Wirtschaft

Äußerer Druck zeigt Wirkung Berlusconi bewegt sich

1.jpg

(Foto: picture alliance / dpa)

Italiens Regierung will nun doch ernsthaft sparen. Sie setzt die Mehrwertsteuer auf 21 Prozent hoch. Zudem plant sie eine Sonderabgabe für Einkommen ab 500.000 Euro. In die Verfassung des drittgrößten Euro-Landes soll auch die Schuldenbremse Eingang finden. Die Regierung Berlusconi will im Parlament das Sparparket mit einer Vertrauensabstimmung verbinden.

Unter dem Druck der Europäischen Zentralbank (EZB), der Finanzmärkte und europäischer Kritik hat Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi das jüngste Sparpaket seines Landes noch einmal umgepackt. Jetzt soll die Mehrwertsteuer um einen Prozentpunkt auf 21 Prozent angehoben werden, um Geld in die Kassen des hoch verschuldeten Landes zu spülen.

Außerdem führt die Mitte-Rechts-Regierung nun doch wieder eine "Reichen-Steuer" ein: Bis zum Erreichen eines ausgeglichenen Etats solle eine Sonderabgabe von drei Prozent zahlen, wer mehr als 500.000 Euro im Jahr verdient, teilte Berlusconis Amt nach einer Sitzung des Kabinetts in Rom mit. Zudem soll die Schuldenbremse in die italienische Verfassung aufgenommen werden.

Silvio Berlusconi musste in den vergangenen Tagen viel Kritik einstecken.

Silvio Berlusconi musste in den vergangenen Tagen viel Kritik einstecken.

(Foto: picture alliance / dpa)

Berlusconis Regierung verbindet die zunächst im Senat anlaufenden Beratungen über sein zweites Spardekret von 45 Milliarden Euro außerdem mit der Vertrauensfrage, wurde mitgeteilt. Mit diesem Instrument hatte die Regierung bereits dutzendfach mit Erfolg Gesetze beschleunigt durchs Parlament gebracht. Im Juli waren in dem ersten Sparpaket bereits Einsparungen über 48 Milliarden Euro beschlossen worden.

Die jüngsten Entscheidungen fielen an dem Tag, an dem in Italien Streiks und Proteste gegen die Sparmaßnahmen liefen, wie sie bisher bekannt waren. Berlusconi hatte schon einmal das jüngste Spardekret umgebaut und dabei unter anderem eine zuvor geplante Sondersteuer für Besserverdienende mit einem Einkommen von mehr als 90.000 Euro gekippt. Ausgesprochen massiv hatte daraufhin Staatspräsident Giorgio Napolitano darauf gedrungen, dass "glaubwürdig" gespart werden solle.

Italien ächzt unter einem Schuldenberg von 1,9 Billionen Euro. Das Land steht mit 120 Prozent seiner Wirtschaftsleistung in der Kreide, die Quote ist eine der höchsten in der Welt. Und die Wirtschaft wächst seit Jahren nur sehr schwach. Es drohen immer höhere Zinskosten.

Kritik von Top-Bankern

Zuvor hatten europäische Spitzenbanker von Berlusconi mehr Kraftanstrengungen gefordert, um die Schuldenprobleme des Landes zu lösen. Am deutlichsten wurde dabei der Chef der Commerzbank, Martin Blessing. Italien habe ein Problem mit der politischen Führung, nicht mit der Wirtschaftsstruktur, sagte er auf einer Bankentagung des "Handelsblatts" in Frankfurt am Main. Das Land sei zu groß, um unter den europäischen Rettungsschirm schlüpfen zu können; es müsse sich selbst helfen. 

Martin Blessing: Italien kann nicht unter den Rettungsschirm schlüpfen.

Martin Blessing: Italien kann nicht unter den Rettungsschirm schlüpfen.

(Foto: dpa)

Auch Blessings Kollege von der italienischen Unicredit, Federico Ghizzoni, forderte von der Regierung in Rom stärkeren Reformwillen. "Das Land hat ein Problem, aber auch das Potenzial, wieder selbst auf die Beine zu kommen", betonte er auf der Konferenz. Dazu bedürfe es entschlossenen politischen Handelns.    

Wie Griechenland ist auch Italien wegen seiner hohen Schuldenlast verstärkt in den Fokus der Finanzmärkte gerückt. Für das Land wird es immer teurer, sich am Kapitalmarkt Geld zu leihen. Dennoch hatte Berlusconi erst vor wenigen Tagen einige der versprochenen Haushaltsreformen wieder zurückgenommen. Das löste europaweit Kritik aus, auch bei der Europäischen Zentralbank (EZB), die dem drittgrößten Euro-Land mit dem Kauf italienischer Staatsanleihen hilft.  

"Noch viel Fett zum Abschneiden"

Ghizzoni betonte nun, es sollte nicht die Aufgabe der EZB sein, den Regierungen der Schuldenstaaten langfristig mit solchen Maßnahmen unter die Arme zu greifen. Italien habe seine eigenen Mittel noch lange nicht ausgeschöpft, um wieder auf die Beine zu kommen. "In Italien gibt es noch viel Fett, das man abschneiden kann", sagte der Chef der Hypovereinsbank-Mutter. Gerade in Sachen Privatisierung könne noch mehr passieren.        

Um den italienischen Bankensektor macht sich Ghizzoni nach eigenem Bekunden keine Sorgen, denn dieser sei recht stark. Künftig werde es für die Geldhäuser aber mehr denn je darauf ankommen, sich auf ihr Kerngeschäft - "ihre DNA" - zu fokussieren. Auch mit Blick auf das eigene Haus gab sich Ghizzoni gelassen: "Wir sind ausreichend kapitalisiert."

Im November oder Dezember werde seine Bank den neuen Geschäftsplan für die nächsten Jahre präsentieren. Die Unicredit war in den vergangenen Wochen besonders ins Visier von Anlegern geraten. Die Großbank musste bei der Refinanzierung an den Märkten tiefer in die Tasche greifen, da ihr als italienisches Geldhaus das Misstrauen der Investoren entgegenschlug.

Quelle: ntv.de, dpa/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen