USA noch nicht über dem Berg Bernanke warnt die Welt
02.08.2010, 17:35 UhrAn der Wall Street sprechen die Zahlen eine deutliche Sprache: Nach der großen Flaute stehen die Zeichen wieder auf Wachstum. Doch der oberste Währungshüter der USA sieht die Entwicklung mit Sorge: Noch schwelen überall im Land gefährliche Krisenherde.

US-Notenbankchef Ben Bernanke, hier bei seiner jüngsten Anhörung vor dem US-Kongress.
(Foto: REUTERS)
Die US-Wirtschaft muss nach Einschätzung des amerikanischen Notenbankchefs Ben Bernanke noch einen beachtlichen Weg bis zur vollständigen Erholung zurücklegen. Die Konjunktur ziehe zwar an, beschrieb der Fed-Chef die derzeitige Situation. Allerdings lasteten die hohe Arbeitslosigkeit und der weiterhin schwache Zustand des Immobilienmarktes auf den Verbrauchern. "Viele Amerikaner plagen sich immer noch mit Arbeitslosigkeit, Zwangsvollstreckungen und verlorenen Ersparnissen."
Bernanke erklärte, die Fed gehe davon aus, dass sich die Inflation auch künftig auf niedrigem Niveau bewege. In Hinblick auf die Banken sagte der Fed-Chef, es scheine, dass die Kreditausfallraten ihren Höhepunkt erreicht hätten. Allerdings blieben viele Bilanzen durchlöchert von unsicheren Krediten. Man müsse vorsichtig sein bezüglich einer zu schnellen Straffung der Geldpolitik in der nahen Zukunft, betonte Bernanke.
Zuletzt hatte der Notenbank-Chef mit einem skeptischen Konjunkturausblick die Furcht vor einem Rückschlag - mit Auswirkungen auf die Weltwirtschaft - geschürt. Die Aussichten für die US-Konjunktur seien "ungewöhnlich unsicher", hatte er Mitte Juli bei einer Kongressanhörung gesagt. Da die Industrie zuletzt an Fahrt verloren hat, befürchten Pessimisten sogar einen Rückfall in die Rezession.
ISM-Daten platzen in die Rede
Kurz vor Bernankes Rede in Charleston im US-Bundesstaat South Carolina hatte der ISM-Index für Belebung an den Finanzmärkten gesorgt. Der Einkaufsmanagerindex des Institute for Supply Management (ISM) war im Juli weniger stark zurückgegangen als erwartet.
Die Firmen erhielten demnach zwar erneut mehr Aufträge als im Vormonat, das Wachstum fiel jedoch deutlich geringer aus. In der Folge fuhren die Unternehmen die Produktion weniger stark nach oben als im Juni. Zugleich stockten sie ihre Belegschaft etwas stärker auf als noch im Juni.
"Dass vor allem die produktionsnahen Komponenten noch einmal kräftig nachgaben, deutet darauf hin, dass die US-Industrie sich in den kommenden Monaten mit viel weniger Schwung erholen dürfte", sagte Postbank-Volkswirt Thilo Heidrich. Die Industrie bleibe zwar eine Stütze des Aufschwungs, deute aber auf geringeres Wachstum im Jahresverlauf hin.
Der Konsum soll es retten
Im Frühjahr war die US-Wirtschaft auf das Jahr hochgerechnet nur um 2,4 Prozent gewachsen, nach 3,7 Prozent zu Jahresanfang. Bernanke erwartet in den nächsten Quartalen einen Anstieg der Verbraucherausgaben. Dies werde die Erholung stützen.
Für Lichtblicke sorgte der schwächelnde US-Immobiliensektor. Die Bauausgaben waren im Juni überraschend gestiegen. Das Handelsministerium meldete ein Plus von 0,1 Prozent zum Vormonat nach einem Rückgang von revidiert 1,0 Prozent im Mai.
Die Ausgaben der privaten Häuslebauer gingen den 15. Monat in Folge zurück - und zwar um 0,6 Prozent. Die öffentliche Hand hingegen gab 1,5 Prozent mehr aus.
Quelle: ntv.de, dpa/DJ/rts