Strategie gegen Billigkonkurrenz Bahn vervierfacht Fernbusangebot
23.02.2015, 17:45 Uhr
Bereit zur Abfahrt: Die Bahn will den Fernbusmarkt aufrollen
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Deutsche Bahn hat die Entwicklung auf dem Busmarkt bisher weitgehend verschlafen. Jetzt startet der Konzern eine Offensive gegen die neue Konkurrenz. Doch auch auf der Schiene soll sich einiges ändern.
Nachdem der Deutschen Bahn durch die Billigkonkurrenz der Fernbusse im vergangenen Jahr ein Umsatz von 120 Millionen Euro entgangen ist, hat der Konzern jetzt eine neue Strategie für ihre Fernbusflotte vorgestellt. Im März will die Bahn dazu noch ein neues Konzept für den Fernverkehr auf der Schiene vorstellen.
"Bis Ende 2016 wollen wir unser Angebot im Fernbusmarkt etwa vervierfachen", kündigte Personenverkehr-Vorstand Ulrich Homburg an. Die verschiedenen Bus-Marken der Bahn würden unter "Berlinlinienbus" zusammengefasst. "Wir glauben, dass wir in diesem Markt eine Rolle spielen sollen und müssen." Betrieben würden die zusätzliche Busse durch Partner aus dem Mittelstand, ähnlich wie bei der Konkurrenz. "Wir können die Augen nicht verschließen vor der Entwicklung im Fernbusmarkt", sagt Homburg. Er räumte ein, dass die Bahn die stürmische Ausweitung des Bus-Marktes unterschätzt habe.
Zum Schutz der Bahn war der Fernbus-Verkehr in Deutschland bis 2012 per Gesetz weitgehend verboten. Nach der Liberalisierung boomt der Markt mit immer neuen Anbietern. Einige haben sich wegen des ruinösen Preiskampfes allerdings bereits wieder zurückgezogen. Die Offensive der Bahn könnte diesen Preiskampf weiter anheizen. Die beiden Marktführer, MeinFernbus und Flixbus, schlossen sich kürzlich zusammen und wollen ihr Angebot 2015 nahezu verdoppeln. Sie beherrschen drei Viertel des Marktes.
Lockangebote auf Busportalen
Die Busse der Bahn haben einen Anteil von unter zehn Prozent. Im vergangenen Jahr verzeichnete der Staatskonzern durch die Konkurrenz der Busse Einbußen von rund 120 Millionen Euro.
Die bisherigen Reaktionen der Bahn reichten nicht aus, um diese Verluste zu stoppe. So lockt die Bahn etwa bereits auf Vergleichsportalen für Fernbusreisende mit Spezialangeboten. Sie versucht so, Fernbuskunden im letzten Moment doch noch von einer Zugfahrt zu überzeugen. Auf Portalen wie fernbusse.de, busliniensuche.de und busidealo.de sind Spezialtickets ab 19 Euro für Bahnfahrten innerhalb Deutschlands zu finden. Sie können ein bis sieben Tage vor einer geplanten Fahrt gebucht werden. Auf bahn.de sind Sparpreise erst ab 29 Euro zu finden.
Eine der beliebtesten Strecken bei Fernbus-Reisenden ist Hamburg-Berlin. Als Reaktion darauf bedient die Deutsche Bahn die Verbindung seit einem Jahr mit dem Zug "Interregio-Express" (IRE). Um die Strecke bekannter zu machen, hat der Konzern kürzlich 1200 Tickets verschenkt. Mit einer Fahrzeit von etwas mehr als drei Stunden kann der IRE mit Fernbussen locker mithalten, wobei Bustickets auf der Strecke auch für weniger als zehn Euro zu haben sind. Im IRE gilt dagegen ein Festpreis von 19,90 Euro. Im deutlich schnelleren ICE werden dagegen beim Normalpreis 78 Euro fällig. Der IRE könnte ein Modell für andere Strecken werden.
Reformen bei der Bahncard
Fernbusreisende sind vor allem Sparfüchse. Im Fernverkehr verzichtete der Konzern für daher dieses Jahr auf Preiserhöhungen für Tickets in der zweiten Klasse. Das "Manager Magazin" berichtete im Januar, die Bahn erwäge dies auch für die nächsten beiden Jahre. In internen Unterlagen werde eine "Nichtrealisierung" von Preismaßnahmen als "möglich" eingestuft. Die Bahn kommentierte den Bericht nicht.
Mit kostenlosem Internetzugang locken Fernbusanbieter schon lange, wobei die Qualität der Verbindung oft zu wünschen übrig lässt. In einem ICE bei Höchstgeschwindigkeiten für hunderte Kunden parallel stabiles Internet zu garantieren, ist auch für die Deutsche Bahn technisch nicht ganz einfach. Seit dem Fahrplanwechsel im Dezember ist die WLAN-Nutzung deshalb zunächst für Kunden der ersten Klasse kostenlos; in der zweiten Klasse müssen die Fahrgäste dafür derzeit noch zahlen. Das soll sich im Laufe des Jahres 2016 ändern.
Ein wichtiges Instrument der Kundenbindung ist die BahnCard. Sie soll es auch in Zukunft geben - doch die Frage ist, in welcher Form. Im November war nach Angaben aus dem Fernverkehrs-Aufsichtsrat in der Diskussion, die BahnCard in ein "Kundenkonto" umzuwandeln, mit variablen Rabatten abhängig von der Auslastung des Zuges und vom Kundenumsatz. Beschlossen worden sei aber nichts. Bahn-Vorstand Ulrich Homburg stellte Anfang Dezember klar, dass eine Abschaffung der BahnCard weder geplant sei noch überlegt werde. Der Konzern mache sich jedoch "über eine Fortentwicklung Gedanken".
Quelle: ntv.de