Wirtschaft

Teure Zinswetten BGH verurteilt Deutsche Bank

Die Deutsche Bank muss mehr als eine halbe Million Euro Schadenersatz für spekulative Zinswetten zahlen. Das Finanzinstitut habe seinen Kunden über die hohen Risiken der Anlage nicht genügend aufgeklärt, entschied der Bundesgerichtshof. Das Urteil dürfte Bedeutung für zahlreiche weitere Klagen von Mittelständlern und Kommunen gegen Banken haben.

(Foto: dpa)

Die Deutsche Bank ist in einem Verfahren um den Verkauf riskanter Zinsswaps an mittelständische Unternehmen erstmals höchstrichterlich zu Schadenersatz verurteilt worden. Der Karlsruher Bundesgerichtshof (BGH) entschied zugunsten des hessischen Hygienetechnik-Unternehmens Ille, das mit den Swaps mehr als eine halbe Million Euro verloren hatte.

Dem betroffenen mittelständischen Unternehmen stehen laut BGH nun 541.000 Euro Schadenersatz zuzüglich Zinsen zu. Das Urteil dürfte im Streit um derartige Geschäfte Bedeutung für zahlreiche weitere Klagen von Mittelständlern und Kommunen gegen die Deutsche Bank und andere Institute haben.

Ille hatte 2005 einen so genannten Spread Ladder Swap gekauft. Diese Geschäfte beruhen auf der Differenz zwischen langfristigen und kurzfristigen Zinsen. Die Erwartung bei den Swaps (englisch: "tauschen") war, dass die langfristigen Zinsen stärker steigen als die kurzfristigen. Doch es kam anders. Etliche Städte, kommunale Unternehmen und Mittelständler machten mit dem komplizierten Produkt herbe Verluste. Ihre Anwälte sprechen von etwa 200 Fällen und einem Millionenschaden.

Kritik vom Richter

Der Vorsitzende Richter Ulrich Wiechers ging mit der Bank hart ins Gericht. "Der Vergleich mit einer Wette ist eine Verharmlosung des Risikos. Hier ist das Risiko unbegrenzt und kann bis zum finanziellen Ruin des Kunden gehen", sagte er in Karlsruhe. Die Deutsche Bank habe die Swaps "bewusst zu Lasten des Anlegers" konstruiert und ihre Schäfchen vorher ins Trockene gebracht.

Ille musste erst einen "negativen Marktwert" von 80.000 Euro aufholen, mit dem die Bank ihre Kosten abdeckte, das Risiko absicherte - und ihren Gewinn vorab abschöpfte. Weil die Bank dem Unternehmen das nicht ausdrücklich gesagt hatte, habe Ille nicht auf Augenhöhe mit ihr verhandeln können, sagte Wiechers. Damit habe sie einen Interessenkonflikt in Kaufe genommen, der dem Anleger nicht klar gewesen sei. Allerdings zahlen Anleger bei vielen bei Finanzprodukten - etwa Lebensversicherungen - zunächst für den Gewinn der Bank oder die Provision des Vermittlers.

Die Deutsche Bank erklärte, sie erwarte keine Klageflut nach dem Urteil. In den Vorinstanzen hatte sie - wie im vorliegenden Fall - die meisten Verfahren für sich entschieden. Viele Urteile seien bereits rechtskräftig oder die Verfahren durch Vergleich erledigt, sagte ihr Anwalt Christian Duve in Karlsruhe. Die Bank habe ausreichend Risikovorsorge für die "überschaubare" Zahl und den Streitwert noch anhängiger Verfahren gebildet. In der Verhandlung vor sechs Wochen hatte die Bank für den Fall einer Niederlage noch vor einem "Erdrutsch" in der Bankbranche gewarnt.

Der Anwalt des erfolgreichen Klägers, Jochen Weck, sagte dagegen, auf die Banken könnten Milliardenforderungen zukommen. Die Deutsche Bank allein hatte die Zinsswaps an Hunderte Stadtkämmerer und Unternehmer verkauft.

Quelle: ntv.de, rts/dpa/DJ

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