Schuldenkrise erhitzt sich weiter Bankenfieber steigt
14.06.2012, 13:56 Uhr
Griechenland-Krise in Berlin: Ein linker Aktivist demonstriert vor dem Bundeskanzleramt.
(Foto: dapd)
Die Wahlen in Griechenland, die Probleme in Spanien, die Unsicherheit im gesamten Währungsraum: Die europäische Finanzlandschaft weiß derzeit kaum, wie sie auf die Krise reagieren soll. Und die Ratingagenturen schüren die Ängste noch.
Vor der alles entscheidenden Neuwahl in Griechenland steigt das Fieber in der europäischen Finanzbranche. Die Deutsche Bank bekräftigte, Europa stehe in der Schuldenkrise vor einem Scheideweg. "Noch nie in seiner 13-jährigen Geschichte war die Einheit des Euro-Währungsraums so ungewiss und damit auch die Handlungsgrundlage für jeden von uns", mahnte Finanzchef Stefan Krause auf einer Konferenz in Königstein bei Frankfurt. Die Unsicherheit laste auf den Unternehmen, die kaum mehr planen könnten. Die Schweizer Notenbank wiederum sorgt sich, dass die beiden heimischen Großbanken Credit Suisse und UBS wegen ihrer Verflechtungen in den Euroraum stärker in den Strudel der Schuldenkrise gezogen werden könnten und dafür trotz ihrer vergleichsweise dicken Kapitaldecken nicht ausreichend gerüstet sind. "Das Risiko des Zusammenbruchs einer großen Bank bleibt substanziell", schrieb die SNB in ihrem diesjährigen Bericht zur Finanzstabilität.
Öl ins Feuer goss die Ratingagentur Standard & Poor's. Sie erklärte in einer Kurz-Studie, die Euro-Zone sei in eine entscheidende Phase eingetreten: "Die Ereignisse in den kommenden Wochen, wie die bevorstehende Wahl in Griechenland, EU-Treffen und der G20-Gipfel, werden eine bedeutende Rolle bei der Festlegung ihrer künftigen Ausrichtung spielen", warnten die Analysten. Sie schauen sich Europas Finanzinstitute nun noch genauer an. Deren Solvenz macht ihnen zunehmend Sorgen, denn der Geldregen der Europäischen Zentralbank habe nur kurzfristig für Erleichterung gesorgt, hieß es. Weitere Rating-Herabstufungen könnten die Folge sein - von den 50 größten europäischen Banken, die von S&P bewertet werden, sind 27 bereits mit einem negativen Ausblick versehen oder stehen auf der Beobachtungsliste.
Der "Grexit" – unwahrscheinlicher Ernstfall?
Die Griechen wählen am Sonntag ein neues Parlament. Sollten die Reformgegner gewinnen, wird Experten zufolge ein Austritt des Krisenstaates aus der Euro-Zone wahrscheinlicher. Finanzkreisen zufolge bereitet sich die Bankenwelt bereits auf diesen Ernstfall namens "Grexit" vor. Die französische Bank Credit Agricole spielt nach einem Bericht des "Wall Street Journal" sogar schon eine Pleite ihrer griechischen Tochter Emporiki durch. Dies würde mit Abschreibungen von rund fünf Mrd. Euro einhergehen, berichtete das Blatt unter Berufung auf eine mit den Überlegungen vertraute Person. Die Bank wollte den Bericht nicht kommentieren.
Das direkte Engagement der deutschen Finanzinstitute in Griechenland ist inzwischen zwar überschaubar, doch die Ansteckungseffekte bleiben unkalkulierbar. Deutsche-Bank-Finanzchef Krause versuchte am Donnerstag zu beschwichtigen. Es sei "sehr, sehr gering bis unwahrscheinlich", dass es tatsächlich zu einem Austritt der Griechen aus dem Euro komme, betonte er in Königstein. Er räumte aber auch ein, dass sich sein Haus mit der "Was wäre wenn?"-Frage beschäftigt. "Griechenland muss dann eine Kapitalkontrolle machen. Wir wissen ja nicht, wie diese Dominosteine fallen werden."
Doch nicht nur Griechenland bereitet der europäischen Politik und Finanzwelt Sorgen. Für Spanien haben sich die Refinanzierungskosten am Kapitalmarkt trotz der angekündigten EU-Hilfen für die maroden Banken des Landes nicht nachhaltig reduziert. Und auch Italien muss Investoren immer höhere Renditen für frisches Geld bieten.
Die Schweizerische Nationalbank rät Credit Suisse und UBS angesichts dieser Gemengelage, bei der Eigenkapitalausstattung weiter Gas zu geben. Zwar müssten die neuen Basel-III-Vorschriften erst bis 2019 voll umgesetzt werden, aber angesichts des unsicheren Umfelds stellten sie schon heute die richtige Messlatte dar, erklärte die SNB.
Quelle: ntv.de, rts