Wirtschaft

Opel-Entscheidung noch in dieser Woche Betriebsrat stellt Ultimatum

In der Hängepartie um die Zukunft von Opel droht der Belegschaft langsam die Geduld auszugehen. Betriebsratschef Klaus Franz fordert von General Motors noch in dieser Woche eine Entscheidung. Beobachter sehen mittlerweile sogar das deutsch-amerikanische Verhältnis gefährdet. Die Hinweise mehren sich, das General Motors den deutschen Autobauer am Ende vielleicht sogar behalten will.

"Unsere Geduld ist absolut am Ende": Klaus Franz.

"Unsere Geduld ist absolut am Ende": Klaus Franz.

(Foto: REUTERS)

Betriebsratschef Klaus Franz hat der US-Konzernmutter General Motors (GM) indirekt ein Ultimatum gestellt. "Wird sich bis Ende dieser Woche nichts ändern von General Motors, dann werden wir aktiv werden", sagte Franz im Deutschlandfunk. Dann werde es spektakuläre Maßnahmen geben, kündigte Franz an. "Unsere Geduld ist absolut am Ende". Das Verhalten von GM wertete er als Provokation. Wie die angedrohten Maßnahmen aussehen könnte, wollte Franz jedoch nicht sagen. Zunächst sollten die weiteren Verhandlungen heute und am Mittwoch abgewartet werden.

Als Grund für die sich hinziehende Entscheidung bei GM nannte Franz Turbulenzen im Management und Verwaltungsrat der bisherigen Opel-Mutter. Der GM-Führung habe erkannt, dass der US-Konzern ohne Opel nichts mehr wert sei. Vor allem im Bereich "grüne Technologien" werde Opel gebraucht. Allerdings habe GM gar nicht das Geld, um den Rüsselsheimer Autobauer für die Zukunft aufzustellen, sagte Franz. "Es müssen mindestens fünf bis sechs Milliarden in dieses Unternehmen reingesteckt werden durch die Fehler von GM". GM müsse klar sein, dass es von einer Beteiligung von 35 Prozent an einem gesunden Unternehmen Opel "viel viel mehr" habe als an einem Desaster.

Interne Brems-Logik

Opel-Aufsichtsrat Armin Schild hat von der Politik mehr Unterstützung für eine Übernahme des deutschen Autobauers durch den Autozulieferer Magna gefordert. "Es ist meines Erachtens Aufgabe der Politik in Deutschland und den USA, Opel vor den Interessen eines Teils des GM-Managements zu schützen", sagte der Frankfurter IG-Metall-Bezirksleiter.

Schild kritisierte, bei der Opel-Mutter General Motors herrsche ein "Machtkampf". "Es gibt eine Menge Menschen bei GM, deren Karriereleiter" auf Opel als Teil des Konzerns basiere, sagte Schild. Diese wehrten sich nun gegen einen Verkauf der deutschen Tochter. Allerdings sei ein Verbleib von Opel im GM-Konzern "gar keine Lösung", betonte der Aufsichtsrat. Die Marke Opel sei im Verbund in den vergangenen Jahrzehnten "ramponiert" worden, kritisierte er.

"Die Haltung, alles abzustoßen, gibt es bei GM nicht mehr": Willi Diez.

"Die Haltung, alles abzustoßen, gibt es bei GM nicht mehr": Willi Diez.

(Foto: REUTERS)

Im Bieterstreit um Opel hatte der GM-Verwaltungsrat am Freitag eine Empfehlung zugunsten des kanadischen Zulieferers Magna oder des Finanzinvestors RHJ überraschend vertagt. Mit der Situation vertraute Personen sagten, GM wolle weitere Informationen von der Bundesregierung über die Finanzierung.

Treuhänder warnt Berlin

Beobachter haben unterdessen vor einem politischen Konflikt und einer Belastungen für das deutsch-amerikanische Verhältnis gewarnt. Der Vorsitzende des Opel-Treuhand-Beirates, Amerika-Kenner Fred Irwin, sieht die Versuche der Bundesregierung, Druck auf Washington auszuüben, mit großer Sorge.

"Für eine gute Lösung brauchen wir keinen transatlantischen Streit zwischen Deutschland und Amerika, sondern mehr Flexibilität aller Beteiligten", sagte Irwin, der auch Chef der US-Handelskammer in Deutschland ist. Es habe keinen Sinn, weiteren politischen Druck auf die US-Regierung auszuüben, weil die Führung von General Motors völlig unabhängig entscheiden werde.

Auch CDU-Außenpolitiker Ruprecht Polenz forderte vor dem Hintergrund möglicher Konflikte eine schnelle Lösung in der Opel-Frage. Polenz sagte, es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass nationale Interessen gegeneinander ausgespielt würden und es so zu Spannungen im deutsch-amerikanischen Verhältnis komme.

Der Autoexperte Willi Diez zweifelt indes an, ob GM überhaupt noch Interesse an einem Opel-Verkauf hat. "Die Haltung, alles abzustoßen gibt es bei GM nicht mehr", sagte Diez der "Berliner Zeitung". "Man denkt wieder langfristig - und da ist Opel und das europäische Geschäft ein wichtiger Faktor."

Opel war "nie Chefsache": Ferdinand Dudenhöffer.

Opel war "nie Chefsache": Ferdinand Dudenhöffer.

(Foto: dpa)

Thüringens Wirtschaftsminister Jürgen Reinholz warf GM vor, Zeit zu schinden, um nach der Wahl den Wunschkäufer RHJI durchzusetzen.

Dudenhöffer schäumt

Das Verhalten des Opel-Mutterkonzerns sei ein "Affront", sagte der Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer den Dortmunder "Ruhr Nachrichten". "Die GM-Führung und der Verwaltungsrat führen die Bundesregierung vor."

Nun müsse sich Bundeskanzlerin Angela Merkel des Themas annehmen: "Es wird Zeit, dass Frau Merkel den amerikanischen Präsidenten anruft. Die Bundesregierung muss endlich bei Opel mit einer Stimme sprechen und sollte sich dieses Katz-und-Maus-Spiel nicht bieten lassen." Opel sei "nie Chefsache" gewesen, kritisierte Dudenhöffer.

Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg habe im Alleingang entschieden und dabei nicht glücklich agiert: "Sein Gerede von einer Insolvenz hat die Amerikaner geradezu zu ihrem taktischen Spiel animiert."

Merkel "bedauert"

Am Wochenende hatte die Opel-Mutter GM die Entscheidung über den Verkauf von Opel vertagt. Der US-Autobauer teilte mit, dass Informationen fehlten, um sich für das von Bund und Ländern bevorzugte Konsortium um den österreichischen Magna-Konzern oder den Finanzinvestor RHJI zu entscheiden. "Das ist völliger Quatsch", sagte Thüringens Wirtschaftsminister Jürgen Reinholz. "Sie haben von uns alles bekommen, was sie brauchen. Ich vermute, das ist eine Ausrede, um Zeit zu schinden."

"Offenbar rechnet man sich in Detroit aus, dass RHJ leichter durchzusetzen ist, wenn es nach der Bundestagswahl eine neue politische Konstellation gibt", sagte Reinholz.

Die Bundesregierung drang am Wochenende auf eine rasche Entscheidung von GM. "Ich hoffe, dass wir in der nächsten Woche vorankommen", sagte Merkel. Sie "bedauere", dass es bei GM "zu keinem abschließenden Entscheidungsprozess gekommen ist".

"Aber ich hoffe, dass das jetzt bald der Fall ist, denn für die Beschäftigten und auch für die ökonomische Situation bei Opel wäre es dringend erforderlich." Außenminister Frank-Walter Steinmeier mahnte in einem Telefonat mit US-Außenministerin Hillary Clinton Rücksichtnahme auf deutsche Interessen an.

Quelle: ntv.de, mmo/AFP/rts

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