Wirtschaft

Brandbrief an alle Wirtschaftsmächte Barroso trommelt zum Gipfel

"Dieses Paket ist der Beitrag der EU zu Cannes": José Manuel Barroso (links) und Herman Van Rompuy.

"Dieses Paket ist der Beitrag der EU zu Cannes": José Manuel Barroso (links) und Herman Van Rompuy.

(Foto: REUTERS)

Nach dem Krisentreffen zur Stabilisierung der Eurozone appellieren die Europäer an die 20 einflussreichsten Industrie- und Schwellenländer, gemeinsam gegen die Probleme der Weltwirtschaft vorzugehen. Die Zeit drängt: Im südfranzösischen Cannes sollen endlich Entscheidungen fallen. Ein Punkt auf der Agenda: Eine weltweit geltende Börsensteuer.

Die Spitzen der Europäischen Union haben die einflussreichsten 20 Industrie und Schwellenländer außerhalb Europas aufgefordert, sich anzuschließen und ebenfalls Schritte zur Abwendung eines weltweiten Konjunktureinbruchs zu unternehmen.

Gipfelvorbereitungen in Paris: Aktivisten proben für Protestaktionen zum G20-Treffen in Cannes.

Gipfelvorbereitungen in Paris: Aktivisten proben für Protestaktionen zum G20-Treffen in Cannes.

(Foto: AP)

Europa nehme seine Aufgaben wahr, hieß es in einem am Sonntag veröffentlichten Brief an die Staats- und Regierungschefs der G20. Das alleine könne aber nicht eine globale Erholung und ein ausgeglichenes Wachstum sichern. Unterzeichnet haben das Schreiben EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso.

Vor dem G20-Gipfel am Donnerstag und Freitag im französischen Cannes appellierten die beiden europäischen Spitzenpolitiker an die Staaten aus der Gruppe der G20, im Sinne ihrer gemeinsamen Verantwortung zu handeln. Indirekt setzen sie die Gipfelteilnehmer damit unter Druck, bei ihrem Treffen Ende der Woche endlich ernsthafte Konsequenzen aus der Finanzkrise zu ziehen und der Weltöffentlichkeit greifbare und vorzeigbare Ergebnisse zu liefern.

Unter anderem drängen die Europäer bei dem G20-Gipfel auf weitreichende Reformen des Finanzsektors. Die großen Industrie- und Schwellenländer sollten die Kontrolle über die Finanzmärkte verschärfen, den Banken mehr Eigenkapital vorschreiben und riskante Finanzgeschäfte im außerbörslichen Handel besser überwachen, skizzierten Barroso und Van Rompuy einige wichtige Punkte der Gipfel-Agenda.

Für Regulierung und eine weltweite Finanztransaktionssteuer: Barroso will - wie die Masse der kritischen Gipfel-Beobachter - greifbare Ergebnisse sehen.

Für Regulierung und eine weltweite Finanztransaktionssteuer: Barroso will - wie die Masse der kritischen Gipfel-Beobachter - greifbare Ergebnisse sehen.

(Foto: REUTERS)

Gemeinsam bekräftigten sie zudem ihre Forderung nach einer weltweit geltenden . Diese Idee sollte von den G20 "sondiert und weiterentwickelt" werden. Auf EU-Ebene liegt dazu bereits ein Vorschlag vor, allerdings ist die Steuer unter den 27 EU-Staaten umstritten. Ökonomen halten die Steuer nur dann für sinnvoll, wenn sie weltweit eingeführt wird. In Cannes könnte es zumindest zu einer grundsätzlichen Einigung kommen. Allein das wäre Beobachtern zufolge ein gewaltiger Durchbruch in Richtung internationaler Kooperation.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am vergangenen Mittwoch bereits in ihrer Regierungserklärung angekündigt, der G20-Gipfel müsse sich mit dem Problem der Systemrelevanz von Banken befassen. Zu groß, um unterzugehen - diese Regel dürfe es nicht weiter geben, sagte Merkel. Letztlich dürfe nicht mehr in allen Fällen der Steuerzahler haften.

Weltweites Boni-Verbot?

Unterdessen mehren sich die Anzeichen, dass es beim G20-Gipfel in Cannes wie zuvor in Brüssel tatsächlich zu weitreichenden Beschlüssen kommen könnte. Wie der "Spiegel" berichtete, will die Gruppe der 20 einflussreichsten Industrie- und Schwellenländer bei ihrem Treffen am 3. und 4. November weitreichende Schritte zur Reform des Finanzsektors beschließen.

Demnach sollen die Banken gezwungen werden, deutlich mehr Eigenkapital auszuweisen als bisher. Auch übertrieben hohe Gehälter und Bonuszahlungen solle es nicht mehr geben. Solche Regelungen sind in einzelnen Staaten bereits in Kraft. Bahnbrechend neu wäre auch in diesem Fall eine verbindliche, weltweit geltende Regelung.

Das Ende von "Too Big to Fail"?

In einem internen G20-Papier ist angeblich auch davon die Rede, dass im Falle der Abwicklung eines Finanzinstituts nicht die Steuerzahler für die Kosten aufkommen sollten. In der Frage des Eigenkapitals der Banken hatte zuvor auch der EU-Krisengipfel eine Entscheidung getroffen - und die Rekapitalisierung von Banken beschlossen.

Geburt einer inoffiziellen Weltregierung? Die G20-Treffen sind alles andere als unumstritten.

Geburt einer inoffiziellen Weltregierung? Die G20-Treffen sind alles andere als unumstritten.

(Foto: Reuters)

Zur Eindämmung der Schuldenkrise hatte in der vergangenen Woche der Euro-Gipfel einen Schuldenschnitt für Griechenland von 50 Prozent sowie eine effektivere Nutzung des Krisenfonds EFSF beschlossen. "Dieses Paket ist der Beitrag der EU zu Cannes", schrieben Barroso und Van Rompuy. "Aber es muss mehr getan werden auf globaler Ebene."

So müssten die seit langem drängenden Probleme bei den weltweiten Wechselkursen angegangen werden. Dabei beziehen sich die EU-Spitzen indirekt auf den chinesischen Yuan und schreiben, es gehe auch um "unterbewertete Währungen in den wichtigsten Wachstumsländern mit Überschuss".

Die USA und Europa werfen China seit längerem vor, den Yuan niedrig zu halten und sich dadurch unfaire Handelsvorteile zu verschaffen. Barroso und Van Rompuy fordern zudem, der Internationale Währungsfonds IWF solle eine größere Rolle spielen, um das globale Währungssystem stabil zu halten und Wachstum anzukurbeln.

"Italien muss sich bewegen"

Weitgehend unabhängig von allen Gipfelvorbereitungen forderte der Chef der Eurogruppe, Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker, die italienische Regierung dazu auf, die Zusagen für Reformen einzuhalten. Am Wochenende hatten missverständliche Aussagen des italienischen Regierungschefs .

"Italien hat sich verpflichtet, und das wird auch überprüft von der Kommission und von der Eurogruppe, zusätzliche Konsolidierungsmaßnahmen in die Wege zu leiten, gepaart mit substanziellen Strukturreformen", stellte Juncker daraufhin fest. "Darauf werden wir sehr achten. Italien kann nicht tun, was ihm in den Kram passt, sondern muss sich so bewegen, wie wir es gemeinsam verabredet haben."

Quelle: ntv.de, mmo/dpa

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