"Betrug am Volk" BoA-Chef hat ausgesorgt
28.02.2010, 15:40 UhrDer zum Jahreswechsel abgetretene Chef der Bank of America geht mit vollen Taschen nach Hause. Lewis bekommt von dem Geldhaus, das er mit der waghalsigen Übernahme der Investmentbank Merrill Lynch ins Straucheln brachte, insgesamt 83 Mio. Dollar. Am Montag steht er wegen des Merrill-Deals erstmals vor Gericht.
Der zum Jahreswechsel abgetretene Chef der Bank of America, Kenneth Lewis, kann sich eigentlich nicht beklagen. Er bekommt von dem Geldhaus, das er mit der waghalsigen Übernahme der Investmentbank Merrill Lynch ins Straucheln brachte, insgesamt 83 Mio. US-Dollar. Der Großteil - rund 57 Mio. US-Dollar - geht auf Pensionsansprüche zurück, die Lewis über die Jahre angesammelt hat. Der Rest sind im Wesentlichen Aktien und eine dicke Lebensversicherung.
Auf ein Gehalt hat Lewis für das vergangene Jahr verzichtet, wie aus einer Mitteilung an die US-Börsenaufsicht SEC hervorgeht. denn die Bank of America ist einer der Verlierer der Finanzkrise. Im vergangenen Jahr schrieb sie unterm Strich einen Verlust von 2,2 Mrd. US-Dollar. Der Merrill-Deal hat da seinen Teil dazu beigetragen. Zum Höhepunkt der Krise hatte der Staat die Bank mit 45 Mrd. US-Dollar stützen müssen. Lewis musste unter öffentlichem Druck seinen Dienst quittieren.
Grund ist, dass das Management der Bank of America seine Aktionäre über die desaströse Lage bei Merrill Lynch im Dunkeln gelassen hatte. Das Institut zahlte deshalbt bereits eine Strafe von 150 Mio. US-Dollar an die US-Finanzaufsicht SEC. Für Lewis persönlich und seinen ehemaligen Finanzchef Joseph Price ist die Sache damit aber lange noch nicht ausgestanden. Auf beide kommen harte Zeiten zu. Denn der New Yorker Generalstaatsanwalt Andrew Cuomo hat beide wegen Betruges angeklagt.
Prozessauftakt
Der erste Gerichtstermin steht unmittelbar bevor. Am Montag ist es soweit. Cuomo wirft Lewis und Price vor, die riesigen Verluste bei der Investmentbank Merrill Lynch vor der entscheidenden Aktionärsabstimmung bewusst verheimlicht zu haben, um auf dem Höhepunkt der Finanzkrise im September 2008 die Zustimmung für die Übernahme zu erhalten. Außerdem sollen die Angeklagten der Regierung danach - wegen der als "überraschend" bezeichneten Verluste - mit der Absage der Übernahme gedroht haben, falls Washington nicht Staatshilfen in Milliardenhöhe zahle. "Dieses Verhalten ist einfach ungeheuerlich und verwerflich", sagte Cuomo. Der Generalinspektor des Bankenrettungsfonds Tarp, Neil Barofsky, sprach von einem "Betrug am amerikanischen Volk".
Die Aktionäre der Bank of America selbst haben die Merrill-Lynch-Übernahme auf einer eigens dafür einberufenen Hauptversammlung am 5. Dezember 2008 abgesegnet. Von den Verlusten wussten die Anteilseigner zu diesem Zeitpunkt laut SEC nichts. Tatsache war, dass Merrill vermutlich alleine im Oktober 2008 4,5 Mrd. Dollar verlor, im November kamen weitere Milliarden hinzu.
Die Bank of America gibt ihren ehemaligen Managern trotzdem Rückendeckung. Sie hätten jederzeit nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt, heißt es in der offiziellen Stellungnahme. Die Bank versprach lediglich, ihre Hauspolitik bei der Offenlegung von Informationen zu verbessern.
Und täglich grüßt ...
Ungeachtet der Betrugsvorwürfe und der schwelenden Boni-Debatte geht die Großbank wie gehabt ihrem Geschäft nach und scheut sich auch nicht satte Gehälter zu zahlen. Das Investmentbanking wird gerade mit viel Mühe und Geld auf Vordermann gebracht. Spartenchef Thomas Montag darf sich über eine fürtstliche Entlohnung freuen: Er erhält für das abgelaufene Jahr 29,9 Mio. Dollar und ist damit der absolute Top-Verdiener an der Wall Street.
Nicht einmal die Chefs von führenden US-Großbanken bekommen annähernd soviel Gehalt: JP-Morgan-Chef Jamie Dimon verdiente knapp 17,0 Mio. Dollar, sein Kollege Lloyd Blankfein von Goldman Sachs begnügte sich mit 9,0 Mio. US-Dollar.
Der aktuelle Bank-of-America-Chef Brian Moynihan kassierte 6,5 Mio. US-Dollar, das meiste davon - wie in der Branche üblich - in Form von Aktien, die er aber erst zu einem späteren Zeitpunkt zu Geld machen darf. Moynihan war im vergangenen Jahr noch Chef der Privatkunden-Sparte. Sein erklärtes Ziel ist es, das ramponierte Image wieder aufzupolieren.
Die satten Boni der Banker in Krisenzeiten sorgen seit Monaten für eine hitzige Debatte. Am Wochenende schaltete sich auch der legendäre US-Investor Warren Buffett ein. Wenn der Chef einer Bank versage, müsse das "einschneidende" finanzielle Konsequenzen haben, forderte er. Die Realität sehe indes anders aus. "Die Firmenchefs und Direktoren der gescheiterten Unternehmen sind weitgehend unbeschadet davongekommen." Die Zeche hätten stattdessen die Aktionäre und die Steuerzahler gezahlt.
Quelle: ntv.de, ddi/dpa