat die Regierung mit ihrem Haushaltsentwurf indirekt selbst eingestanden. Für das laufende Jahr erwartet sie einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 6,5 Prozent und für das kommende Jahr ein Minus von 3,8 Prozent. Der Entwurf wurde am Nachmittag dem Parlament vorgelegt.

Die Arbeitslosigkeit wird sogar noch weiter steigen und 2013 bis zu 24,7 Prozent erreichen. Die Mannschaft von Ministerpräsident Antonis Samaras hofft, im nächsten Jahr trotzdem die Verschuldung auf 4,2 Prozent der Wirtschaftsleistung drücken zu können. Das entspricht rund 8 Mrd. Euro an neuen Krediten. Im laufenden Jahr soll die Budgetlücke bei 6,6 Prozent gedeckelt werden.

Die neuen Zahlen und die harte Haltung der Inspektoren macht die Situation für Premier Samaras noch schwieriger, weil die Bevölkerung den Druck auf der Straße wieder erhöht hat. Für die kommenden beiden Jahre muss er die Ausgaben in nennenswertem Umfang zusammenstreichen. Die Summe der nötigen Sparmaßnahmen wird unterdessen immer größer. Nach 11,5 Mrd. Euro bis vor einigen Wochen ist nun von 13,5 bis 14,5 Mrd. Euro die Rede, wie die griechische Presse berichtete.

Quelle: ntv.de, nne/AFP/dpa

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