Papademos und die Parteien Athens Probleme an der Spitze
06.02.2012, 13:36 Uhr
Vier Männer entscheiden ihr Schicksal: Laos-Chef Giorgos Karatzaferis, ND-Chef Antonis Samaras, Premier Papademos und Pasok-Chef Giorgos Papandreou (v.l.n.r.).
(Foto: REUTERS)
Lucas Papademos steht zwischen allen Fronten: Er muss Griechenland aus der Krise führen und dabei nicht nur die internationalen Geldgeber zufriedenstellen. Auch innenpolitisch ist es für den Regierungschef ein Ritt auf der Rasierklinge.
Gefühle zeigt er fast nie und er ist stets höflich: Lucas Papademos spricht deutlich, langsam und trifft dabei das Thema meist genau auf den Punkt. Der 64-jährige ist seit November an der Spitze der Regierung des vom Bankrott bedrohten Griechenland. Seitdem macht er ganz eigene Erfahrungen mit den Spitzenpolitikern, die seine Regierung unterstützen.
Eigentlich sollen alle zusammen das Land vor der Pleite retten. Doch die Politiker haben auch Hintergedanken. Sie müssen sich positionieren mit Blick auf die Wahlen, die nach einem erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen zum Schuldenschnitt und dem neuen Hilfsprogramm stattfinden sollen. Das weiß auch Papademos: Als Volkswirt, ehemaliger Notenbanker und ausgewiesener Finanzexperte muss er jetzt politische Tugenden beweisen - und zwischen den unterschiedlichsten Interessen moderieren.
Samaras muss mitreden
Da ist zum Beispiel der konservative Chef der bürgerlichen Nea Dimokratia (ND), Antonis Samaras. Sein Ziel ist es zu zeigen, dass Athen - seit er praktisch mitregiert - auch ein Wort bei den Verhandlungen um die Sparprogramme mit der EU und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) mitsprechen kann. "Es wird erstmals verhandelt", betont der 60-Jährige stolz. Seit Beginn der Krise hatte er immer wieder gesagt: "Das Medikament ist schlimmer als die Krankheit." Die Überdosis an Sparmaßnahmen würge die Wirtschaft ab.
Wie aber Wachstum entstehen soll, wenn die reichen Griechen und ihre Banken nicht investieren und das Geld ins Ausland schaffen, kann Samaras nicht sagen. Heute zweifelt jedoch niemand mehr daran, dass die Überdosis schädlich ist. Selbst die EU nicht, die eine eigene Expertengruppe nach Griechenland entsandt hat. Diese sucht unter anderem Wege, wie man im Land investieren und die Wirtschaft ankurbeln kann. Samaras gilt als schwieriger Gesprächspartner. In den letzten Wochen wirkt er mürrisch und hat oft einen Gesichtsausdruck, als hätte man ihn gerade schwer beleidigt. "Der Mann will unbedingt Ministerpräsident werden", sagt ein altgedienter griechischer Journalist.
Papandreou: Der müde Ex
Papademos hat auch mit dem Sozialisten und früheren Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou zu tun: Der hatte das Land bis November 2011 regiert. Aus der Krise konnte er es jedoch nicht führen. Papandreou wirkt müde, die Haare des 59-Jährigen sind grauer geworden, tiefe Falten zeichnen seine Stirn.
Umfragen prophezeien, dass seine Partei die Panhellenische Sozialistische Gesamtbewegung (Pasok) bei den neuen Wahlen einen Einbruch erleben könnte. Papandreou will nach eigenen Angaben bald den Weg für einen neuen Mann an der Spitze der Sozialisten frei machen. Als aussichtsreichster Kandidat gilt der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos.
Karatzaferis: Der Laos-Faktor
Und dann ist da noch der Chef der kleinen rechtsgerichteten ultrakonservativen Völkischen Orthodoxen Gesamtbewegung (Laos), Giorgos Karatzaferis. Er präsentiert sich als der Beschützer des Volkes. Nie werde er Maßnahmen akzeptieren, die die Griechen "verelenden" werden, beteuert der 64-Jährige. Das werde zu "Revolutionen" führen, die sich wie ein "Lauffeuer" in Europa breitmachen werde. Worte, die für viele an andere Zeiten erinnern.
Zwischen diesen Fronten manövriert Papademos seit November die griechische Regierungspolitik. Und manchmal lässt er durchsickern, dass er nicht zögern werde zurückzutreten, sollten die drei Spitzenpolitiker seine Politik nicht unterstützen. "Wenn eine der großen Parteien nicht mitmacht, dann hat's keinen Sinn", sagt ein enger Mitarbeiter des Regierungschefs immer wieder.
Schon gibt es Stimmen und Spekulationen, dass Papademos an der Spitze einer neuen Partei erscheinen könnte, sollte ihm der große Wurf im Kampf gegen die Krise gelingen. Hinter den Kulissen soll es bereits erste Bewegungen in diese Richtung geben. "Aber das Land ist noch nicht gerettet. Zeit für neue Parteien gibt es immer - nur Griechenland selbst hat keine Zeit", hieß es in einem Radiokommentar.
Quelle: ntv.de, Takis Tsafos, dpa