Wirtschaft

Banken fürchten Aderlass Barroso will EFSF anzapfen

EU-Kommissionspräsident Barroso will auch EFSF-Geld zur Rekapitalisierung der Banken verwenden.

EU-Kommissionspräsident Barroso will auch EFSF-Geld zur Rekapitalisierung der Banken verwenden.

(Foto: picture alliance / dpa)

Europas Banken kämpfen in der Schuldenkrise an mehreren offenen Fronten: ein höherer Schuldenerlass für Griechenland und mehr Eigenkapital für den Krisenfall. Beides ist den Geldhäusern ein Dorn im Auge. EU-Kommissionspräsident Barroso hat aber eine Idee.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hat einen abgestimmten Einsatz zur Absicherung der europäischen Banken gefordert. Als letztes Mittel solle dabei auch Geld aus dem Euro-Rettungsfonds EFSF zum Einsatz kommen, um die Banken zu rekapitalisieren, sagte Barroso vor dem Europaparlament. Zunächst sollten die Banken aber selbst dafür sorgen und notfalls von den EU-Ländern unterstützt werden. "Wenn diese Unterstützung nicht verfügbar ist, sollte eine Rekapitalisierung durch Darlehen des EFSF finanziert werden."

Die nötigen Maßnahmen sollten nach einer Prüfung mit strengen Kriterien durch die Aufsichtsbehörden erfolge, sagte der EU-Kommissionspräsident. Braucht eine Bank öffentliche Unterstützung bei einer Erhöhung ihres Kaptitals, sollen sie nach den Vorschlägen des Portugiesen zunächst keine Dividenden oder Bonuszahlungen leisten dürfen.

Banken fürchten Aderlass

Indes melden sich in der Schuldenkrise die Banken selbst zu Wort: Die deutschen Privatbanken wollen Griechenland auf keinen Fall mehr als die bisher vereinbarten 21 Prozent seiner Schulden erlassen. "Das von den europäischen Regierungschefs verabschiedete Paket sieht eine substanzielle Beteiligung privater Gläubiger vor, die nicht leicht zu schultern ist", sagte der Präsident des Bundesverbands deutscher Banken, Andreas Schmitz, der "Rheinischen Post". Nun "sollte nicht an neuen Stellschrauben gedreht werden".

Ein "zu verkaufen"-Schild auf einer griechischen Flagge: Griechenland ist finanziell am Ende. Ohne die Banken geht der Rettungsplan der Euroländer nicht auf.

Ein "zu verkaufen"-Schild auf einer griechischen Flagge: Griechenland ist finanziell am Ende. Ohne die Banken geht der Rettungsplan der Euroländer nicht auf.

(Foto: REUTERS)

Die Regierungen der Eurostaaten diskutieren derzeit über eine höhere Beteiligung privater Gläubiger an der Umschuldung Griechenlands. Bisher hatten die Institute zugesagt, freiwillig auf 21 Prozent ihrer Forderungen zu verzichten. Aber nicht nur die Diskussion über einen höheren Schuldenerlass bereitet den Banken Kopfschmerzen.

Schmitz lehnte auch die von den Regierungen erwogene zwangsweise Rekapitalisierung der Banken ab. "Die aktuelle Krise ist keine Bankenkrise, sondern eine politische Vertrauenskrise." Die Banken dürften jetzt nicht für eine Krise in die Verantwortung gezogen werden, für die sie nicht die Ursache seien.

Bitte nicht mit der "Gießkanne"

Bereits am Vortag hatte sich der Hauptgeschäftsführer des Bankenverbands, Michael Kemmer, zu Wort gemeldet und argumentiert, dass es keinen Anlass für eine Zwangs-Rekapitalisierung gebe. Derzeit stünden sie noch "vergleichsweise gut und solide da". Es gebe deshalb keinen Grund per Staatsdekret allen Banken eine Rekapitalisierung zu verordnen.

"Man kann hier nicht mit der Gießkanne arbeiten." Gäben die Staaten den Banken Geld, würde das nur Zweifel an Solvenz der Staaten schüren. Ob eine Rekapitalisierung in der Euro-Schuldenkrise helfen würde oder nicht, darüber gehen die Meinungen auseinander.

Die Bundesregierung dringt darauf, dass im Notfall alle Banken ihr Kapital erhöhen müssen, um die Märkte von der Krisenfestigkeit zu überzeugen. Sie sollen dabei aber die Möglichkeit bekommen, sich die Mittel zunächst an den Märkten selbst zu beschaffen. Wenn das nicht gelingt, soll der Staat einspringen.

EBA: Neun Prozent Kernkapitalquote

Die europäische Bankenaufsicht EBA fordert einem Zeitungsbericht zufolge die Kernkapitalquote der Banken auf neun Prozent zu erhöhen. Dafür wolle die EBA den Geldinstituten sechs bis neun Monate Zeit geben, danach müsse der Staat Geld in die Banken  pumpen. Das meldet die "Financial Times".

Laut  Schätzungen der US-Bank Morgan Stanley, auf die sich die "Financial  Times" beruft, müssten die Banken hierfür bis zu 275 Mrd. Euro  aufnehmen, um die höhere Marke zu erreichen. In den  Basel-III-Regeln, die Kreditinstitute besser für mögliche Krisen  wappnen sollen, war ab Anfang 2019 eine Kernkapitalquote von über sieben Prozent vorgesehen. Bei ihrem Banken-Stresstest im Sommer  hatte die EBA noch eine Kernkapitalquote von fünf Prozent  gefordert.

Die Kernkapitalquote beschreibt das Verhältnis vom Kapital einer Bank zu  ihren risikobehafteten Geschäften, also zu den vergebenen Krediten  und den Geldanlagen. Die EU hatte die EBA vergangene Woche gebeten,  die Bankbilanzen unter die Lupe zu nehmen, um das Ausmaß eines  möglichen Schuldenausfalls Griechenlands abzuschätzen. Das Ende der  belgisch-französischen Dexia-Bank, die als erstes Geldinstitut Opfer der Schuldenkrise wurde, hatte die Sorge um Europas Banken noch verstärkt.

Quelle: ntv.de, ddi/dpa/rts/AFP

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