Regierung macht bei Karstadt nichts Berggruen blitzt ab
05.07.2010, 16:07 UhrDer neue Karstadt-Eigner Nicolas Berggruen muss die Verhandlungen mit den Vermietern alleine stemmen. Die Bundesregierung wird ihm dabei nicht helfen. Wirtschaftsminister Brüderle erweist sich einmal mehr als Ordnungspolitiker und nimmt die von Berggruen gewünschte Vermittlerrolle nicht an.
Karstadt-Investor Nicolas Berggruen kann im Tauziehen mit den Vermietern der Warenhäuser nicht auf Hilfe aus Berlin zählen. "Es ist nicht Aufgabe des Staates, Preisverhandlungen zu führen", sagte Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle. Er gehe davon aus, dass "die beteiligten Unternehmen ihre Verhandlungen alleine und erfolgreich führen können".
Der FDP-Politiker erteilte damit dem Vorstoß Berggruens eine Absage, die Regierung möge sich für eine Vermittlerrolle bereithalten. "Wir wollen, wenn es nicht weitergeht, in den nächsten Tagen die deutsche Regierung ansprechen, damit sie als Vermittler auf die Verantwortlichen einwirkt", hatte der Investor dem "Handelsblatt" gesagt.
Berggruens Verhandlungen mit dem Vermieter-Konsortium Highstreet ziehen sich hin. Ohne eine Einigung kann der Kaufvertrag nicht in Kraft treten, den Berggruen mit Karstadt- Insolvenzverwalter Klaus-Hubert Görg geschlossen hat. Die Zeit drängt. Am 16. Juli will das Amtsgericht Essen entscheiden, ob der Insolvenzplan erfüllt ist, mit dem die Warenhauskette mit ihren 120 Häusern und 25.000 Mitarbeitern entschuldet werden soll. Der Gerichtstermin könnte auch nochmals verschoben werden. "Das Geschäft leidet darunter. Karstadt muss schon jetzt die Weihnachtseinkäufe planen", drängte Berggruen auf eine Einigung.
Von der Leyen war voreilig
Berggruen wirft Highstreet Blockadehaltung vor. "Wir haben schon vor zehn Tagen mit Highstreet einen Kompromiss gefunden. Seither aber stockt der Prozess", sagte er. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen hatte bereits vor einer Woche eine grundsätzliche Einigung verkündet, die von den beiden Verhandlungspartnern umgehend wieder dementiert worden war. Hinter Highstreet stehen die Investmentbanken Goldman Sachs und Deutsche Bank, die über Fonds maßgeblich engagiert sind. "Es gibt noch keine Einigung", sagte ein Highstreet-Sprecher. "Wir wollen eine Lösung, aber nicht zu jedem Preis."
Highstreet muss bei Änderungen an den Mieten auch Gläubiger einer Anleihe um Erlaubnis fragen, mit der die vier Milliarden Euro schwere Übernahme von 86 Karstadt-Immobilien finanziert worden war. Finanzkreisen zufolge haben sie dem Konzept von Berggruen aber informell bereits zugestimmt.
Laut Verhandlungskreisen sind sich Berggruen und Highstreet zwar über die Senkung der Mieten einig, umstritten ist aber offenbar eine Beteiligung von Highstreet am künftigen Gewinn von Karstadt. "Vermieter und Betreiber in einer Person zu sein, halte ich im Fall von Highstreet für fragwürdig", sagte Berggruen dem "Handelsblatt".
Beschwörung des ehrbaren Kaufmanns
Er will zunächst 65 Millionen Euro in den Konzern investieren, in dem nach der Sanierung bis zu einer halben Milliarde Euro Eigenkapital stecken. "Alles, was verdient wird, werden wir über Jahre reinvestieren. Wir haben noch keinen Plan, wann wir zum ersten Mal Geld ausschütten", betonte er. Berggruen will den Modeunternehmer Max Azria mit ins Boot holen. "Aber wir werden mit Abstand die Mehrheit halten", sagte er.
Brüderle appellierte an beiden Seiten, Beweglichkeit zu zeigen, um zu einer unternehmerisch tragfähigen Lösung zu kommen. "Es wird ja neuerdings sehr viel vom ehrbaren Kaufmann gesprochen. Ich gehe davon aus, dass beide Seiten ehrbare Kaufleute sind", erklärte der Minister. Sie müssten im Interesse der Beschäftigten eine verantwortliche Lösung finden.
Quelle: ntv.de, wne/rts