Wirtschaft

"Wir bitten um Ihr Verständnis" Bahn kämpft gegen zwei Gewerkschaften

Neue Weichenstellung? Ein Lokführer, zwei Tarifverträge - das könnte die Deutsche Bahn ins Schwitzen bringen.

Neue Weichenstellung? Ein Lokführer, zwei Tarifverträge - das könnte die Deutsche Bahn ins Schwitzen bringen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Auf die Deutsche Bahn rollen Tarifverhandlungen zu. Das Problem für den Konzern: zwei rivalisierende Gewerkschaften. Erst wenn sie einig sind, will das Unternehmen über mehr Geld für die rund 160.000 Mitarbeiter sprechen - und das kann dauern.

Der Deutschen Bahn stehen Tarifverhandlungen ins Haus. Doch davor ist ein Konkurrenzkampf zwischen der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und der Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) entbrannt. Die GDL will künftig nicht mehr nur für Lokführer verhandeln, sondern für das gesamte Zugpersonal. Umgekehrt möchte die EVG neben den Zugbegleitern fortan auch Lokführer vertreten. Die Gespräche über die Spielregeln sind vorerst gescheitert. "Was wir heute erlebt haben, ist ein beispielloser Rückschritt", sagte Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber mit.

Die Bahn hatte für Montag einen Vorschlag vorbereitet, wonach GDL und EVG sich jeweils abstimmen, jedoch eine der beiden Gewerkschaften federführend mit der Bahn verhandelt. Man wolle keine konkurrierenden Tarifverhandlungen, hieß es.

"Untrennbar zusammen"

Die anstehenden Tarifverhandlungen betreffen insgesamt 160.000 Mitarbeiter bei der Deutschen Bahn. Bisher verhandelte die EVG für rund 140.000 Bahn-Angestellte, darunter Zugbegleiter, Lokrangierführer und Mitarbeiter im Bordservice. Die GDL verhandelte für die rund 20.000 Lokomotivführer. Welche Gewerkschaft für welche Mitarbeitergruppe zuständig ist, regelte ein Grundlagentarifvertrag. Dieser lief aber zum 30. Juni aus.

Schon Mitte Juni steckte die GDL ihr neues Revier ab. Sie will künftig die Tarifverhandlungen für das gesamte Zugpersonal führen, also neben Lokführern auch für Zugbegleiter, Lokrangierführer, Bordgastronomen und Disponenten. Das Zugpersonal gehöre "untrennbar zusammen", es habe dieselben "Sorgen und Nöte", erklärte GDL-Chef Claus Weselsky und stellte bereits einen ganzen Forderungskatalog vor: Fünf Prozent mehr Lohn, eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit um 2 auf 37 Stunden, eine Mitarbeiterbeteiligung und eine familienfreundlichere Schichtplanung. Die Deutsche Bahn bezeichnete die Forderungen als "maßlos und fern jeder Realität".

Auch die EVG will an der bisherigen Aufteilung der Zuständigkeiten bei den Tarifverhandlungen nicht festhalten. Diese habe sich "nicht bewährt", teilte EVG-Chef Alexander Kirchner Ende Juni mit. Dennoch sei die EVG auch künfig zu "fairen Kooperationen" mit anderen Gewerkschaften bereit. Es müsse aber sichergestellt sein, dass nicht einzelne Berufsgruppen zulasten anderer eine "Sonderbehandlung" bekämen. Eine derartige Kritik zielte in der Vergangenheit auf die GDL, die mit Lokführerstreiks den Bahnverkehr massiv behindern konnte und bei Tarifverhandlungen gute Konditionen für die Zugführer ausgehandelt hatte.

Deutsche Bahn ist gefordert

Die Deutsche Bahn steht vor einem Problem. Vertreten zwei Gewerkschaften dieselbe Mitarbeitergruppe, sind verschiedene Tarifverträge mit unterschiedlichen Inhalten denkbar. Wenn für eine Berufsgruppe wie die Lokführer beispielsweise verschiedene Arbeitszeitregelungen ausgehandelt werden, wird allein die Schichtplanung komplizierter. Von sich überschneidenden Forderungen der Gewerkschaften könnten bei der Deutschen Bahn rund 37.000 Mitarbeiter betroffen sein.

Die Deutsche Bahn will eine Tarifkonkurrenz - also nebeneinander existierende und konkurrierende Tarifverträge - deshalb unbedingt vermeiden und setzt auf klare Absprachen zwischen EVG und GDL. Sie als Arbeitgeber hat den Gewerkschaften ein Kooperationsabkommen vorgeschlagen, das die Zuständigkeiten der Gewerkschaften und das Verfahren bei Tarifverhandlungen regelt. Ein zweiter Entwurf dazu kommt am Montag wieder auf den Tisch, wenn sich die drei Seiten zu ihrer nächsten Runde der Kooperationsverhandlungen treffen.

Quelle: ntv.de, bad/AFP/dpa

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