Samaras tadelt Rösler Barroso eilt nach Athen
24.07.2012, 16:46 Uhr
Antonis Samaras im griechischen Parlament.
(Foto: AP)
Die ungeliebten Kontrolleure der Troika sind wieder in Athen, um Griechenlands Spar- und Reformprogramm zu überprüfen. Dabei wird immer deutlicher, dass das Land einen großen Teil der Auflagen nicht umgesetzt hat. Regierungschef Samaras versichert, Griechenland werde alle Versprechen erfüllen. Doch die Zweifel wachsen.
Inmitten der Diskussionen über einen Verbleib Griechenlands in der Eurozone reist EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso diese Woche nach Athen. Bei dem Besuch will er mit dem griechischen Regierungschef Antonis Samaras "die wirtschaftliche Situation in Europa und die wirtschaftliche Situation in Griechenland" besprechen.
Die Kommission weist die naheliegende Vermutung zurück, bei dem Besuch handele es sich um eine Krisenmaßnahme. Das Treffen mit Samaras sei in der Reihe der "regulären" Kontakte Barrosos mit den EU-Staats- und Regierungschefs zu sehen, versichert ein Kommissionssprecher. Doch Barroso ist überaus selten in Athen. Sein jüngster Besuch liegt schon drei Jahre zurück. Er war zuletzt im Juni 2009 in der griechischen Hauptstadt - einige Monate bevor die Schuldenkrise ausbrach.
Dass es sich um ein kurzfristig anberaumtes Krisentreffen handeln könnte, zeigen auch die widersprüchlichen Angaben über den Zeitpunkt von Barrosos Reise. Nach Angaben eines Kommissionssprechers findet der Besuch auf Einladung Samaras am Donnerstag statt. Das Treffen sei schon länger vorbereitet worden. Ein griechischer Regierungssprecher sagte dagegen zunächst, die beiden würden bereits einen Tag früher zusammenkommen: "Barroso wird am Mittwoch ankommen und Samaras am Nachmittag treffen." Später korrigierte er sich und sagte, dass Treffen sei um einen Tag nach hinten verschoben worden.
Die Troika prüft
Derzeit steht das griechische Spar- und Reformprogramm auf dem Prüfstand. Die Experten der Troika aus EU-Kommission, EZB und Internationalem Währungsfonds hatten am Dienstag ihre Arbeit in Athen aufgenommen. Die Kontrollen sollen zunächst bis etwa zum 6. August dauern. Eine endgültige Bewertung wird nicht vor Ende August erwartet. Dann will die Troika erneut nach Athen reisen.
Griechenland hatte sich im Gegenzug zu milliardenschweren Krediten verpflichtet, umfangreiche Sparmaßnahmen und Reformen durchzuführen. Doch nicht zuletzt wegen der beiden Parlamentswahlen in den vergangenen Monaten ist ein Großteil der Auflagen nicht umgesetzt worden. Ausreichende Fortschritte sind aber die Bedingung für neue Kredite, ohne die Griechenland aller Voraussicht nach schnell pleite ist. In den vergangenen Tagen hatte es Spekulationen über ein Ende der Finanzhilfen des IWF und auch der EU gegeben.
Samaras greift Rösler an
Samaras gab sich bei seiner Rede im Parlament allerdings zuversichtlich, dass sein Land die Auflagen schultern wird. Dazu brauche Griechenland aber mehr Zeit und Investitionen, betonte der Regierungschef. Er verwies auf den Wirtschaftseinbruch, der bereits 2011 bei 7 Prozent lag, zudem betrage die Arbeitslosenrate knapp 24 Prozent. Dies zeige, dass andere Maßnahmen nötig seien. Die Auflagen der Geldgeber werde Athen jedoch alle erfüllen, versicherte er.
Zugleich keilt Samaras vorsichtshalber Richtung Berlin. Einige Politiker im Ausland untergrüben die Bemühungen seiner Landsleute, wieder auf eigenen Beinen stehen zu können. "Ich weiß nicht, ob sie es bewusst oder aus Dummheit tun. Ich weiß nur, dass sie unverantwortlich sind", sagte Samaras. Gemeint ist damit offensichtlich Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler. Der FDP-Politiker hatte am Wochenende gesagt, ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone habe für ihn längst seinen Schrecken verloren.
"Ich sage es offiziell: Es handelt sich um Untergraben unserer nationalen Bemühungen", sagte Samaras. "Wir tun, was wir können, damit das Land wieder auf eigenen Beinen stehen kann, und sie tun alles, was in ihrer Macht steht, damit wir scheitern", sagte Samaras.
Griechenland kämpft das fünfte Jahr in Folge mit einer Rezession und macht den starken Konjunktureinbruch für das Verfehlen der Haushaltsziele mitverantwortlich.
Athen will Behörden schließen
Unterdessen unternimmt die Regierung in Athen Schritte, um den Staat zu verschlanken. Wie das Finanzministerium mitteilte, werden insgesamt 213 Behörden abgeschafft oder sie müssen mit anderen fusionieren. Damit sollen jährlich rund 40 Mio. Euro gespart werden. Insgesamt werden 5256 Stellen gestrichen. Die Staatsbediensteten sollen entweder in Rente gehen oder in andere staatliche Behörden versetzt werden, hieß es.
Viele dieser Behörden hatten praktisch keinen richtigen Wirkungsbereich, wie beispielsweise die Behörde für Technologieforschung der mittelgriechischen Region Thessalien. Oder auch die Organisation der Zentralmärkte und Fischerei sowie 65 verschiedene Jugendschutzbehörden, die nun fusionieren sollen, berichtete die griechische Presse weiter. Viele dieser Behörden seien in den vergangenen Jahrzehnten nur dazu da gewesen, dass Parteifreunde einen Arbeitsplatz finden.
Quelle: ntv.de, jga/dpa/rts