Wirtschaft

Deutsche Aufseher wehren sich "Basel III" wird noch schärfer

Was da in Basel angerichtet wird, schmeckt der Bundesbank und der BaFin nicht.

Was da in Basel angerichtet wird, schmeckt der Bundesbank und der BaFin nicht.

(Foto: picture alliance / dpa)

In Basel brüten gerade Bankenaufseher und Notenbanker aus 27 Ländern über die Rezeptur, die die Bankenwelt widerstandsfähiger gegen Krisen machen soll. Das Regelwerk "Basel III" betrifft vor allem das Eigenkapital der Institute – und offenbar soll hier deutlich härter durchgegriffen werden, als bislang erwartet.

Die Finanzaufseher ziehen die Zügel bei den Banken weltweit offenbar fester an als erwartet. Einem Grundlagenpapier für die Beratungen im Baseler Ausschuss zufolge sollen die Institute schon von 2013 an mehr als doppelt so viel Kapital vorhalten wie bisher.

Die Bundesbank und die Finanzaufsicht BaFin rangen Kreisen zufolge noch um eine Abschwächung des geplanten Eigenkapital-Regelwerks "Basel III" und suchten dafür Verbündete. "An diesen Vorgaben kann man als Aufseher guten Gewissens noch Abstriche machen", sagte eine mit den Verhandlungen vertraute Person. "Bis das in ein europäisches Gesetz umgewandelt wird, vergeht noch viel Zeit", sagte ein anderer Insider. Zahlreiche deutsche Institute würden die Anforderungen derzeit bei weitem nicht erfüllen. Deutschland und Länder wie Japan fordern zumindest längere Übergangsfristen, in denen die Banken das zusätzliche Kapital aufbauen können.

Lehren aus der Krise

Bankenaufseher und Notenbanker aus 27 Ländern trafen sich am Dienstag in Basel, um über die künftigen Kernkapitalquoten und die Zusammensetzung des Eigenkapitals der Banken zu beraten. Sie wollen die Branche weltweit widerstandsfähiger gegen Krisen machen - eine Lehre aus der Finanzkrise, in der zahllose Banken von den Staaten gerettet werden mussten. Können sie sich nicht einigen, müsste der Gouverneursrat des Baseler Ausschusses am Sonntag nochmals Hand anlegen.

Deutschland hatte sich im Juli als einziges Land im Baseler Ausschuss gegen eine Teileinigung auf "Basel III" gestemmt, vor allem mit Rücksicht auf die Landesbanken, Genossenschaftsbanken und Sparkassen. Doch hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble signalisiert, dass Deutschland einer Einigung nicht im Wege stehen wolle.

"Stille Einlagen" werden abgeschrieben

Den Kampf um eine Anerkennung der hierzulande verbreiteten Stillen Einlagen haben die deutschen Aufseher offenbar aufgegeben. "Dieser Kampf scheint aussichtslos", sagte eine mit den Verhandlungen vertraute Person. Damit gelten die Stillen Einlagen bei Aktiengesellschaften (AG) nicht mehr als hartes Kernkapital. Bei Sparkassen und nicht als AG firmierenden Landesbanken müssen sie einen ganzen Katalog von Kriterien erfüllen.

Weil das "harte Kernkapital" (Core Tier-1) - im Wesentlichen Grundkapital und einbehaltene Gewinne - der Vorlage zufolge rund 80 (bisher nur 51 Prozent) des Kernkapitals ausmachen soll und damit an Bedeutung gewinnt, verlieren Stille Einlagen und andere hybride Papiere als Kapitalbasis drastisch an Wert. Deutschland dringt noch auf einen geringeren Anteil des harten Kernkapitals. Staatshilfen in der Finanzkrise wie bei der Commerzbank sollen aber Bestandsschutz erhalten.

Schäuble: Je länger, desto besser

Schäuble erneuerte seine Forderung nach ausreichend langen Übergangsfristen: "Je mehr Zeit sie haben, sich anzupassen, um so besser." Der Vorlage zufolge sollen die Banken nur drei Jahre Zeit bekommen, um sich auf die neuen Mindestkapitalquoten einzustellen. Der Minister sagte in Brüssel, die Banken müssten in der Lage bleiben, ihre Aufgaben zu erfüllen. Die Bundesbank und die BaFin wollten sich mit Verweis auf die noch laufenden Verhandlungen nicht äußern.

Die Institute müssten nach der Beschlussvorlage künftig eine Mindestkapitalquote (Tier-1) von sechs Prozent der risikogewichteten Aktiva einhalten. Bisher sind es vier Prozent. Dazu soll ein Kapitalerhalts-Puffer von weiteren drei Prozent kommen, der nur in Krisen angetastet werden kann und mit einem Ausschüttungsverbot verbunden ist. In Boomzeiten müssten sich die Banken sogar mit einem "antizyklischen Puffer" von weiteren drei Prozent für den folgenden Absturz der Konjunktur wappnen. Damit müssten Banken bis zu zwölf Prozent Kernkapital vorhalten.

Der Bankenverband BdB hat berechnet, dass allein die zehn größten deutschen Banken wegen Basel III 105 Mrd. Euro mehr Kapital bräuchten. BdB-Regulierungsexperte Dirk Jäger, bei einer Umsetzung bis 2013 drängten viele Institute zugleich an den Markt. "Die Kapitalnachfrage wird damit abrupt steigen." Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) hat ausgerechnet, dass sich das Kreditangebot der Sparkassen um mehr als 200 Mrd. Euro infolge von Basel III verknappen würde.

"Basel III ist machbar"

Die Aussichten belasteten auch europäische Bankaktien. "Die Verunsicherung wegen des neuen Regelwerks ist groß", sagte ein Händler. Der Stoxx-Bankenindex gab um 1,5 Prozent nach. "Eine Mehrheit der europäischen Banken läge definitiv oberhalb der Kriterien. Einige wären offenbar darunter, aber für das System scheint das machbar", sagte Analyst Antonio Ramirez von Keefe, Bruyette & Woods. Andrew Lim von Matrix glaubt, dass Institute wie HSBC, Barclays oder Unicredit Schwierigkeiten hätten, den Kapitalerhaltspuffer bis 2013 aufzubauen.

Quelle: ntv.de, rts

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