Wirtschaft

Nicht die ganze Wahrheit Banken-Stresstests täuschen

Haben die Banken die Stresstest nicht ernst genug genommen?

Haben die Banken die Stresstest nicht ernst genug genommen?

(Foto: picture alliance / dpa)

Nur Wochen nach dem Stresstest für europäische Banken kommen erneut Zweifel an den Ergebnissen auf. Einer Studie zufolge haben etliche Banken bestimmte Anleihen verschwiegen, oder um Short-Positionen bereinigt. Darauf angesprochen verweisen die Institute auf die Vorgaben.

Die kürzlich bei europäischen Banken durchgeführten Stresstests zeigen laut einer Studie des "Wall Street Journal" nicht das ganze Bild über das Engagement der Banken in Staatsanleihen verschuldeter europäischer Länder.

Etliche Banken hätten kein so umfassendes Bild vom Umfang der von ihnen gehaltenen Bonds geliefert wie von den Behörden behauptet. Einige Banken hätten bestimmte Anleihen verschwiegen, andere die Summe der gehaltenen Bonds um Short-Positionen bereinigt, hieß es.

In Europa so, in der Welt anders

Laut Branchenvertretern und teilweise eigenen Angaben der Banken wiesen dadurch mindestens einige Institute wie etwa Barclays und Credit Agricole ein deutlich niedriges Engagement in Anleihen verschuldeter Staaten aus. In das unscharfe Bild passt, dass sich das im Rahmen der Stresstests ermittelte Niveau der von den Banken gehaltenen Staatsanleihen zum Teil erheblich von anderen, internationalen Angaben und den eigenen Finanzberichten der Banken unterscheidet.

Die Studienergebnisse stellen ein wichtiges Ziel der Stresstests in Frage, nämlich Anlegern und Bankern weltweit die Zuverlässigkeit des europäischen Finanzsystems zu belegen. "Das würde der Glaubwürdigkeit der Tests in der Tat zuwiderlaufen", sagte UBS-Analyst Alastair Ryan. Vertreter mehrerer Banken gaben an, sie hätten sich lediglich an die Vorgaben des unabhängigen Ausschusses der europäischen Bankenaufseher CEBS gehalten. Eine Sprecherin des CEBS wollte keine Stellung nehmen.

Die CEBS hat es gesagt

So führte beispielsweise Barclays einige Staatsanleihen nicht auf, da sie für Handelszwecke gehalten wurden. Laut Barclays-Vertretern wurden diese Bonds ausgenommen, da sie für Transaktionen gehalten wurden, die Barclays im Auftrag von Firmenkunden oder Staaten durchführte. Das Volumen der für Handelszwecke gehaltenen Staatsanleihen schwanke täglich.

Durch die Ausklammerung der für Handelszwecke gehaltenen Staatsanleihen schrumpfte das Volumen der von der Bank gehaltenen italienischen Staatsanleihen um 4,7 Mrd. britische Pfund auf 787 Mio. britische Pfund, wie Barclays-Vertreter erklärten. Die Londoner Bank erklärte im Rahmen der Stresstests, sie halte 4,4 Mrd. britische Pfund an spanischen Staatsanleihen. Wären die für Handelszwecke gehaltenen spanischen Staatsanleihen berücksichtigt worden, hätte die Summe um rund 1,6 Mrd. britische Pfund höher gelegen.

Barclays habe die für Handelszwecke gehaltenen Staatsanleihen ausgeklammert, da dies der Empfehlung des CEBS entsprochen habe. "Wir haben genau das getan, was uns der CEBS gesagt hat", sagte ein Barclays-Sprecher. Die CEBS-Empfehlung sei der Bank von der britischen Finanzaufsicht FSA mitgeteilt worden. Eine FSA-Sprecherin lehnte eine Stellungnahme ab.

Zu milde Stresstests

Im Rahmen der Stresstests mussten 91 Banken in Europa unter anderem offenlegen, wie viele Anleihen europäischer Staaten sie halten. Stichtag für die Zahlen war der 31. März. Zu der Zeit waren die Sorgen um das Engagement von Banken in Anleihen verschuldeter Staaten und die Zuverlässigkeit des europäischen Finanzsystems groß. Die Veröffentlichung der Bankdaten wurde als ein großer Nutzen der Stresstests betrachtet, die insgesamt als zu milde kritisiert worden waren.

Die optimistisch stimmenden Ergebnisse der Stresstests, bei denen nur sieben Banken durchgefallen waren, haben die Märkte zwar anfänglich beruhigt. Inzwischen sind jedoch wieder Ängste aufgekeimt, nachdem hochverschuldete Staaten wie Irland und Griechenland noch immer kämpfen müssen. Dass es in Ländern wie Portugal, Irland, Griechenland und Italien wieder teurer geworden ist, Ausfallrisiken zu versichern, ist ein Warnhinweis.

Es gibt keine genauen Vorgaben, wie Banken ihre Staatsanleihen offenlegen müssen. Bis vor kurzem waren Anleger auch nicht weiter darüber besorgt, galten sie doch als weitgehend risikofrei. Also haben die meisten Banken ihre Staatsanleihen einfach unter der Kategorie Vermögenswerte in die Bilanz genommen. Seit dem Frühjahr haben sich die Dinge geändert. Griechenland etwa schien eine Zeit lang kurz davor zu stehen, seine Kredite nicht mehr bedienen zu können. Erst ein umfangreiches Rettungsprogramm des Internationalen Währungsfonds und der Europäischen Union beendete die Krise.

Quelle: ntv.de, DJ

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