Fed bleibt im Krisenmodus Bernanke sorgt für Unruhe
21.07.2010, 20:40 UhrDie mit Spannung erwartete Rede von US-Notenbankchef Ben Bernanke vor dem Kongress lösen nicht nur in Washington Unruhe aus. Die erhofften Signale der Zuversicht bleiben aus. US-Leitindex und Euro reagieren umgehend.
Der Ausblick für die US-Wirtschaft bleibt nach den Worten von Notenbank-Chef Ben Bernanke "außergewöhnlich unsicher". Die Federal Reserve (Fed) stehe daher weiterhin bereit, notfalls weitere Maßnahmen zur Stützung der konjunkturellen Erholung zu treffen, sagte Bernanke bei einer Anhörung im US-Kongress.
Bei ihren jüngsten geldpolitischen Beratungen hatten die Währungshüter des zuständigen Fed-Offenmarktausschusses FOMC ihre Prognosen für Wirtschaftswachstum und Inflation etwas nach unten korrigiert. Die Wirtschaft erhole sich nach Einschätzung der Fed-Mitglieder weiterhin.Trotz des etwas schwächeren Wachstumsausblicks hegen die Amerikaner offenbar keine konkreten Pläne für etwaige Notfallmaßnahmen.
"Wir bleiben bereit, die erforderlichen politischen Maßnahmen zu ergreifen, die zu einer Rückkehr zu einer vollen Auslastung des Produktionspotenzial bei gleichzeitiger Preisstabilität beitragen", sagte Bernanke laut vorab verbreitetem Redetext bei seiner halbjährlichen Anhörung zur Geldpolitik im Bankenausschuss des Senats.
Die Wirtschaftserholung sei weiterhin moderat, betonte Bernanke. Zwar werde die Fiskalpolitik und das Auffüllen von Lagerbeständen die konjunkturelle Erholung weniger befeuern als in den vergangenen Quartalen, so Bernanke weiter. Doch eine steigende Nachfrage von Verbrauchern und Unternehmen dürfte der US-Wirtschaft dabei helfen, weiter zu wachsen.
Lange Schatten der Schuldenkrise
Der Fed-Chairman verwies darauf, dass die Inflation insgesamt volatil gewesen sei, die Kernteuerung aber seit zwei Jahren sinke. Insgesamt sei für die nächsten Jahre mit einem moderaten Wachstum, niedriger Inflation und einem langsamen Rückgang der Arbeitslosigkeit zu rechnen. Wegen der Staatsschuldenkrise in Europa stützen die finanziellen Bedingungen das Wachstum aber nicht mehr so stark.
Bernanke verwies andererseits auf die Notwendigkeit, die Zinsen ab einem bestimmten Punkt zu erhöhen, um den Inflationsrisiken zu begegnen. Er deutete aber an, dass dies nicht über eine Anhebung des Tagesgeldzielsatzes, sondern eher über höhere Einlagenzinsen für Geschäftsbanken bei der Fed geschehen könne.
Um diesen Effekt zu verstärken, könne die Fed zudem einen Teil der zusätzlichen Liquidität absorbieren, die sich die Banken durch den Verkauf von Hypothekenpapieren an die Fed zugelegt hätten.
Bernanke sagte, die Notenbank werde damit beginnen, die Größe ihres Portfolio zu normalisieren. Dazu könne sie zum Beispiel Erträge aus Treasury-Verkäufen in kürzer laufende Papiere reinvestieren.
Vor diesem Hintergrund bekräftigte der Fed-Chef zudem die Niedrigzinspolitik im Dollar-Raum: Die Zinsen im Dollar-Raum würden für eine " " niedrig bleiben, sagte Bernanke und wiederholte damit eine bereits früher verwendet Formel. Der Markt reagierte dennoch negativ auf die Äußerungen: Kurz nach Veröffentlichung des Redemanuskripts gaben die US-Börsen deutlich nach. Auch an den Devisenmärkten gab es Unruhe. Der Euro fiel kurz nach 20.00 Uhr (MESZ) abermals unter die Marke von 1,28 Dollar.
Fed-Chef lässt die Koffer packen
US-Notenbankchef Ben Bernanke will am Wochenende nach Europa reisen, um mit seinen Kollegen über die richtige Antwort auf die Schuldenkrise zu beraten. Europa sei bei der Bekämpfung der Haushaltsdefizite zuletzt ziemlich aggressiv vorgegangen, sagte Bernanke im Rahmen der Anhörung im US-Kongress. Gegenwärtig seien hohe Schulden aber in Kauf zu nehmen, um das Wirtschaftswachstum zu stützen. Bernanke warnte zudem, Konjunkturprogramme zu schnell einzustellen. Langfristig sei es aber wichtig, dass die Regierungen einen glaubwürdigen Sparkurs einschlügen, um die Defizite in den kommenden Jahren in den Griff zu bekommen.
Die geplante Europa-Reise könnte allerdings nicht nur mit der Schuldenkrise zusammenhängen, sondern auch mit dem Stresstest von 91 europäischen Banken. Die Ergebnisse sollen - - am Freitag nach Börsenschluss veröffentlicht werden und Aufschluss darüber geben, inwieweit die Finanzinstitute für externe Schocks gerüstet sind - etwa eine dramatische Verschlechterung der Konjunktur oder Abschläge auf Staatsanleihen.
Bernanke lobte vor dem Kongress ausdrücklich die Anstrengungen der Europäer bei der Bekämpfung der Schuldenkrise. Mit dem Rettungspaket für Griechenland und dem Euro-Schutzschirm habe Europa ausreichend Liquidität bereitgestellt, damit es nicht zu einer Restrukturierung oder einem Ausfall von Anleihen komme.
Bernanke erklärte, er sei im engen Kontakt mit seinen europäischen Kollegen, um sich mit ihnen über die Entwicklung der Schuldenkrise und deren Auswirkungen auf die US-Wirtschaft auszutauschen.
Quelle: ntv.de, DJ/rts