EZB spuckt halbe Billion Euro aus Banken saugen sich mit Geld voll
21.12.2011, 12:41 Uhr
Die EZB schmeißt den Turbo an.
(Foto: REUTERS)
Das erste Refinanzierungsgeschäft der Europäischen Zentralbank mit einer dreijährigen Laufzeit geht erfolgreich über die Bühne. Die Banken der Eurozone versorgen sich mit mehr Geld als einige Beobachter erwartet hatten. Die Finanzspritze soll verhindern, dass Eurostaaten in eine Kreditklemme geraten, wenn Schulden fällig werden.
Die europäischen Banken haben sich bei der Europäischen Zentralbank (EZB) mit der riesigen Summe von rund 489 Mrd. Euro eingedeckt. Insgesamt 523 Geldinstitute beteiligten sich an der erstmals aufgelegten Kreditlinie mit drei Jahren Laufzeit. Dafür wird ein Zins in Höhe des jeweiligen Leitzinses fällig, der derzeit 1,0 Prozent beträgt. Einige Experten hatten lediglich mit einer Nachfrage in Höhe von 310 Mrd. Euro gerechnet.
Hintergrund der Maßnahme der EZB ist, dass die Banken vor einem äußert schwierigen Jahr stehen. Auf die Geldhäuser rollt eine gigantische Refinanzierungswelle zu. Insgesamt 725 Mrd. Euro an Schulden laufen aus und müssen zurückgezahlt oder verlängert werden. Die EZB befürchtet, dass die Banken vor diesem Hintergrund ihre Darlehensvergabe an Firmen einschränken und damit eine wirtschaftlich fatale Kreditklemme in der Eurozone auslösen könnten. Der langlaufende Tender soll den Banken Planungssicherheit bieten und bei der Abwendung dieser Gefahr helfen.
Die Experteneinschätzungen zu dieser Maßnahme gehen jedoch weit auseinander. Eugen Keller von der Metzler Bank gibt sich zuversichtlich, dass das Geld seine Wirkung nicht verfehlen wird. "Es ist vorstellbar, dass dieses Sicherheitsnetz der EZB jetzt erst einmal für etwas Beruhigung an den Märkten sorgt. Vielleicht schaffen wir es tatsächlich, das ganz, ganz negative Denken in Sachen Euro-Krise nun etwas hinter uns zu lassen." Das sehen jedoch nicht alle so.
Anita Paluch von Gekko Global Markets äußert sich skeptisch: "Es bleibt die Frage, welche langfristigen Auswirkungen solche Operationen haben. Der Appetit der Banken auf weitere Staatsanleihen ist gering, da sie das Risiko und das Volumen ihrer Bilanzen verringern müssen." Michael Hewson von CMC Markets kann der hohen Nachfrage nur schwer etwas Positives abgewinnen. Die große Summe zeige letztlich nur, "wie groß die Verspannungen am Interbankenmarkt sind. Die Kernfrage ist nun, wieviel Geld tatsächlich seinen Weg in die Wirtschaft findet."
Italien-Banken tanken voll

Federico Ghizzoni geht davon aus, dass das frische Geld eine Kreditklemme abwenden wird.
(Foto: REUTERS)
Kräftig zugegriffen haben Finanzkreisen zufolge die italienischen Banken. Wie es heißt, standen mehr als zehn Banken des klammen Eurolandes bei der EZB Schlange, um sich mit Liquidität vollzusaugen. Die Finanzinstitute Italiens haben sich bereits stark auf die günstige Refinanzierung über die EZB fokussiert, da sie wegen der Vertrauenskrise am Interbankenmarkt kaum an frisches Geld kommen. Zuletzt hatte der italienische Branchenprimus Unicredit einen weiteren Nackenschlag hinnehmen müssen: Die Rating-Agentur Fitch verpasste dem Geldinstitut eine schlechtere Bonitätsnote.
Die Agentur hatte die Einstufung am Vortag auf "A-" von zuvor "A" gesenkt und außerdem die neue Benotung mit einem negativen Ausblick versehen. Darüber hinaus drohte Fitch sieben anderen Banken des Landes sowie mehreren Instituten aus Frankreich und Spanien mit einer Herabstufung.
"Stütze für die Realwirtschaft"
Unicredit-Chef Federico Ghizzoni hatte jüngst unmissverständlich klar gestellt, dass die klammen Euroländer künftig nicht mehr auf die Banken bauen können, wenn sie im neuen Jahr ihre immensen Schuldenberge refinanzieren müssen und en masse neue Staatsanleihen auf den Markt werfen. "Ich sehe keinen Sinn darin, die Bonds zu kaufen", erklärte der Top-Banker. Gleichzeitig war er im Vorfeld von einem regen Interesse an der neu aufgelegten dreijährigen Liquiditätslinie der EZB überzeugt. "Ich bin überzeugt, dass die Liquidität die Realwirtschaft stützen und so eine Kreditklemme abwenden sollte."
Ghizzonis Worte sind eine Kampfansage an die europäischen Politiker. Sie hoffen, dass das billige EZB-Geld am Ende vor allem den angeschlagenen Schuldenstaaten hilft. Allein im Januar müssen die Euro-Staaten 80 Mrd. Euro an Bonds verkaufen. Die Banken waren über Jahrzehnte verlässliche Abnehmer, vor allem von Staatsanleihen ihrer Heimatländer. Die italienische Unicredit etwa hat Italien-Bonds im Volumen von rund 40 Milliarden Euro in ihren Büchern.
Dass die Zentralbank für einen so langen Zeitraum Geld an die Geschäftsbanken verleiht, soll deren Planungssicherheit erhöhen und dem Vertrauensverlust innerhalb des Finanzsystems entgegenwirken. Der Zins des Geschäfts ist an die künftige Leitzinsentwicklung gekoppelt. Die EZB hatte in der Vergangenheit nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers bereits mit drei Jahrestendern eine Krise des Bankensystems verhindert. Beim allerersten dieser Tender im Sommer 2009 hatten sich rund 1000 Institute die gigantische Summe von fast einer halben Billion Euro bei der Notenbank gesichert.
Quelle: ntv.de, ddi/DJ/rts