Goldman Sachs erfindet Lead Director Blankfein bleibt Doppelspitze
28.03.2012, 10:48 Uhr
Niemand stößt Blankfein von seinem Thron.
(Foto: REUTERS)
Eigentlich sollten aus eins zwei werden - so wollten es die Gewerkschafter. Gereicht hat es aber nur zu einem Kompromiss. Goldman Sachs stellt seinem "CEO-Chairman" Blankfein nur einen "Lead Director" zur Seite stellen. Solange Blankfein an der Spitze bleiben will, darf er sein Doppelmandat behalten. Erst danach wird alles anders.
Goldman-Sachs-Chef Lloyd Blankfein steht schon länger wegen seiner Doppelrolle an der Spitze der US-Investmentbank in der Kritik. Nun beugt sich das New Yorker Institut dem Druck eines Pensionsfonds und ändert die Vorstandsstruktur: In Zukunft soll ein sogenannter "Lead Director" Blankfein auf die Finger schauen. Im Gegenzug lässt die Gewerkschafts-Pensionskasse Afscme einen Antrag fallen, der den CEO womöglich seinen Zweitjob als Chairman gekostet hätte.
Die American Federation of State, County and Municipal Employees (Afscme), eine Gewerkschaft von Bediensteten im öffentlichen Dienst, fordert schon länger eine Trennung der Rollen des CEO und Chairman. Dies soll dazu beitragen, den Ruf von Goldman Sachs wiederherzustellen und zudem mögliche Interessenkonflikte verringern.
Vor zwei Jahren hatten die Goldman-Sachs-Aktionäre einen ähnlichen Antrag noch mit breiter Mehrheit abgelehnt. Doch angesichts des Drucks von außen und der Kritik an den ethischen Standards und den Geschäftspraktiken des New Yorker Instituts habe das Management diesmal befürchtet, der Antrag könne auf der Hauptversammlung im Mai durchgehen, sagten mit der Sache vertraute Personen. Einige Manager hätten dem Antrag eine Chance von 50 Prozent gegeben.
Schluss mit dem Doppelmandat
Afscme will die Macht der Konzernlenker auch bei anderen Unternehmen beschneiden. Ähnliche Anträge auf die Trennung der CEO- und Chairman-Rollen reichte der Pensionsfonds auch bei JP Morgan, American Express und sieben weiteren Unternehmen ein. Keine dieser Firmen habe bislang mit Afscme Gespräche über die Rücknahme der Anträge geführt, hieß es bei der Gewerkschaft. Bei der Bank of America hatten Aktionäre im Jahr 2009 schon Erfolg: Sie brachten die Bank aus Charlotte in North Carolina dazu, die beiden Positionen zu trennen.
Im Goldman-Konzern hatte der Antrag der Gewerkschafts-Pensionskasse im September monatelange Diskussionen und Planungen für alle Eventualitäten ausgelöst. Daran beteiligt waren neben Blankfein und Präsident Gary D. Cohn die führenden Manager aller Goldman-Sparten. Diskutiert wurde laut Kreisen auch die Möglichkeit, Cohn zum CEO zu machen und Blankfeins Rolle auf die des Chairman zu reduzieren, falls der Antrag durchgehe.
Der 57-jährige Blankfein leitet Goldman Sachs seit 2006 in der Doppelfunktion. Zu Kollegen hatte er einst gesagt, er wolle lieber an seinem Schreibtisch sterben als die Leitung der Firma aufzugeben. Nun habe er aber angedeutet, falls nötig zurückzutreten, hieß es.
Viele offene Fronten
Goldman Sachs ist nach der Finanzkrise wegen Verbriefungspraktiken in die Kritik geraten. Das Institut müht sich, die Probleme aus seinen Wetten gegen den Häusermarkt, dem Verkauf von komplexen hypothekenbesicherten Wertpapiere, die letztlich platzten, und schlechter Presse über hohe Gehälter hinter sich zu lassen.
Zuletzt hatte ein offener Brief eines Goldman-Bankers die Investmentbank in Bedrängnis gebracht. Der Banker nahm seinen Hut und schrieb einen Abschiedsbrief in der New York Times, in dem er seinem ehemaligen Arbeitgeber vorwarf, Kunden "abzuzocken". Goldman untersucht die Vorwürfe.
Im Streit mit Afscme einigte sich die Bank nun auf einen Kompromiss. Auf der Hauptversammlung im Mai wird der Konzern einen unabhängigen Geschäftsführer oder "Lead Director" ernennen. Er soll darauf achten, dass der Konzern bestimmte Richtlinien einhält. Im Gegenzug kann Blankfein beide Posten behalten, bis er zurücktritt oder in den Ruhestand geht. Erst dann soll entschieden werden, wer den Konzern weiterführt.
Sowohl Goldman Sachs als auch Afscme bestätigten die Einigung gegenüber dem Wall Street Journal. "Wir schätzen die konstruktiven Gespräche, die wir mit Afscme geführt haben", sagte ein Goldman-Sprecher.
Eine Afscme-Vertreterin sagte, der Deal sei ein Schritt in die richtige Richtung. "Aber wir müssen abwarten, ob das genug ist", sagte sie weiter. Afscme hielt per Ende September rund 7.100 Goldman-Aktien. Der Pensionsfonds verwaltet insgesamt mehr als 850 Mio. US-Dollar.
Quelle: ntv.de, DJ