"Börsenprofis weichen aus" Banken warnen vor Börsensteuer
21.08.2011, 11:15 Uhr
Deutschland und Frankreich haben verabredet, gemeinsam auf eine Börsensteuer auf europäischer Ebene zu drängen. Im Gespräch war zuletzt ein Steuersatz von bis zu 0,05 Prozent pro Transaktion.
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Der Streit über die wiederaufgewärmte Transaktionssteuer auf Börsengeschäfte kocht weiter hoch. Während die Politik einen gemeinsamen Nenner sucht, gehen die deutschen Privatbanken auf die Barrikaden. Ihrer Auffassung nach, wird die Abgabe wirkungslos bleiben. Börsenprofis könnten auf andere Börsen auszuweichen
Weil Börsenprofis mit einem Klick am Computer ausweichen könnten, seien am Ende nur Sparer und Kleinanleger gekniffen, sagte Bankenverbandspräsident Andreas Schmitz der "Bild am Sonntag". Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier warnte vor einem Verlust von 70.000 Jobs am Finanzplatz Frankfurt. Auch in der FDP schlägt Kanzlerin Angela Merkel wenig Sympathie für ihren gemeinsamen Steuervorstoß mit Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy entgegen. Die SPD warf der Koalition vor, sie habe in Wahrheit kein Interesse an einer Kontrolle der Märkte.
Merkel und Sarkozy wollen noch im September einen Vorschlag machen, wie Börsengeschäfte in der Europäischen Union besteuert werden könnten. Am Dienstag will Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble darüber mit seinem französischen Kollegen François Baroin beraten. Im Gespräch war zuletzt ein Steuersatz bis zu 0,05 Prozent pro Transaktion. Der Merkel-Sarkozy-Plan hatte vergangene Woche Finanztitel an den Börsen abstürzen lassen.
Der Bundesverband deutscher Banken (BdB), dessen Mitglieder direkt betroffen wären, argumentiert, die Steuer wäre wirkungslos. Sie schütze nicht vor Finanzkrisen, denn den Börsenprofis sei es egal, ob sie ihre Geschäfte über die Börsen in Europa, Asien oder den USA abwickelten, sagte BdB-Präsident Schmitz. Dazu genüge ein Mausklick, der den Handelsort festlege: "Die großen Steuereinnahmen bleiben also aus." Befürworter gehen dagegen von 30 bis 50 Mrd. Euro Einnahmen pro Jahr aus.
Die Deutsche Börsehatte die Finanztransaktionssteuer bereits als "Geschenk an die unregulierten Finanzplätze und Finanzprodukte dieser Welt" bezeichnet. Sie schaffe "Anreize, noch stärker als bisher in die Nischen auszuweichen, die von dieser Steuer nicht erfasst sind."
FDP: Keine Steuer ohne Großbritannien
Bouffier warnte in der "Passauer Neuen Presse", die Steuer ohne den größten europäischen Finanzplatz London einzuführen: "Alles andere wäre ein großer Fehler." Frankfurt müsse als Finanzplatz erhalten bleiben. Bisher sperren sich die Briten gegen die Steuer. Schäuble hatte deshalb nicht ausgeschlossen, sie notfalls nur im Gebiet der 17 Euro-Länder einzuführen. Auf globaler Ebene der G20-Länder ist die Steuer schon gescheitert.
FDP-Chef und Wirtschaftsminister Philipp Rösler hatte für seinen Teil des Regierungsbündnisses bereits klargestellt, dass eine Zustimmung nur infrage komme, wenn die Steuer in allen 27 EU-Staaten erhoben würde. Der Vizechef der FDP-Fraktion, Florian Toncar, sagte Reuters, die Steuer mache letztlich Spekulationen attraktiver, weil sie nicht zwischen riskanten und weniger riskanten Geschäftsmodellen unterscheide.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte der der "Welt am Sonntag, zunächst versuche man, die Steuer in allen 27 Mitgliedstaaten der EU einzuführen. Wenn das nicht gelinge, „plädiere ich ganz persönlich für die Steuer in der Euro-Zone“. Mit dem Koalitionspartner FDP kann er bei diesem persönlichen Szenario offenbar nicht rechnen. Die avisierte europäische Börsensteuer findet laut FDP-Fraktionsvizechef Florian Toncar in der FDP "wenig Freunde findet".
Opposition bezweifelt Merkels Willen
SPD-Chef Sigmar Gabriel kritisierte in der "Welt": "Angela Merkel und ihre jeweiligen Wirtschaftsminister haben diese Finanzmarktbesteuerung in Europa immer verhindert. So wird es auch dieses Mal sein." Zudem hätten Merkel und Sarkozy bei ihrem Treffen am Dienstag nichts zur Marktregulierung gesagt.
Quelle: ntv.de, rts