Wirtschaft

Situation in Mainz "ist nicht akzeptabel" Bahnchef Grube unterbricht Urlaub

Es fährt kein Zug nach Mainz - Bahnchef Grube nimmt an Krisengespräch teil.

Es fährt kein Zug nach Mainz - Bahnchef Grube nimmt an Krisengespräch teil.

(Foto: dpa)

In einer Mail wendet sich der Konzernchef an seine Mitarbeiter. Eine Situation wie derzeit in Mainz gelte es künftig zu unterbinden. Aber auch er muss einräumen, dass eine Lösung nicht einfach ist. Es sei nicht mit einem Fingerschnippen getan. Derweil wird der Halt in der Landeshauptstadt immer seltener angefahren.

In die Probleme der Bahn im Stellwerk Mainz schaltet sich nun auch Konzernchef Rüdiger Grube ein. Er unterbrach seinen Urlaub und sprach in einer Mail an die Mitarbeiter von unglücklichen und teils ärgerlichen Umständen. "Das ist nicht akzeptabel, da müssen wir gegensteuern." Eine Lösung sei aber nicht einfach. "Das ist nicht mit einem Fingerschnippen getan", schrieb Grube. "Wir müssen umgehend mögliche Engpässe ermitteln und schnellstmöglich beseitigen, um eine solch inakzeptable Situation wie in Mainz zukünftig zu unterbinden." Am Mittwoch werde es ein Spitzengespräch mit Managern und Arbeitnehmervertretern geben.

Dazu hatte zuvor bereits die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) auch die Chefs der Bahn-Tochterunternehmen eingeladen. In den nächsten drei Jahren würden Tausende Eisenbahner das Unternehmen verlassen, sagte EVG-Chef Kirchner. Es sei unklar, wie erkennbare Lücken in Kürze geschlossen werden könnten.

2013 wolle die Bahn 600 neue Fahrdienstleiter einstellen, sagte DB-Netz-Vorstandschef Frank Sennhenn. Die Schulung dauere aber sieben Monate, so dass die Mitarbeiter nicht kurzfristig einsetzbar seien. Die EVG sprach erneut von falscher Personalpolitik, die sich nicht nur in den Stellwerken auswirke. "Wir haben auch in anderen Bereichen eine Reduzierung des Verkehrs, weil Personal fehlt", sagte EVG-Chef Alexander Kirchner Reuters TV in Mainz. Engpässe gebe es auch bei Lokführern, Zugbegleitern und in den Werkstätten.

Überalterung seit Jahren bekannt

Derweil verschärfte sich die Lage am Mainzer Hauptbahnhof weiter. War bisher abends und nachts der Regional- wie Fernverkehr schon stark ausgedünnt, müssen jetzt Züge auch ganztägig umgeleitet werden. Dies wirkt sich mittlerweile weit über die rheinland-pfälzische Landshauptstadt hinaus aus.

Ein ungewöhnlich hoher Krankenstand in der Urlaubszeit sorgt für ein Fahrplanchaos am Mainzer Hauptbahnhof.

Ein ungewöhnlich hoher Krankenstand in der Urlaubszeit sorgt für ein Fahrplanchaos am Mainzer Hauptbahnhof.

(Foto: dpa)

Hintergrund der Personalknappheit sind auch Überalterung und Nachwuchsmangel. Das Durchschnittsalter in der Netzsparte liegt bei 47 Jahren und damit noch über dem Konzerndurchschnitt. Dokumente aus der Personalabteilung, die Reuters vorliegen, zeigen, dass die Überalterung bei Fahrdienstleitern seit mindestens vier Jahren bekannt war. Bis vergangenes Jahr änderte sich daran aber kaum etwas.

In Konzernkreisen hieß es, die Mängel in der Personalplanung hätten auch mit der  Ablösung des Chefs der Netz-Sparte, Oliver Kraft, Anfang 2013 zu tun. Kraft hatte die Netz-Sparte zum wichtigsten Gewinnlieferanten des Konzerns gemacht. Über Jahre wurden gerade in diesem Bereich jährlich Tausende Stellen abgebaut. Zugleich wurden allerdings die Stellwerke wegen verzögerter Investitionen im Zuge des geplanten Börsengangs 2008 langsamer als zunächst vorgesehen durch moderne vollelektronische ersetzt, was zu einer Personalentlastung geführt hätte.

Privatbahnen legen Beschwerde ein

Der Bundesnetzagentur liegen seit 2012 Beschwerden privater Bahnbetreiber wegen Stellwerkengpässen bei der Deutschen Bahn vor. Bislang gehe es um Beeinträchtigungen in Zwickau, Bebra und Friedrichssegen und seit kurzem auch in Mainz, sagte der für Bahnfragen zuständige Sprecher der Behörde, Renè Henn. Wenn die Bahn die Situation nicht in den Griff bekomme, könne die Bundesnetzagentur einen Bescheid erlassen und ein Zwangsgeld androhen. Henn bestätigte damit einen Bericht der Onlineausgabe der Zeitung "Euro am Sonntag". Zur Höhe des Zwangsgelds wollte er sich nicht äußern. Dem Bericht zufolge könnte es um einen fünfstelligen Betrag gehen.

Zudem prüft der Betreiber der Mittelrheinbahn dem Blatt zufolge Schadenersatzansprüche gegen das Unternehmen DB Netz. Neben dem Aufwand für das Personal komme es zu Umsatzausfällen wegen geringer Fahrgastzahlen, sagte ein Unternehmenssprecher laut der Zeitung. Die Mittelrheinbahn verkehrt zwischen Mainz und Köln. Im Abschnitt Bingen - Mainz fielen dem Unternehmen zufolge täglich 20 Züge aus. Betreiber ist die Trans Regio Deutsche Regionalbahn GmbH, eine hundertprozentige Tochter des größten deutschen Bahnwettbewerbers Veolia.

Quelle: ntv.de, jwu/rts/dpa

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